Die Kampagne für sauberes Gewand

Bild: LBL/Will Baxter

Bild: LBL/Will Baxter

Die Clean Clothes Kampagne (CCK) wurde 1989 in den Niederlanden gegründet, ist mittlerweile in 17 europäischen Ländern vertreten, arbeitet mit über 250 Partnerorganisationen auf der ganzen Welt zusammen, kämpft für eine faire Textilindustrie! BIORAMA im Gespräch mit CCK-Pressesprecherin Michaela Königshofer über „sauberes Gewand“,  den Unterschied zwischen fair gehandelten Bananen und fairen T-Shirts und über den Dschungel der Eco-Fashion-Zertifizierungen.

 

BIORAMA: Der Name eurer Kampagne lautet Clean Clothes – sauberes Gewand. Was sind in Ihren Augen „Clean Clothes“?

Michaela Königshofer: Die Clean Clothes Kampagne hat Anfang der 90er-Jahre Standards festgelegt, die, aus ihrer Sicht, als faire Arbeitsbedingungen gelten. Das sind nicht frei erfundene Richtlinien, sondern beziehen sich auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, sowie Vorschriften Internationaler Arbeitsorganisationen. Zum Beispiel Forderungen wie keine Zwangsarbeit, keine Kinderarbeit, das Recht auf Kollektivverträge und existenzsicherende Löhne.

 

Das Ziel der Kampagne ist es einerseits Arbeiter vor Ausbeutung zu schützen, aber auch ihnen zu zeigen, wie sie die eigene Rechte wahrnehmen und verteidigen können. Wie plant ihr diese Ziele zu erreichen?

Wichtig zu betonen ist, dass die Clean Clothes Kampagne keine eigenen Dependancen in Entwicklungsländern hat, sondern dort mit Partnern zusammen arbeitet. Wir ziehen selbst keine Gewerkschaften oder Strukturen auf, sondern unterstützen Bestehendes. Unsere außereuropäischen Partner informieren uns über Missstände und Probleme, woraufhin CCK versucht diese Notstände und Forderungen nach Europa zu tragen und die Stimmen der ArbeiterInnen somit zu verstärken.

 

Beschränkt sich eure Arbeit also vor allem auf die Bewusstseinsarbeit in Europa? Seid ihr sozusagen das Sprechrohr der Arbeiter wirtschaftlich weniger entwickelter Staaten?

Ja, die Clean Clothes Kampagne macht es sich primär zur Aufgabe, Konsumenten aufzuklären und in Europa Bewusstseinsarbeit zu leisten. Wir versuchen zusammen mit Konsumenten, bei Firmen, faire Arbeitsbedingungen zu fordern.

 

Michaela Königshofer Bild: Clean Clothes

Michaela Königshofer
Bild: Clean Clothes

Eine Schwierigkeit beim Kauf von Eco-Fashion ist,  überhaupt zu wissen, welche Klamotten denn fair und nachhaltig hergestellt werden. In den letzten Jahren wurden einige Siegel entwickelt, die dem Konsumenten bei bewusstem Kaufen helfen sollen. Wie kann man als Einkäufer am besten vorgehen, wenn man ökologisch und fair produzierte Kleidung kaufen will?

Wenn man sich als fair kleiden will, kann man sich an die drei Schlagworte „gut, besser, gebraucht“ halten. Die Überlegung dahinter: Bei „gut“  wählt man beim Kauf Anbieter, die auf soziale und ökologische Kriterien achten. Bei dem Schlagwort „besser“ geht es darum, sich auch bei „klassischen“ Anbietern zu informieren, welche Differenzen es bei den jeweiligen Konzernen gibt, und zumindest die „Besseren“ unter den „Schlechteren“ zu wählen. Wir bieten auf unserer Website auch einen Firmencheck, wo man sich vor einer Shoppingtour informieren kann. Bei „gebraucht“ geht es darum, sich Gedanken zu machen, ob es tatsächlich immer etwas Neues sein muss. Schließlich braucht jedes produzierte Gewand viele Ressourcen, also Pestizide, Wasser etc. Es wäre wichtig, sich selbst zu fragen, ob es denn nicht manchmal auch Second Hand oder ein Kleidertausch unter Bekannten sein kann. Doch möchte ich betonen, dass wir eigentlich nicht darauf zielen, einen alternativen Markt zu eröffnen. Wir wollen die Arbeitsbedingungen so weit verbessern, dass es in Europa überhaupt keine unfair produzierte Kleidung gibt. Wir fordern eine faire Textilindustrie.

 

Wie trägt die Kampagne dazu bei, dass sich Konsumenten in der Welt der Eco-Fashion-Zertifizierungen besser auskennen?

In den letzten Jahren wurden viele Labels entwickelt, die Auskunft geben wie und wo die jeweilige Textilie hergestellt wurde. Leider führt das auch dazu, dass das ganze Zertifizierungs-System sehr unübersichtlich geworden ist. CCK bietet auch einen sogenannten Label-Check, wo man sich als Konsument informieren kann, was hinter jedem einzelnen Gütesiegel steckt.

 

Bild: Südwind/Christina Schröder

Bild: Südwind/Christina Schröder

 

Ganz banal gefragt: Welchen Siegeln kann man vertrauen, welchen nicht?

Das kommt natürlich darauf an, auf was man achtet. Also auf einen ökologischen oder einen sozialen Schwerpunkt. Bei dem Fair Trade Cotton-Siegel kann man zum Beispiel darauf vertrauen, dass Arbeiter auf den Baumwollplantagen eine faire Entlohnung bekommen und auch bei Preisschwankungen abgesichert sind. Die Überprüfungsinitiative Fair Wear Foundation konzentriert sich auf die Produktionswege, kennzeichnet also Labels, die auf einen faire Herstellung achten. Wichtig zu erwähnen ist sicherlich auch das GOTS-Siegel. Ich würde sagen, es ist eines der umfassendsten Zertifizierungen. Hier wird von der Baumwollplantage bis zum Verkauf auf soziale und nachhaltige Kriterien überprüft.

 

Bild: GOTS

Bild: GOTS

Tatsache ist, dass Eco-Fashion teurer ist als herkömmlich produzierte Klamotten. Wie kann man das erklären? Gibt es da Möglichkeiten entgegenzuwirken, sodass sich eine größere Zielgruppe eröffnet?

Ich denke, es kommt darauf an, mit was man Eco-Fashion preislich vergleicht. Schließlich gibt es ja auch sehr teure T-Shirts, die nicht fair oder ökologisch hergestellt werden. Aber ich vertrete den Standpunkt, dass Eco-Fashion nicht zwangsläufig teurer sein muss. Die Fair Wear Foundation hat zum Beispiel eine Studie erhoben, die ergibt, dass man bei einer T-Shirt-Produktion in Indien nur 27 Cent mehr bezahlen müsste, damit die Näherinnen einen existenzsichernden Lohn erhalten.

 

Fairtrade- und Bio-Lebensmitteln sind inzwischen der Nische entwachsen. Eco-Fashion liegt da im Gegensatz noch weiter hinten. Wie kann man sich das erklären? Und wie wäre es möglich, auch Eco-Fashion als „coolen“ Trend zu gestalten?

Ich glaube der Unterschied zwischen Nahrungsmitteln und Kleidung ist der kompliziertere Produktionsweg bei Textilien. Wenn man eine Banane als Beispiel nimmt: Sie wird, vereinfacht gesagt, angebaut, geerntet und ohne viele Zwischenschritte verkauft. Bei einem T-Shirt jedoch ist die Produktionskette deutlich komplizierter. Zuerst werden Rohstoffe angebaut, dann werden diese versponnen, gewebt, gefärbt, verpackt und so weiter. Das heißt, wir haben es hier nicht nur mit einer Pflanze zu tun, sondern mit einem langwierigem Herstellungsprozess. Dadurch wird es schwieriger zu kontrollieren, ob dabei keine Menschen ausgebeutet werden. Wie man es cool machen kann? Aus meiner Sicht ist es schon cool. Es gibt mittlerweile auch immer mehr Jung-Designer, die sich den Themen Fairtrade und Nachhaltigkeit in ihren Kollektionen widmen –  und das fern vom Jutesack-Outfit!

 

Nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza im April 2013 wurde von der Clean Clothes Kampagne das Bangladesch-Abkommen einberufen. Es soll den Brandschutz und die Sicherheit in Textilfabriken in Bangladesch erhöhen. Einige Firmen wie zum Beispiel H&M und C&A haben es unterzeichnet. Was genau besagt dieses Abkommen? Inwiefern soll es den Textilarbeitern in Bangladesch – das sind immerhin rund vier Millionen Näherinnen – helfen?

Das Sicherheitsabkommen ist ein Vertrag zwischen internationalen und lokalen Gewerkschaften und Markenfirmen, die in Bangladesch ihre Kleidung fertigen lassen. Verfolgt wird das Ziel, Fabriken in Bangladesch sicherer zu machen. Das Abkommen ist Ende des letzten Jahres in Kraft getreten und soll fünf Jahre dauern. Der erste Schritt ist, zu erheben, ob es Sicherheitsmängel in Fabriken gibt. Der zweite Schritt ist diese zu beheben. Mittlerweile haben mehr als 150 Unternehmen den Vertrag unterzeichnet und legen somit auch fest, welche Werkstätten in Bangladesh ihre Textilien produzieren. Diese Fabriken werden von unabhängigen Expertenteams überprüft. Bei Sicherheitsmängel ist der jeweilige Konzern verpflichtet, einen finanziellen Beitrag zu Verbesserung zu leisten. Das Abkommen sagt jedoch nichts darüber aus, wie die Arbeiterinnen entlohnt werden.

 

Bild: Südwind

Bild: Südwind

 

Auf eurer Website findet man unter anderem einen Firmencheck, wie sich Textilunternehmen über soziale und nachhaltige Themen positionieren. 

Der Firmencheck bietet Konsumenten die Chance zu überprüfen, wie herkömmliche Unternehmen zu Themen wie Fairtrade und Nachhaltigkeit stehen. Also nicht alle dort gelisteten Unternehmen sind „gut“. Ganz im Gegenteil, wir haben Firmen angeschrieben, die in Österreich sehr präsent sind. Fragen von uns waren zum Beispiel, welche Standards sie an ihre Zulieferbetrieben setzten und wie diese kontrolliert werden. Keines der Unternehmen unserer Liste hat hervorragend abgeschnitten, wir unterscheiden zwischen Vorreitern und Verweigern. Also Unternehmen, die schon aktiv an Sozialen- oder Umweltpunkten arbeiten und Unternehmen, die überhaupt keine Information darüber geben.

 

Viele Unternehmen bieten nun auch Kollektionen, die auf fairen oder umweltfreundlichen Kriterien beruhen. Zum Beispiel bietet der Konzern H&M eine Organic-Cotton-Linie an. Kaufe ich, wenn ich diese kaufe, fair?

Ich denke solche Kollektionen sind weit entfernt von optimal. Oft beschränken sie sich auf einen Schwerpunkt und geben eigentlich sehr wenig Information. Auf jeden Fall sind aber diese Linien besser als gar nichts.

 

Wann würden Sie sagen wurde Mode ungerecht?

Ich fürchte, seit dem die Textilindustrie global agiert, also schon ziemlich lange. Die Frage ist wohl eher, wann sie es davor nicht war.

 

Wie schaut die Welt der Textilindustrie, in Bezug auf Arbeitsbedingungen, in 20 Jahren aus? 

Ich würde mir wünschen, dass Unternehmen, die Menschenrechte missachten, mit Sanktionen rechnen müssen und es sich daher für keinen Konzern mehr lohnen würde, Menschen auszubeuten.

 

www.cleanclothes.com

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