Bio eh Wurscht?

Es ist alles eine Frage der Verpackung: Da das Label „Regional“ mittlerweile so viel Vertrauen genießt, ist es für Hersteller ein Leichtes, auf den Zug zu setzen und so den Weg des geringsten Widerstands zu legitimieren. Interessant ist diesbezüglich ein Branchen-Report über das Tiroler Wurstunternehmen Hörtnagl, das groß das Motto „Regionalität ist wichtiger als Bio“ verkündet: „Wir verarbeiten Rind-, Kalb- und Lammfleisch mit Tiroler Ursprung und von bester Qualität“, sagt der Chef, des Unternehmens, das Jährlich 2.700 Tonnen Wurst produziert. „Viele unserer Bauern sind Bio-Bauern, doch die Tiere bei jenen, die dieses Zertifikat nicht haben, wachsen genauso natürlich auf den Almen auf. Deshalb wird das Fleisch bei uns auch gemeinsam verarbeitet.“ Der ganzen Bio-Boom im Fleisch-Bereich sei für den Industriellen „eine Philosophie und nicht für ein Zeichen von besserer Qualität“, führt der Artikel weiter aus.

Bio also eh Wurscht? Ein Wurstunternehmen, das alle großen Supermärkte beliefert, arbeitet natürlich anders als ein kleiner Betrieb – und natürlich ist Biofleisch auch zu hinterfragen. Ist etwa sichergestellt, dass das Futter aus der Region und nicht aus Brasilien kommt? Wie weit werden die Tiere zur Schlachtung geführt? In manchen Bereichen mag der Unterschied zwischen Bio- und Konventions-Fleisch tatsächlich nicht so massiv sein, wie das Label suggeriert.

Ich vermute allerdings eine Beschönigung: Das Motto „kurze Transportwege“ und „regionale Qualität“ wäscht Unternehmen von der Verantwortung frei, die eingefahrenen Produktionsweisen und die gewiss schon seit langem etablierten Lieferanten-Bedingungen infrage zu stellen. Dass die Umweltbilanz und auch die Qualität einer Fleischware viel mehr mit der Aufzucht der Tiere zu tun hat als mit dem Transport zum Schlachthof und zur Wurstfabrik, sollte mittlerweile klar sein – Regionalität allein wiegt den Rest nicht auf. Die Desinformation wird durch den Regionalboom schon noch begünstigt.

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