Der ewige Wunsch nach Eindeutigkeit 

Die EU-Taxonomie soll Investitionen und Geldströme so lenken, dass diese zum Erreichen der Klimaziele beitragen.

Wie viel Geld stecken wir in die Ökologisierung unseres Wirtschaftens? Bild: istock/mhj.
Bild: istock/mhj.

Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltiger Einsatz und Gebrauch von Wasser oder Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vorbeugung oder Kontrolle von Umweltverschmutzung und Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen. Das sind die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie, einer im Juni 2020 beschlossenen Verordnung, die es ermöglichen soll, Finanzprodukte und Investitionen nach ihrem Beitrag zu den internationalen Klimazielen zu beurteilen.

Um nach der EU-Taxonomie als »nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit« eingestuft zu werden, müssen vier Kriterien erfüllt sein: Die Tätigkeit eines Unternehmens muss nicht nur einen Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele leisten, sondern darf auch nicht gegen die anderen verstoßen. Eine Tätigkeit, die den Übergang zu Kreislaufwirtschaft fördert, aber gleichzeitig die Biodiversität negativ beeinflusst, wird dementsprechend nicht als nachhaltig eingestuft. Darüber hinaus muss die Tätigkeit eines Unternehmens ein »Minimum an Sicherheitsstandards erfüllen, um einen negativen sozialen Einfluss zu vermeiden«, wie es heißt. Gemeint sind Arbeitsstandards und Menschenrechte, als Beispiel werden die »UN Guiding Principles on Business and Human Rights« genannt. Außerdem müssen technische Kriterien, die noch ausdefiniert werden, etwa zur Reduktion von Emissionen erfüllt werden.

Offenheit und Transparenz

Die EU-Taxonomie ist als Verordnung ein verbindlicher Rechtsakt, den alle EU-Länder in vollem Umfang unmittelbar umsetzen müssen. Ihr Inhalt ist aber in keinster Weise eine Liste an Unternehmenstätigkeiten, die künftig erlaubt oder verboten sein sollen, und die EU-Taxonomie funktioniert auch nicht als Siegel für nachhaltige Unternehmen oder Investments. Sie dient aber als Instrument zur künftigen Steuerung öffentlicher und privater Geldflüsse. 1 Billion Euro an Investitionen hat sich die EU für das Jahrzehnt von 2020 bis 2030 vorgenommen, um ihren Green Deal mit dem Ziel, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, umzusetzen. Dieses Geld und darüber hinaus private Investitionen sollen der Taxonomie – deren Text im Frühjahr 2023 im Detail vorliegen soll – folgend eben in ihrer Nachhaltigkeit überprüfbar und einordenbar sein. Ganz entscheidend dafür ist die vorgeschriebene Transparenz, die für mehr Offenheit und Vergleichbarkeit sorgen soll. Dazu müssen Unternehmen in Form standardisierter Reports über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit berichten. Das gilt einerseits für alle Unternehmen, die Finanzprodukte in der EU vertreiben. Andererseits auch für Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen, die derzeit schon zu mehr als nur finanzieller Berichterstattung verpflichtet sind. Dabei muss der EU-Taxonomie-konforme Anteil des Umsatzes, der Investitionsausgaben und des Betriebsaufwands ausgewiesen werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Regelungen ausgeweitet werden und künftig für immer mehr Unternehmen gelten. Während die Details – immerhin etwa die Einstufung der Kernenergie – verhandelt wurden und werden, folgen andere Staaten international dem Beispiel der Europäischen Union und entwickeln Taxonomien, um Kapitalströme in Richtung der ökologischen Wende zu lenken.

Verordnung (EU) 2020/852

Die Geschichte der EU-Taxonomie und ihr Fortschritt können im Originaltext auf Deutsch online unter eur-lex.europa.eu nachgelesen werden. 

Kompaktere Aufbereitungen

der Materie mit nationalen Schwerpunkten bieten die Websites sowohl des österreichischen als auch des deutschen Klimaschutzministeriums.
bmk.gv.at/green-finance
bmwk.de

BIORAMA #80

Dieser Artikel ist im BIORAMA #80 erschienen

Biorama abonnieren

VERWANDTE ARTIKEL