Nikolaihof

Tradition verpflichtet.

Der Nikolaihof in der Dämmerung.
Beim Nikolaihof handelt es sich um den Gutshof des ältesten Weinguts Österreich. Bild: Nikolaihof.

Mitten in Mautern gibt’s das beste von früher. Hier befindet sich der Nikolaihof, der Gutshof des ältesten Weinguts Österreichs. Bereits vor 2000 Jahren wurde hier, sagen ArchäologInnen und HistorikerInnen, Wein angebaut – vielleicht auch schon früher, immer wieder Mal bringen Forschungsprojekte Neues dazu ans Licht. Wer heute den Hof besucht, findet sich in einem auf die Römerzeit zurückgehenden, maßgeblich im 15 Jahrhundert errichteten Gebäudekomplex wieder – mit Hof samt Kapelle im Inneren, in dem sich in der warmen Jahreshälfte ein prächtiger Bilderbuch-Gastgarten unter einer Kaiserlinde entfaltet. Und auch der Rest hier scheint sich der Konstanz verschrieben zu haben. Das Weingut hat für Verkostungen grundsätzlich das ganze Jahr über geöffnet, die Weinstube hingegen von Ende April bis Mitte November. 
Am Weinberg und auch in der 2016 eingeführten Biotraubenkosmetiklinie wird ausschlißlich mit Biorohstoffen gearbeitet. Bereits im Jahr 1971 wurde hier mit biodynamischer Bewirtschaftung begonnen. Die Einhaltung dieser Prinzipien müssen die Gäste und KundInnen inzwischen nicht mehr wie andernorts oft glauben, sondern das ganze Sortiment wird einer Bio- und Demeterzertifizierung unterzogen. Auch die Gastronomie arbeitet mit Bioprodukten und biozertifiziert, »so lange das halt schon geht«, sagt die Chefin Christine Saahs. Das geht bei Gastronomiebetrieben seit 2009 mit bundesweit gesetzlich festgelegter Grundlage – damals wurde eine entsprechende Regelung ins österreichische Lebensmittelbuch aufgenommen. 
Vollzertifiziert ist die Weinstube aber nicht – die 100 % scheitern an den Wachauer Laberln. Diese sind, wie Saahs erläutert, als Teil des Gedecks und der regionalen Geschichte unverzichtbar, aber: sie seien schlicht nicht in bioregionaler Qualität verfügbar. Wobei der Regionalitätsbegriff, der hier zu Anwendung kommt, ein enger ist: Aus der Wachau müssten sie sein. Auch die derzeit zuliefernde Bäckerei könne nicht »nur« für den Nikolaihof Wachauer in Bioqualität produzieren. Höchste Zeit, durch Nachfragen in der Region die Nachfrage nach regionstypischem Biogebäck anzukurbeln. 

Christine Saah hat die biodynamische Wirtschaftsweise vor über 40 Jahren auf dem Nikolaihof eingeführt. Sie gilt daher als Pionierin der Demeter-Bewegung in Österreich.


Die Rezepte für quasi alles andere als die Weckerln (inklusive Brot) stammen aus dem Familienfundus – fest- und fortgeschrieben von Christine Saahs, die dieses Wissen auch in Kochbüchern weitergibt – etwas unerwartet angesichts des Gesamtauftritts ist lediglich der explizite Hinweis auf der Website, dass das Buch auch beim wenig dem Prinzip der Regionalität verpflichteten Anbieter Amazon erhältlich ist. Das tut dem Werk wie dessen hervorragender (und entsprechend preisgekrönter) Entsprechung in der Küche der Weinstube freilich keinen Abbruch. Das konsequent aus saisonal verfügbaren Zutaten aufbauende Angebot ist vor allem traditionell. Das gefällt nicht nur Gästen aus der Region. Rund um Martini enthält es etwa ein perfektes Gansl mit beeindruckendem Beilagenkonzert. Von letzterem wird, im stattlichen Pauschalpreis inkludiert, nachgebracht, bis alle satt sind. Wer dann gleich bleiben will/muss, kann sich über Nacht im wenige Gehminuten entfernten »Ad vineas Gästehaus« einquartieren – wem das noch zu weit ist, für die oder den wurden im Hof die Gästezimmer »Grüner Baum Wachau« jüngst liebevoll renoviert und mit Retromöbeln im 50er-Jahre-Stil ausgestattet. Alles da, was man je brauchen wollte. 

»KOCHEN MIT DER KRAFT DER NATUR – Wie die Liebe in den Kochtopf kommt«, Brandstätter (2020), ist Christine Saahs drittes Kochbuch und wurde mit dem Gourmand World Cookbook Award 2020 ausgezeichnet.

Zusätzliche Biogastronomie-Empfehlungen aus der Bioküche 2024 gibt es hier.

BIORAMA BIOKÜCHE #4

Dieser Artikel ist im BIORAMA BIOKÜCHE #4 erschienen

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