Holis: Wie geht es weiter beim verpackungsfreien Supermarkt?

Franz Seher, einer der Gründer von Holis in Linz. Foto: Wolfgang Lehner – Hausrugger Photography

Franz Seher, einer der Gründer von Holis in Linz. Foto: Wolfgang Lehner – Hausrugger Photography

Im letzten Jahr hat in Linz ein verpackungsfreier Supermarkt eröffnet: Holis. Nach dem ersten Jahr ist die Geschäftssituation schwierig. Wie geht es weiter? 

Im vergangenen Jahr hat ein junges Team in Linz einen verpackungsfreien Supermarkt eröffnet. Holis nennt sich das Geschäft. Wir haben darüber berichtet. Die Betreiber von Holis leisten seither Pionierarbeit, denn ein Lebensmittel-Geschäft, in dem die Ware ohne Verpackungen angeboten wird, gab es in Linz vorher nicht.

In den vergangenen Jahren haben in vielen Städten verpackungsfreie Supermärkte eröffnet. In Wien, Graz und München zum Beispiel gibt es mit Lunzers Maßgreisslerei, Gramm und Ohne ganz ähnliche Konzepte.

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Bild: Holis Market

Die Standort-Wahl war nicht optimal

Bei Holis in Linz ist die Euphorie der Gründungsphase inzwischen der Realität des Geschäftsalltags gewichen. In den nächsten Wochen wird sich entscheiden, ob Holis weiterbestehen wird. Was händeringend gesucht wird, ist ein Partner, der mit Investitionen dafür sorgt, dass der Betrieb aufrecht erhalten werden kann. Wir haben mit Holis-Gründer Franz Seher gesprochen und nachgefragt, wo die Schwierigkeit für Holis liegen.

Dass die ersten Jahre schwierig werden dürften, hat man im Team von Holis schon vorher gewusst, erklärt er: „Wir haben von Anfang an gewusst, dass wir einen Partner brauchen. Wir sind mit Holis relativ groß mit fast 200 Quadratmetern Verkaufsfläche, Küche und Imbiss. Durch die Gastronomie haben wir gewisse Personalkosten. Bei so einem Modell ist man in den ersten drei Jahren in aller Regel defizitär. Allein deshalb braucht man einen Partner.“ Hinzu komme ein Standortproblem. Seit September wurden bei Holis immer wieder ausführliche Interviews mit Kunden geführt. Darin kam immer wieder zur Sprache, dass die Lage des Geschäfts in der Johann-Konrad-Vogel-Straße 7-9 nicht unbedingt optimal ist. „Wir haben in Linz wahrscheinlich nicht den besten Standort gewählt,“ muss Franz Seher feststellen. „Wir sind zwar zentral, aber nicht in einer Einkaufs-, sondern in einer Durchzugs-Straße. Das heißt die Leute kommen extra wegen uns und nur wegen uns.“ Das hat zur Folge, dass selbst Stammkunden eher selten den Weg zu Holis finden. „Man merkt, dass die Kunden eher einmal im Monat kommen als einmal wöchentlich.“

Viele der Kunden von Holis arbeiten zwar in Linz, wohnen aber außerhalb der Stadt. Dass der verpackungsfreie Supermarkt keine Parkplätze anbieten kann, wird so zum Nachteil für Pendler, die täglich ins Auto steigen. Was den Standort Linz ganz allgemein betrifft, ist das Team von Holis realistisch: „Linz ist eine Arbeiterstadt und eher eine Provinzstadt. Die Strukturen sind da einfach anders, als in einer Großstadt. Und das Konzept von Holis ist eindeutig ein urbanes.“ Trotzdem würde Holis wohl auch in Linz funktionieren, ist man überzeugt – nur eben an einem anderen Standort.

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Bild: Holis Market

Und wie geht es nun weiter bei Holis?

Das Team von Holis ist nicht pessimistisch, was die Suche nach einem strategischen Partner angeht. Schließlich liegt das Konzept im Trend. Bis zum Ende des Sommers soll sich entscheiden, wie es weitergeht. Im Raum steht auch eine Eröffnung in Wien. Franz Seher erklärt die Situation so: „Wir suchen gerade nach einem neuen Standort in Linz. Es ist ein schmaler Grat. Im besten Fall haben wir gleichzeitig einen Neustart in Wien und Linz. Im schlechtesten Fall sperren wir zu.“

Die Marktlücke, die Holis schließen möchte, sieht Franz Seher als groß genug. Schließlich würden auch bisher nur rund 20 Prozent zur Erreichung der Umsatzziele fehlen und das Feedback der Kunden sei positiv. Kein Grund also, puren Pessimismus walten zu lassen. Eines ist den Betreibern von Holis ganz wichtig. Und das ist, klarzustellen, dass im Falle eines Scheiterns des Geschäfts nur Holis scheitert –  nicht aber das Konzept Verpackungsfreier Supermarkt allgemein. Viele Beispiele in amerikanischen und europäischen Städten würden zeigen, dass das Marktsegment wächst und dass immer mehr Menschen aus Überzeugung ohne Berge von Verpackungsmüll einkaufen möchten.

Zur Pionierarbeit gehört auch Scheitern

Unabhängig davon, wie es bei Holis weitergeht, bleibt das Konzept des verpackungsfreien Lebensmittel-Einzelhändlers interessant. Dass es nicht überall von Anfang an funktioniert, kann niemanden überraschen. Schließlich gibt es überall den Mitbewerb in Form großer Supermarkt-Ketten. Dass nicht jede Salatgurke in einer Folie verkauft werden muss, leuchtet ein. Warum also nicht gleich auf viel mehr Verpackungsmaterial verzichten? Franz Seher meint: „Verpackungslos ist nicht gescheitert. Das steht erst am Anfang und das Klientel ist auf jeden Fall da. Es braucht einfach eine Zeit der Umgewöhnung.“ Damit könnte er Recht haben.

Update vom 01. August 2016:

Inzwischen ist klar, dass Holis am bisherigen Standort schließen wird. „Wir arbeiten an einer Lösung bzw. Übersiedlung an einen anderen Standort mit einer Wiedereröffnung an einem noch nicht definierten Termin. Wir hoffen alle, dass dies so realisierbar sein wird. Drückt uns die Daumen!“ heißt es in einer Aussendung. 

 


Um andere Alternativen zum klassischen Supermarkt geht es bei Biorama immer wieder. Zum Beispiel um Foodcoops und Solidarische Landwirtschaft

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