Crowdfunding: Onlinekurs für Permakultur-Neulinge

»PermaStart«: Drei Hamburger sammeln Geld, um ein praktisches Video-Tutorial für Permakultur-EinsteigerInnen zu drehen.

Permakultur funktioniert in der Stadt wie auf dem Land. (Foto: ÿyvind Holmstad / CC BY-SA)


Die Stadtbevölkerung soll damit mehr Bezug zu Lebensmitteln entwickeln, Städte insgesamt unabhängiger und zur »essbaren Stadt« werden.

BIORAMA: Ihr wollt einen Einführungskurs in die Permakultur finanzieren, der allen einen Einblick in die Vorteile und Möglichkeiten der Permakultur gibt. Der E-Learning-Kurs kann ab Juli über eure Website gebucht werden. Wie genau soll dieser Einführungskurs aussehen?

Wolfgang Reuter: Unser Online Einführungskurs dauert insgesamt acht Stunden und wird es jedem – auch ohne jegliche Vorkenntnisse – ermöglichen, einen ersten Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten der Permakultur zu bekommen. Es wird einen separaten Kurs für Stadt- und für LandgärtnerInnen geben. Wir wollen mit unserem Kursangebot jeden erreichen, der sein eigenes Obst und Gemüse anbauen möchte – egal wo.
Philipp Pagendarm: Und natürlich wollen wir den Kurs gut aufbereiten. Er soll einfach und gut verständlich sein. Wir wollen uns natürlich schon von der YouTube-Qualität abheben. Auch medial soll es eben ein Kurs werden mit Aufgabenstellungen, Selbstreflexion und nicht nur »Video schauen«.

PermaStart sitzt in Hamburg. Soll dieser Standort eine Rolle für euren Kurs spielen?
Wolfgang Reuter: Der Standort Hamburg spielt für unser Kursangebot eine untergeordnete Rolle, da es sich um ein reines Online-Angebot handelt. Dadurch können die Kursinhalte aber zu jederzeit und überall, egal wo man sich befindet, abgerufen werden.
Philipp Pagendarm: Außer dass Hamburg ja angeblich die schönste Stadt der Welt ist, spielt Hamburg selbst keine große Rolle. Die Inhalte werden wir an verschiedenen Orten in Deutschland aufnehmen. Später sollen auch noch Spezialkurse und Einblicke in Permakultur-Projekte dazukommen, die wir dann direkt bei Permakultur-Designern vor Ort erstellen.

Die Rede ist auch von weiteren Online-Kursen und einem Online-Shop. Von welchem Geschäftsmodell geht ihr aus?
Wolfgang Reuter: Wir wollen mit unserem Geschäftsmodell einen Kreislauf schaffen – ähnlich wie bei der Permakultur. Starten werden wir mit dem Einführungskurs und einem Online-Shop, wo man sich alle nachhaltig herstellten Produkte anschaffen kann, um seinen Garten, Balkon oder seine Wohnung permakulturell bewirtschaften zu können. Die Einnahmen aus dem Shop sollen wiederum verwendet werden, neue Kursangebote zu drehen und zu gestalten, wie die Nutzung von Regenwasser, die Analyse der Bodenqualität, Bodenverbesserung, Gemeinschaftsgärten, Hochbeete und Hügelbeete und vieles mehr. Damit können wir das darauffolgende Kursangebot langfristig so günstig halten.
Philipp Pagendarm: Aber das ist noch nicht alles. Wir arbeiten auch bereits an fortführenden Angeboten und haben noch viele Ideen, die wir umsetzen wollen. Letztendlich wollen wir auch die professionelle Landwirtschaft mit unserem Angebot erreichen. 

Vielfalt braucht nicht zwingend viel Platz. Permakultur gedeiht auch auf engem Raum.
(Foto: Foto: ÿyvind Holmstad / CC BY-SA)

Inwiefern sind Urbanität und Permakultur vereinbar?
René Franz: Permakultur kann überall da angewandt werden, wo Menschen ihre Umwelt gestalten. Für mich ist die Permakultur gerade in städtischen Räumen gut anwendbar, da hier die größten Potentiale für mehr Nachhaltigkeit vorhanden sind. Konkret gesprochen werden täglich Tausende LKW-Ladungen mit Lebensmitteln in Deutschland in die Städte transportiert – das macht sie weder besonders resilient noch ist es besonders nachhaltig. Mit permakultureller Selbstversorgung in der Stadt können sich BürgerInnen wieder ein Stück weit unabhängiger von diesem Lebensmittelimport machen und wieder eine stärkere Beziehung zu dem aufbauen, was sie essen.

Ihr sprecht als Zielgruppe auch von Menschen, die Gemüse auf der Fensterbank anbauen wollen. Ist die Fensterbank als Spielwiese für die doch etwas komplexere Permakultur nicht zu klein gedacht?
René Franz: Das ist schon richtig. Allerdings war nie nur von der Fensterbank die Rede. Die Wohnung kann als permakulturell gestaltbarer Wohnraum angesehen werden. Dazu gehört natürlich auch die Fensterbank, aber eben auch die Biomüllverwertung mittels Wurmkompost, die Reduktion von Plastikmüll also Zero-Waste aber auch der Anbau von Salaten und anderen Gemüsen auf dem Balkon. Zusätzlich lassen sich auch tolle Speisepilze in der Wohnung züchten und regionale und saisonale Lebensmittel fermentieren und haltbar machen. Daraus entsteht – zumindest für mich – schon wieder ein wunderbar komplex vernetztes Themengebiet, wie man es von der Permakultur gewohnt ist. Anfangen sollte dabei aber jeder wie es ihm gerade passt – ob auf dem Balkon oder auf der Fensterbank. 

Wie lässt sich Hamburg durch Permakultur in eine essbare Stadt verwandeln?
Wolfgang Reuter:
Das wäre einfacher als man denkt. Wir sind bereits Mitglied im gemeinnützigen Verein Agrarwende e.V. und im Austausch mit dem Vorsitzenden Jonas Gampe. Jonas hat bereits über 300 Permakultur-Projekte mit seinem Team umgesetzt und es kommen ständig welche dazu. Eines davon war eine Fläche von insgesamt 10 Hektar in einen essbaren Park umzugestalten, der sehr wenig Pflege braucht – weniger als viele der aufwendig gepflegten Stadtgärten. Wir können auch in Hamburg solche essbaren Parks anlegen.
Philipp Pagendarm: Ich denke gerade die Stadt Kopenhagen geht hier mit gutem Beispiel voran. In der ganzen Stadt werden essbare Pflanzen, Bäume und Kräuter gepflanzt. Und einer der Köche des berühmten Restaurants Noma hat sogar eine App erstellt, mit der essbare Pflanzen in Kopenhagen gefunden werden können und bietet gleichzeitig noch Rezepte an wie diese verwendet werden können. Warum sollte das in Hamburg mit dem Konzept der Permakultur nicht auch möglich sein?

Hamburg ist auch eine grüne Stadt. Lässt sich Permakultur auch auf öffentlichen Flächen etablieren?
Wolfgang Reuter: Definitiv, ob Gemeinschaftsgärten, die von einer lokalen Gruppe gepflegt werden, essbare Parks, die wenig Pflege brauchen oder Grünstreifen, die als Insektenparadies gestaltet werden. Hier gibt es genug Möglichkeiten.
René Franz: Ein gutes Beispiel dafür ist Dresden. Dort sind in den letzten Jahren auf vielen öffentlichen Brachen permakulturelle Gemeinschaftsgärten entstanden – mit Unterstützung der Stadtverwaltung und den Grünflächenämtern. Mittlerweile gibt es knapp 30 Gemeinschaftsgärten in Dresden, die auf öffentlichen Flächen gebaut wurden.

Wie Permakultur gelingt möchte »PermaStart« mit Video-Tutorials und Online-Kursen näherbringen. (Foto: ÿyvind Holmstad / CC BY-SA)

Euer Ziel ist es auch, die Landwirtschaft von Permakultur zu überzeugen. Gleichzeitig ist eure Einführung sehr grundsätzlich gehalten, ihr wollt etwa vermitteln, was Mulchen ist oder welche Pflanzen sich aus Sicht der Permakultur für den Balkon eignen. Kann dieser Spagat – professionelle Landwirtschaft und Hobbybalkongärtnerei – unter ein und derselben Marke überhaupt gelingen?
Wolfgang Reuter: Vorerst möchten wir hier mit dem Verein Agrarwende e.V. verstärkt zusammenarbeiten, der sich genau auf dieses Thema spezialisiert hat. Es gibt auch schon Landwirtinnen und Landwirte, die ihre Flächen nach den Permakultur-Prinzipien umgestaltet haben und damit sehr gute Erfolge erzielen. Ein sehr prominentes Beispiel ist die Ridgedale Farm in Schweden von Richard Perkins. Wir wollen hier den öffentlichen Diskurs starten, auf Projekte aufmerksam machen und Schritt für Schritt ein Angebot für Landwirte entwickeln. Das braucht aber auch noch Zeit und Geduld.

Besser biologisch gärtnern… mit PermaStart! from PermaStart on Vimeo.

Für alle, die nicht auf den Kurs von PermaStart warten wollen, bis euer Kurs verfügbar ist: Was wäre ein YouTube-Account zum Thema Permakultur, den ihr empfehlen könnt?
Wolfgang Reuter: Was ich absolut empfehlen kann, sind die Youtube-Videos von Jonas Gampe und den Youtube-Kanal »PermaGlück«. Hier bekommt man einen guten Überblick davon, was man alles mit Permakultur erreichen kann. Jonas ist gleichzeitig auch Buchautor und hat das Buch »Permakultur im Hausgarten« geschrieben. Absolut empfehlenswert und sehr praxisnah für alle, die leichter mittels Büchern lernen als mit bewegten Bildern.

BIORAMA empfiehlt zum Einstieg in die Permakultur den Band »Permakultur. Dein Garten. Deine Revolution.« von Sigrid Drage, die gemeinsam mit ihrem Partner den »FreiHof« von Sonnentor bewirtschaftet. Das Buch ist 2019 im Löwenzahn Verlag erschienen.

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