Halal, Spar und Patriotische Essgewohnheiten gegen die Islamisierung des Abendlandes

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Spar nimmt Halal-Fleisch aus dem Sortiment, weil ein Online-Mob gegen Schlachtungen nach islamischen Regeln wettert. Dabei geht es nicht um Tierschutz, sondern um Rassismus. Dass Spar trotzdem einknickt: bedauerlich. 

Fleisch-Konsum erhitzt Gemüter. Das ist nichts Neues, schon gar nicht bei Facebook, wo sich mancher gern zum Diskutieren, Brüllen, Pöbeln und Hetzen einloggt. Dass eine emotional geführte Diskussion unter Unternehmens-Postings in den Social-Media-Teams von Marken und Agenturen für erhöhten Blutdruck sorgt, ist verständlich. Dass ein Unternehmen aus einer Social-Media-Diskussion Konsequenzen zieht, die über beschwichtigende Postings oder das Löschen von Postings hinausgehen, ist allerdings selten. Sieht sich ein Unternehmen zu einer Stellungnahme veranlasst, ist das schon etwas Besonderes. Führt ein Shitstorm dazu, dass ein Unternehmen Teile seines Angebots ändert, gar Ware aus dem Sortiment nimmt, ist das wirklich bemerkenswert.

Werbestrategen reden seit Jahren davon, dass Kundengruppen zu Dialoggruppen werden, die Distanz zwischen Unternehmen und Konsumenten dank Social Media Marketing abnimmt. Das ist nichts Schlechtes. Wenn diese Entwicklung allerdings zu Entscheidungen führt, wie Spar sie getroffen hat, dann sollte man sich wohl auch Sorgen machen.

Der Lebensmittel-Einzelhändler hatte bis vor kurzem Halal-Fleisch im Angebot, also Fleisch, das den Essgewohnheiten und Regeln des Islam entspricht. Das gibt es so auch in anderen Fleischereien, in Restaurants, an Kebap-Ständen. Beworben hat Spar dieses Fleisch z.B. mit einer ganzseitigen Anzeige im Magazin Biber, das übrigens auch sehr ausführlich beschreibt, was Halal ausmacht.

Fleisch für Muslime? Das gefiel vielen nicht, die vermuteten, für Spar würden Tiere geschächtet, ohne Betäubung. Dass das nicht der Fall ist – egal. Denn den Kritikern ging es wohl weniger um  Tierschutz, als um das Angebot an sich. Wie sonst könnte ausgerechnet Halal-Fleisch der Auslöser sein, sich für Tierrechte einzusetzen, während Billigfleisch aus Europas Industrieschlachthöfen zunehmend Gegenwind, aber kaum einen Shitstorm generiert?

SPAR beendet aufgrund der (unbegründeten!) Vorwürfe und der überhitzten Facebook-Diskussion den Wiener Verkaufstest von…

Posted by SPAR Österreich on Thursday, December 3, 2015

Patriotische Essgewohnheiten gegen die Islamisierung des Abendlandes?  

Der Konzern verteidigt nicht seine Entscheidung, ein spezielles Angebot für Muslime zu schaffen, sondern knickt vor Argumenten ein, die er selbst für schwach hält. Das ist es also, wozu die neue Rolle der Konsumenten führt? Bei PEGIDA ist man mit der Spar-Entscheidung zufrieden.

Liebe Pegida-Freunde,wir sind sehr froh, dass Spar Halal Fleisch aus ihrem Sortiment nimmt.Merkur führt dieses…

Posted by Pegida Wien on Thursday, December 3, 2015

Eine Debatte, in der sich die Frage nach der Ethik des Fleischkonsums mit denen nach Religion, Toleranz, Zuwanderung, Integration vermischt. Klar, das muss für die 2015 sehr gut trainierten Debatten-Pöbler bei Facebook wahrlich ein Fest sein. Für das Nachgeben gegenüber der rechten Kritik erntet Spar nun Kritik – ebenfalls bei Facebook.

 

Facebook als „Digitaler Watschenbaum“ für Unternehmen – daran haben sich Markenfirmen wohl bereits gewöhnt. Wie man damit umgeht – dafür gibt es noch keine Patentrezepte. Allerdings kann die Antwort nicht sein, sich denen anzupassen, die am lautesten schreien.

Der vielbeschworene bewusste Konsum, der Kaufentscheidungen im Supermarkt zum politischen Statement erhebt, bedarf neuer Formen der Unternehmenskommunikation. Stimmt: aus reinen Zielgruppen werden Dialoggruppen. Ein sinnvoller Dialog nimmt allerdings Argumente ernst, und wer sich auf ihn einlässt, braucht keine Angst vor dem Standpunkt des jeweiligen Gegenübers haben. Daran sollten sich Unternehmen wie Spar gewöhnen, wenn sie nicht dauerhaft in die Defensive gegenüber lauten Social Media Meuten geraten wollen.

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