Kalter klarer Gin

In den vergangenen Jahren nehmen sich Berliner Unternehmen auf durchaus unterschiedliche Weise des Themas Biogin an. Von experimentierfreudig bis pur.

Bild: Vlad Tchompalov.

Auch wenn das große Interesse an Gin nachlässt: Gebracht hat es jedenfalls Vielfalt. Und mehr Biogin. Und während manche ausgefallene Sorten abseits des Kanons begrüßen, kämpfen andere sogar gegen die »Verwässerung« durch Gurke im Gin Tonic.

Jenseits der reinen Lehre

Spree Gin
Selbstgewähltes Motto: »Ohne Gurken macht das Leben keinen Gin.«
spree-gin.de
Bild: Grote Spirits.

Spreewaldgurken sind eine geschützte Bezeichnung für eingelegte Gurken aus der Region in Brandenburg südöstlich von Berlin. Dieses Gebiet ist seit 1990 großteils dem gleichnamigen Biosphärenreservat zuzurechnen. Und auch wenn die Spreewaldgurken schon im 19. Jahrhundert ein Begriff waren, so haben sie heute doch vor allem auch deswegen Bedeutung, weil sie eines der ehemals ostdeutschen Produkte sind, die nach dem Ende der Teilung Deutschlands immer noch bekannt sind. Grote Spirits aus Berlin überspringt eine mögliche Diskussion um den Sinn von Gurke im Gin Tonic und destilliert seinen Spree Gin aus Spreewaldgurken. Insgesamt sechs Bio-Spirits hat das Berliner Unternehmen, das 2010 gegründet wurde, im Sortiment – dabei wird sowohl der Vater von Mitgründer Gabriel Grote, der als Apotheker mit Kräuterlikören experimentierte, geehrt wie auch versucht, aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen. Der Spree Gin erhält durch Biokräuter – Bio Botanicals –, Lavendelblüten, Pomeranzenschale und Süßholzwurzel seinen Geschmack. Dieser ist durchaus gintypisch, klar, hat Schnapsschärfe und ordentlich Wacholder. Ebenfalls von Grote gibt es den Spree Gin Rhubarb Melon, dessen Entwicklung per Crowdfunding auf Startnext finanziert wurde.

Rhizom Gin
Selbstgewähltes Motto: »Rhizome – wie unser Ingwer – wachsen unterirdisch und wild in alle Richtungen. An Bruchstellen gedeihen frische Triebe zu neuen Verzweigungen.«
abyme.de
Bild: Abyme.

Ebenfalls aus Berlin kommt der »Rhizom Gin« von Abyme, ein Weizendestillat mit Wacholder, Zitruszesten und Ingwer. Dieser ist auch trocken, lässt aber sowohl in der Nase als auch am Gaumen mehr Frucht erkennen und ist weniger geradlinig. So wie das sich verzweigende namensgebende Rhizom, für das in den Augen der Macher auch die Ingwerwurzel mit ihren Wachstumswegen steht. Die Flasche ist geradezu altbacken klassisch gestaltet, mit dem reduzierten Etikett aber absolut gelungen. Das alles passt zum Selbstbild von Abyme, dem Bemühen um das Wahrnehmen einer auch sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung und der Nähe zu Kunst und Kultur. Gerade dort kann man sich den »Abyme Vodka« besonders gut vorstellen – ausgesucht sanft, weich am Gaumen und warm trinkbar in Partyküchen und Clubs genauso wie in Werkstätten und Galerien.

Wie immer beim Gin Tonic ist das Tonic ebenso entscheidend wie der Gin und ein fruchtbetontes Tonic wie das »Bitter Fog«-Biotonic aus dem Hause Pona ergänzt den Gin komplett anders als das klassischere »Tyrol Tonic« der Drinkfabrik. Klar ist der Gin Tonic dann nicht mehr in jedem Fall.

BIORAMA Wien–Berlin #2

Dieser Artikel ist im BIORAMA Wien–Berlin #2 erschienen

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