Crowdfunding auf Waldviertler Art

Geschlossene Geschäfte am Land? Dem will die neu gegründete Regional Funding Waldviertel GmbH entgegenwirken – Geld aus der Region für Projekte in der Region.  Bild: flickr.com / onnola – CC BY-SA 2.0

Geschlossene Geschäfte am Land? Dem will die neu gegründete Regional Funding Waldviertel GmbH entgegenwirken – Geld aus der Region für Projekte in der Region.
Bild: flickr.com / onnola – CC BY-SA 2.0

Vor wenigen Wochen wurde die Regional Funding Waldviertel GmbH mit einem Eintrag ins Firmenbuch Realität. Jetzt geht die alternative Crowdfunding-Plattform für’s Waldviertel online. Werner Groiß ist der Plattformbetreiber und stand BIORAMA Rede und Antwort.

Kredite von Banken zu bekommen ist angesichts der andauernden Krise für Unternehmen nicht mehr so leicht, wie es früher mal war. „Es gibt war genug Geld, aber die Sicherheitsbestimmungen der Banken wurden ausgedehnt, so dass viele Projekte nicht mehr vollständig oder gar nicht finanziert werden können“, informiert der studierte Steuerberater, der gerade in seinem Wahlkreis bei der Nationalratswahl antrat. Ein spezifisches Problem des Waldviertels sei außerdem das erhöhte Eigenkapital, das Kreditnehmer einbringen müssen, da die Grundpreise so niedrig und die Betriebsdichte geringer als in Wien und umliegenden Regionen sind. Eine Gegebenheit, die, wenn man durch einsame Landstreifen mit fünf Häusern fährt, nicht nur auf’s Waldviertel zutrifft. Deshalb brauchen ländliche Unternehmen Alternativen. Eine davon ist die Regional Funding Waldviertel (RFW) GmbH. Generell schwebt Werner Groiß allerdings vor, dass die Zukunft von solchen Unternehmen in einer Kombinationsfinanzierung aus Bankenkrediten, Förderungen und Crowdfundingkapital liegt.

Bild: Wirtschaftsbund Niederösterreich

Werner Groiß
Bild: Wirtschaftsbund Niederösterreich

Der Wirtschaftsstandort Waldviertel

Das Waldviertel wurde in wirtschaftlicher Hinsicht früher vielfach als Problemkind bezeichnet. Die hohe Abwanderung der Bevölkerung und der vormals starken Textilindustrie, die nur in kleinen Dimensionen überlebte, sind eine der Kernprobleme des Wirtschaftsstandorts. Industriell ist das Waldviertel dennoch sehr stark: 282 000 Jobs sichert sie, informiert der Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich, Johann Marihart, in einem kürzlich erschienenen Interview. In der Gmündner Gegend zählen Lebensmittel-, Holz- und Metallindustrie, aber auch der Handel, Gesundheits- und Bauwesen sowie Verkehr- und Nachrichtenübermittelung zu den starken Arbeitgebern, so ein Monatsbericht des WIFO aus dem Jahr 2003. Aktuelle Daten sind öffentlich nicht verfügbar.  Johann Markhart sagt aber auch, dass die Region seine unmittelbare Nähe zu den Nachbarländern wirtschaftlich nicht optimal ausnutze. Im Öko-Sektor ging es stark bergauf, berichtete derStandard Ende 2012. Dieses Segment zu stärken ist Punkt 3 auf dem Waldviertler Strategiepaper 2015+. Deutlich ist darin eine Verlagerung vom Industrieschwerpunkt zu einem modernen und nachhaltigen Konzept, dessen Fokus auf Bildung, Mobilität, Wohnbau im Grünen, aber städtisch vernetzt, Green Jobs, Ausbau des Gesundheits- und Ökotourismus und die Weiterentwicklung von Qualitäts- und Bioprodukten liegt. Das Wirtschaftsforum Waldviertel, das gemeinsam mit dem Verein Interkomm Eigentümer der RFW GmbH ist, unterstützt die Umsetzung der Strategie, wofür die alternative Finanzierungsplattform als Instrument dienen könnte.

So funktioniert die Regional Funding Waldviertel GmbH

Wie die Plattform funktioniert, ist eigentlich ganz simpel, zumindest in ihren Grundzügen. Waldviertler Regionen suchen sich aus, ob sie Teil der RFW GmbH sein sollen oder nicht. Wenn ja, „dann dient sie ansässigen Unternehmen als Anlaufstelle, an die sie sich wenden können, um ihr Projekt vorzustellen. Steuer- und oder Unternehmensberater bereiten die Projektdaten auf und entscheiden auf Basis der Nachhaltigkeit des Projekts, ob es förderwürdig ist oder nicht. Wenn sie es positiv bewerten, dann können es die Unternehmer auf der Internetplattform präsentieren, so ihre Investoren suchen und das Eigenkapital aufbringen“, erklärt Werner Groiß. Ein Ansuchen kann eigentlich jedes Unternehmen oder potenzielles Unternehmen stellen, dass eine innovative Idee hat, von einem neuen Besitzer übernommen wird, sich umorientieren bzw. einen neuen Geschäftszweig aufbauen oder sich in einem Sanierungsverfahren befindet, d.h. als schuldiges Unternehmen dem Gläubiger innerhalb eines Konkursverfahrens mindestens angeboten hat, 20 Prozent der Schulden in zwei bis fünf Jahren zu bezahlen. Außerdem spricht die Plattform alle Bürgerbeteiligungsmodelle des Waldviertels und jene, die Infrastrukturmaßnahmen im ländlichen Raum planen, an.

Wichtig ist, dass die Unternehmen von den Investoren Genussrechtskapital erhalten. Was so viel heißt, dass die Investoren Beteiligte sind und Gewinne des Unternehmens oder Projekts, in das sie Geld rein stecken, anteilig ausgeschüttet bekommen. Im Unterschied zu geborgten Bankkapital gibt es keine Zinszahlungen, die das Unternehmen leisten muss. „Die Anleger haben keine sonstigen Sicherheiten als das laufende Projekt und die Loyalität des Unternehmens“, sagt Werner Groiß. Was er damit meint: Wenn das Unternehmen in Konkurs geht, kann es sein, dass der Investor keinen Cent von seinem Investitionskapital zurück erhält. Deshalb ist es als Risikokapital klassifiziert.

Ein Vorteil für die Unternehmen ist sicher auch die Beratung, die sie bekommen, um den Anforderungen der Plattform genügen zu können. Sie ist außerdem ein Marketinginstrument, um „Anleger und die Kunden zusammenzubringen, ohne dass die Plattform eine Kaufempfehlung abgibt.“ und hat einen starken informativen Charakter, da darüber aktuelle Updates über das Projekt oder die Unternehmensentwicklung gespielt werden.

Ausgeklügelt bis ins kleinste Detail

Heini Staudinger, der Geschäftsführer der Waldviertler Schuhwerkstatt GEA, hat es schon mit einem ähnlichen Finanzierungsmodell versucht. Er hat sich Geld von Freunden und Bekannten ausgeborgt, die in sein Unternehmen investieren wollten. So hat er 2,9 Millionen Euro zusammengesammelt. Darin sah die Österreichische Finanzmarktaufsicht FMA ein konzessionelles Bankgeschäft, wofür ihm die Lizenz fehlte. Deshalb droht ihm eine Geldstrafe von 10.000 Euro, über die gerade verhandelt wird. Um eine Wiederholung dieser Ahndung zu vermeiden, hat die RFW GmbH einige Maßnahmen getroffen. Die entscheidendste ist, dass die Crowdfunding-Plattformal formal als Gesellschaft ins Firmenbuch eingetragen ist. „Die Genussrechte sollen langfristig im Unternehmen bleiben, daher kommt das BWG (Anm.: Bankwesengesetz) nicht zur Anwendung“, erklärt Werner Groiß.  Dennoch seien einige Sondervorschriften wie Kapitalmarktgesetz, Geldwäscherrichtlinie, Anlegerschutz, Gewerbe- und Steuerrecht zu beachten, was die Sache doch recht kompliziert, aber vor allem undurchsichtig mache.

Impulse für die Waldviertler Wirtschaft

Im Groben möchte die RFW GmbH mit ihrem alternativen Finanzierungsangebot die ortsansässige Wirtschaft ankurbeln und sie motivierten dort zu bleiben, wo sie jetzt ist. „Wo wir sind, ist oben“ ist im übrigen der Werbespruch des Waldviertels, dort möchte es bleiben (oder auch erst hin). Werner Groiß drückt es etwas detaillierter aus: „Es soll das Kapital der Region in der Region veranlagt werden können, um so neue Unternehmen zu gründen, auszubauen bzw. zu erhalten, um so die Arbeitsplatzsituation in der Region zu verbessern, die Wertschöpfung auszubauen und so auch der Abwanderung entgegen zu wirken.“ Das wirtschaftliche Interesse der Wertschöpfung stehe bei der Auswahl oder Zulassung der bewerbenden Projekte im Vordergrund, aber auch ethische Richtlinien kommen zur Anwendung. Welche Richtlinien das genau sind, müssen die Eigentümer noch ausarbeiten.

 

 

 

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