Wenn Shopaholics in einem Sweatshop arbeiten – Nähen für drei Euro am Tag

Bild: Screenshot Aftenposten.no

Bild: Screenshot aus „Sweatshop: Dead Cheap Fashion“ Ep. 1 – Aftenposten.no

Anniken, Frida und Ludvig geben viel Geld für Kleidung aus. In Norwegen ist das ganz normal. In Kambodschas Sweatshops lernen sie die andere Seite des Systems kennen.

Drei Dollar pro Tag, unmenschliche Arbeitszeiten, ermüdende Fließbandarbeit. Stück für Stück für Stück immer dieselbe Naht an einem Sweater nähen – das ist der Alltag einer Näherin in Kambodschas zahlreichen Sweatshops. Für einen Tag ist das auch Aufgabe von Frida, Ludvig und Anniken in der fünfteiligen Serie „Sweatshop: Dead Cheap Fashion“. Die jungen Norweger flogen für die skandinavische Tageszeitung Afterposten nach Kambodscha um zu sehen „was passiert wenn sie jene Menschen treffen, die ihre Kleidung nähen“. Begleitet wurden sie von einem Kamerateam, das das Abenteuer der drei Jugendlichen aufzeichnete.

„Was für ein Leben ist das?“

Konfrontation mit der dunkelsten Seite der Modewelt

Die Serie wurde publikumswirksam produziert. Die miserablen Arbeitsbedingungen in Kambodscha sind für junge Menschen vielleicht interessant, einen ellenlangen Artikel würden sich wohl nur die wenigsten durchlesen. Die auf Hochglanz polierte Fassung wird dagegen millionenfach angeklickt und wie wild im Netz verbreitet. Das Rezept ist so einfach wie wirkungsvoll: Drei gut aussehende junge Menschen – eine davon ist Norwegens führende Modebloggerin – wandeln fassungslos in einer Welt herum, die sie nicht verstehen. „Ich hab schon mal davon gelesen“, erzählt Anniken, aber dass es so schlimm sei hätte sie nicht erwartet. Mit fast jeder Aussage sind die Jugendlichen ganz nah an ihrer Zielgruppe dran.

„Unser Bad ist größer als das ganze Haus.“

Die Jugendlichen können es nicht glauben

Bild: Screenshot aus "Sweatshop: Dead Cheap Fashion" Ep. 3 - Aftenposten.no

Bild: Screenshot aus „Sweatshop: Dead Cheap Fashion“ Ep. 3 – Aftenposten.no

Regisseur Joakim Kleven will mit seiner Doku-Serie die Missstände in Sweatshops ins Bild rücken, speziell für eine Zielgruppe, wie man einem Interview mit der Belgischen „Elle“ entnehmen kann (frei übersetzt): „Jugendliche in Norwegen geben extrem viel Geld aus für Kleidung, aber fast niemand weiß, unter welchen Umständen die Kleidung produziert wird.“ Frida, Anniken und Ludvig erzählen die Geschichte für ein Publikum, das sich mit ihnen ganz leicht identifizieren kann. Ein Publikum, das in Badezimmern duscht, die so groß sind wie ganze Wohnungen kambodschanischer Näherinnen.

Information von Jugendlichen für Jugendliche könnte man sagen, denn sogar der Regisseur ist erst 22 Jahre alt. Protagonistin Anniken ist zur Zeit der Dreharbeiten 17 und damals schon Norwegens berühmteste Modebloggerin, ihr Blog erreicht täglich um die 10.000 Klicks, wie sie in einer Folge erzählt. Damit war sie für die Verbreitung der Serie ein starker und wichtiger Multiplikator. Kein Wunder also, dass die Serie im Sozialen Netz seine viralen Runden drehte. Die fünf Folgen wurden im November 2014 auf Aftenposten.no veröffentlicht und seither millionenfach angeklickt. Seit wenigen Tagen wird darüber nun im deutschsprachigen Raum berichtet, doch schon Ende letzten Jahres war sie Gesprächsthema im spanischsprachigen Raum.

 „Ich werde weitermachen bis ich ohnmächtig bin.“

Aktivismus als Konsequenz?

Bild: Screenshot aus "Sweatshop: Dead Cheap Fashion" Ep. 5 - Aftenposten.no

Bild: Screenshot aus „Sweatshop: Dead Cheap Fashion“ Ep. 5 – Aftenposten.no

Aber kann so eine Serie tatsächlich etwas bewirken? Haben drei junge Persönlichkeiten die Macht etwas zu ändern? Nach der Veröffentlichung versuchen die Hauptdarsteller die gewonnene Aufmerksamkeit zu nutzen, um Gespräche mit Textilgiganten wie H&M zu führen. Anniken, Frida und Ludvig haben aber eine weitere Macht: Sie könnten den kritischen Blick ihrer Fans schärfen und so mithelfen ein Umdenken in der Gesellschaft zu bewirken.

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