Von Vegantourismus und Wurstersatz


Veganer müssen sich mit einem Haufen Vorurteilen herumschlagen. Auch Jan Bredack hat Wörter wie „Mangelerscheinung“ oder lustige Einwürfe von wegen „Du isst ja meinem Essen das Essen weg“ sicher schon mindestens einmal zu viel gehört. Mit seinem veganen Supermarkt Veganz in Berlin zeigt er aber überdeutlich, dass man sich als Veganer durchaus ausgewogen und abwechslungsreich ernähren kann
. Wie das funktioniert und viele andere erstaunliche Fakten über Veganismus erzählt er uns im Interview.

 

BIORAMA: Zur Zeit arbeitet ihr mit einer Filiale in Berlin, aber es sind viele Neueröffnungen, zum Beispiel auch in Wien, geplant. Inwiefern hat sich das Bewusstsein der Menschen zu ihrer Ernährung geändert?

Jan Bredack: Man kann fast sagen, dass eine neue Zeit angebrochen ist. Bewusstsein, Nachhaltigkeit und Ernährung sind zu wichtigen Grundpfeilern in unserer Gesellschaft geworden. Die Menschen sind offener und vor allem auch kritischer geworden, hinterfragen Sachen.

Kann man den veganen Lebensstil als Trend bezeichnen?

Ich würde eher von einem Ernährungstrend sprechen. Egal ob vegetarisch, vegan oder Rohkost. Es gibt immer mehr Menschen, die sich für eine bewusste Lebensweise entscheiden.

Seid ihr selbst überzeugte Veganer? Warum?

Wenn es um die Gründe geht, kann ich natürlich nur von mir sprechen. Ich mache das aus tiefster Überzeugung und aus Respekt vor dem Leben. Schließlich lautet auch unser Motto: „Wir lieben Leben“. In unserem Laden in Berlin sind auch alle Mitarbeiter Veganer.

Ist das also die Voraussetzung für eine Job bei euch?

Grundsätzlich sind wir da sehr offen und respektieren auch ander Lebensstile. Wenn man in einem veganen Geschäft arbeiten will, sollte jedoch schon ein bisschen Überzeugung dahinterstecken. Bis jetzt hat sich das eher von selbst ergeben, dass alle Angestellten auch privat vegan leben.

Wie steht ihr zu Vegetariern oder Menschen, die gern Fleisch essen?

Bei uns sind alle herzlich willkommen. Es ist sogar so, dass fast 40 Prozent unserer Kundschaft eigentlich nicht vegan leben. Deshalb freuen wir uns natürlich besonders, wenn sich auch mal ein Fleischliebhaber zu uns traut und sich auf etwas Neues einlässt.

Lebt man als Veganer nachhaltiger?

Das würde ich schon sagen. Schließlich werden allein schon Umweltressourcen sehr entlastet, wenn man auf tierische Produkte verzichtet. Wir bei Veganz achten außerdem auch extrem auf fairen Handel. Das ist zwar nicht unbedingt ein gegebener Faktor, wenn es um Veganismus im Allgemeinen geht, gehört aber auf jeden Fall zu unserem Konzept.

Wo kommen eure Produkte her und entsprechen sie auch Bio-Richtlinien?

Die Herkunft der Produkte ist total unterschiedlich. Wir beziehen sie von über 80 Lieferanten weltweit, wobei die meisten davon sehr kleine Anbieter sind. Obst und Gemüse kommt meistens aus der Region. Ich kann aber guten Gewissens sagen, dass 90 Prozent unseres Angebots Bio- und Fairtrade-Produkte sind.

Wo liegen eure Produkte preislich im Vergleich zu anderen Supermärkten?

Preislich liegen wir im Bereich von gängigen Bio-Supermärkten. Allerdings ist ein wirklicher Vergleich sehr schwierig, da wir viele Produkte anbieten, die es in Deutschland und zum Teil sogar in Europa nur bei uns gibt.

Bekommt man bei euch auch ausgefallene Sachen? 

Sehr viele sogar. 60 Prozent unsere Produkte sind einmalig und die gibt es nur bei uns. Besonders beliebt sind vegane Wurst- und Fleischersatzprodukte sowie veganer Käse. Wir bieten außerdem über 40 verschiedene Eissorten bei uns an. Insgesamt gibt es jedenfalls ziemlich viel zu entdecken, z.B. auch im Kosmetikbereich.

Welches Potenzial seht ihr für eure Dependance in Wien?

Ich sehe Wien eigentlich ähnlich wie Berlin. Ich glaube, dass hier die vegane Szene Österreichs zu Hause ist. Man ist jung und aufgeschlossen und außerdem gibt es in Wien sehr viele Touristen. Und die machen mit 30 Prozent einen großen Teil unserer Kundschaft aus.

Wie erklärt ihr euch, dass gerade Touristen einen so großen Teil des Zielpublikums ausmachen?

Veganer sind vor einem Urlaub oder Ausflug immer top informiert, wo sie gut verköstigt werden. Ich seh das an mir selbst. Bevor ich irgendwo hinfahre, schaue ich im Netz nach Lokalen oder eben Supermärkten mit veganem Angebot. Und von diesem „Vegantourismus“ profitieren wir natürlich. Ein übersichtlicher Webauftritt ist deshalb sehr wichtig.

Wie ist eure Prognose für die Zukunft? Werden Menschen immer mehr auf Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung achten?

Da bin ich mir sicher. Unsere Hauptzielgruppe ist im Moment zwischen 18 und 34 Jahren alt. Wenn man bedenkt, dass sich so junge Menschen schon so früh für einen bewussten Lebensstil entscheiden, kann das nur ein gutes Zeichen sein.

Mehr Infos zu allen Produkten und einen Link zum Onlineshop gibts auf der Veganz-Homepage.
Wien darf übrigens gespannt sein: Schon Ende diesen Jahres wird auch hier ein Veganz seine Pforten öffnen.

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