Green Festival Guide 2018

Von der Großveranstaltung bis zum Lagerfeuerfest gibt es zahlreiche Möglichkeiten durch den Sommer zu lauschen, singen, feiern und tanzen. Manche Festivalveranstalter setzen auf nachhaltige Konzepte. Welche Festivals sind 2018 "grün" und was bedeutet das überhaupt?

Bild: Michael Hametner/Acoustic Lakeside.

Zwischen Musik, Campingspecials und Bierdosen wird auf Festivals oft die Umwelt vergessen. Erst morgens wird ein Vorgeschmack der Müllberge offensichtlich, die bei einem klassischen Festival so auf Wald und Wiese verteilt werden. Doch nicht nur der herumliegende Müll, auch weniger sichtbare Verschmutzung sowie Lärm, Energieverbrauch und erhöhte Treibhausemission werden als Begleiterscheinungen mitunter als vermeintlich unvermeidbar akzeptiert. Zum Glück erkennen immer mehr Veranstalter ihre ökologische Verantwortung und entwickeln gemeinsam mit Umweltinitiativen nachhaltige Festivalkonzepte.

Festivals stellen oft eine massive Belastung für die Umwelt dar. Immer mehr Events zeigen, dass es auch anders geht. Bild: Matthias Rhomberg/Poolbar-Festival.

In Deutschland setzt sich beispielsweise die Green Music Initiative für die Reduzierung von CO2-Emissionen und anderen negativen Auswirkungen auf die Umwelt ein. Die nationale Plattform erarbeitet zusammen mit verschiedensten Akteuren der Musik- und Entertainmentbranche Strategien zur Förderung von klimaverträglichen Veranstaltungen. Auch Österreichs Festivallandschaft wird ökologischer, 2012 wurde „Green Events Austria“ ins Leben gerufen – eine Initiative des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus, deren Ziel es ist, ökologische Standards für Kultur-, Wirtschafts- und Sportveranstaltungen in ganz Österreich zu etablieren.

Was macht ein Festival green?

Größere Musikfestivals können sich in punkto CO2-Fußabdruck durchaus mit dem messen, was eine Kleinstadt in einem ganzen Jahr freisetzt. Dieser entsteht zu großen Teilen durch die An- und Abreise, sowie Tonnen von Abfall. Besucherinnen und Besucher sollten die Möglichkeit haben, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Shuttlediensten zum Festivalgelände zu gelangen. Der Verzicht von Autos schont die Umwelt und erspart außerdem ein Verkehrschaos. Bei der Wahl des Veranstaltungsortes sollte auf die Erreichbarkeit geachtet werden, im Idealfall werden bereits bestehende Gebäude genutzt. Wird ein Festival in der Natur veranstaltet, ist es wichtig, alle Bauten wieder rückzubauen und verwendete Materialien zu recyceln.

Den Campingplatz so zu verlassen wie man ihn vorgefunden hat gehört zu den Green-Festival-Basics. Bild: Michael Hametner/Acoustic Lakeside.

Müll so weit wie möglich reduziert werden, zum Beispiel durch die Verzicht auf Wegwerfgeschirr und Einwegverpackungen, zuallerst jenen aus Kunststoff. Weitere Kriterien sind ein Angebot an Biogastronomie, die Verwendung von Ökostrom, oder auch wassersparende Sanitäreinrichtungen. Damit beispielsweise ein Festival in Österreich als Green Event ausgezeichnet werden kann, müssen nicht nur ökologische, sondern auch soziale Mindestanforderungen erfüllt werden, wie ein barrierefreier Zugang und die Einbindung von NGOs.

Respektvolle Feierkultur

Die Verantwortung, ein Festival grün zu gestalten, liegt allerdings nicht allein beim Veranstalter – Ein Festival wird schließlich erst durch Besucherinnen, Mitarbeiter und Artists zum Leben erweckt. Sie alle können einen Teil dazu beitragen, die Umweltbelastung und negative Begleiterscheinungen zu minimieren. Das geht zum Beispiel durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Wiederverwendung von Camping-Equipment oder der Verwendung von Taschen-Aschenbechern. Auch kleine Beiträge helfen, ein Festival umweltfreundlicher zu gestalten.

Lieber Seifenblasen statt Konfetti – jeder kann etwas zur Nachhaltigkeit eines Festivals beitragen. Bild: Michael Hametner/Acoustic Lakeside.

Green Festivals 2018

Tendenziell sind nachhaltige Festivals eher klein, ein Festival mit 10.000 Besucherinnen und Besuchern ist nunmal einfacher grün zu gestalten, als ein Megaevent mit über 100.000 Gästen. Mittlerweile überdenken aber auch einige Mainstreamfestivals ihr Konzept und beziehen ökologische Aspekte mit ein. Viele der bekannten Großveranstaltungen, wie beispielsweise Hurricane/Southside in Deutschland, Frequency oder Nova Rock in Österreich setzen kleinere umweltschonende Maßnahmen um. Diese Festivals bieten beispielsweise einen eigenen Green-Camping-Bereich, in dem auf Lärmreduktion und Mülltrennung geachtet wird. Damit sind sie zwar noch lange keine umweltfreundlichen Events, machen aber bereits einen Schritt in die richtige Richtung. Viele andere Festivals sind aber schon deutlich weiter:

Acoustic Lakeside

Ein See, drei Entenfamilien und vier Sommernächte voller akustischer Musik – das Acoustic Lakeside verspricht dieses Jahr wieder ein hochkarätiges Line-up in entspannter Atmosphäre. Das idyllische Upplugged-Festival hat eine streng begrenzte Besucherzahl und lebt von ehrenamtlichen Helfern mit jeder Menge Liebe zum Detail. Wer ein Ticket ergattert, kann sich auf Acts wie Farewell Dear Ghost, Faber, The Naked And Famous und Nick Mulvey freuen. Die Kulinarik ist sorgfältig ausgewählt und bietet alles von regionalen Wirtshausspeisen bis zu veganen Gerichten. Das Acoustic Lakeside empfiehlt eine Anreise mit dem Zug und die Nutzung der Shuttlebusse (man kann den Busfahrer direkt anrufen und Abholung vereinbaren). Alternativ wird auch eine eigene Fahrgemeinschaftsbörse auf der Plattform FahrFahrAway angeboten. Müllpfand gibt es auf dem Wohnzimmerfestival keinen, es wird darauf vertraut, dass die Besucherinnen und Besucher die vorhandenen Müllsäcke verwenden und auf die Umwelt achten.
19.–21. Juli, Sonnegger See

Unplugged-Sounds von L.A. Salami beim Acoustic Lakeside 2017. Bild: Michael Hametner.

Wilde Möhre

Das Wilde Möhre Festival in der Lausitz hat nicht nur Bands und DJs, sondern auch Workshops, Vorträge und ein kleines Festivalkino im Programm. Große Headline gibt es keine, dafür ein bisschen was von allem: Der Mix von Hip Hop über Indie und Pop, bis hin zu Ska lässt keine Musikwünsche offen. Bei der Organisation steht nachhaltige Lebensweise, Umweltverträglichkeit und Kulturförderung im Fokus. Gefeiert wird im Wald (aber ohne Konfetti), gegessen wird vegetarisch und vegan und angereist im Idealfall mit Zug, Shuttle oder Mitfahrgelegenheit.
9.–13. August, Lausitz

Free Tree Open Air

Das Free Tree Open Air gibt es seit 2012 und genau so lang ist es auch schon ein Vorreiter in Sachen nachhaltiger Festivalorganisation in Österreich. Möglich gemacht wird das dreitägige Festival in Taiskirchen im Innkreis durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Neben dem Line-up mit Headlinern wie Steaming Satellites, Farewell Dear Ghost und Worakls kann sich auch das Gastroangebot sehen lassen – das ist nämlich vollständig biozertifiziert, sowie regional und saisonal. Das Free Tree ist ein zertifiziertes Green Event, fördert Mülltrennung und -vermeidung und ist barrierefrei zugänglich. Außerdem: Wer mit Rad, Bus oder Bahn anreist, bekommt sogar ein Freigetränk!
10.–13. August, Taiskirchen im Innkreis

Melt!

Wo sich früher das Zentrum der Braunkohleindustrie befand, findet seit 1999 das Melt! statt – und macht die Halbinsel Ferropolis in der Nähe von Dessau damit stattdessen zum Zentrum für elektronische Musik. Das Line-up kann sich mit Acts wie The XX, Florence + The Mashine, Mura Masa und Nina Kraviz wie immer sehen lassen. In Zusammenarbeit mit der Green Music Initiative wurde die Umweltoffensive „MEco“ gegründet, durch die das Melt seit Jahren ein Beispiel für nachhaltige Festivalkonzepte in Deutschland ist. Von den Transportmöglichkeiten, über das Abfallkonzept, bis hin zum Gastrobereich werden umweltfreundliche Maßnahmen umgesetzt.
13.–15. Juli, Ferropolis

Das Melt! setzt auf Industrie-Charme – und ein nachhaltiges Festivalkonzept. Bild: Johannes Riggelsen.

Rock im Dorf

Seit 2013 wird das Rock im Dorf jährlich in Krems veranstaltet und gefeiert. Wie gewohnt zeichnet sich das Line-up auch dieses Jahr durch großartige nationale Acts, wie Voodoo Jürgens und Garish und das nachhaltige Veranstaltungskonzept aus. Rock im Dorf wurde vom Klimabündnis Österreich als Green Event ausgezeichnet und setzt dabei auf aktive Zusammenarbeit mit den BesucherInnen. Neben regionalem Essen, öffentlichen Anreisemöglichkeiten, Mülltrennung und gratis Aschenbechern, gibt es auch eine Chill-Out-Lounge von Bio Austria. Hier kann man sich Infos zur Biolandschaft Österreich holen und Workshops besuchen. Außerdem kann man beim Team von Viva con Agua durch die Spende seines Becherpfands Wasserprojekte Malawi unterstützen.
12.–14. Juli, Krems

Poolbar-Festival

Beim Poolbar-Festival verwandelt sich das Alte Hallenbad in Feldkirch für fast sieben Wochen zum Zentrum für Musik, Kunst und Party. Mit auf dem Line-up stehen dieses Jahr unter anderem The Subways, Fink und die Antilopen Gang. Die jährlich neu gestaltete Location und das volle Programm locken insgesamt über 20.000 BesucherInnen an – kann so ein großes Festival überhaupt grün sein? Zumindest wurde das Poolbar-Festival 2013 als Green Event ausgezeichnet. Neben vielen anderen umweltschonenden Faktoren wurden auch die verwendeten Materialien für die wechselnde Bühnengestaltung recycelt und nach dem Festival weiterverkauft. Als die Kriterien im nächsten Jahr verschärft wurden, musste sich das Poolbar-Festival zwischen Red Bull als Partner und der Bezeichnung als Green Event entscheiden. Veranstalter Herwig Bauer und sein Team entschieden sich gegen die offizielle Zertifizierung: „Einerseits , weil wir pragmatisch und wirtschaftlich denken wollen und müssen, andererseits weil es uns nicht um das Zertifikat, sondern um die Inhalte geht. Im herzen sind wir weiterhin Green Event.“
6. Juli–14. August, Feldkirch

Das Poolbar-Festival behält sowohl Red Bull als Partner, als auch sein nachhaltiges Konzept. Hier zu sehen: HVOB beim Poolbar-Festival 2017. Bild: Matthias Rhomberg.

Tollwood

Das Tollwood Festival in München feiert dieses Jahr sein 30-jähriges Jubiläum und zeichnete sich von Beginn an durch ökologisches, soziales und kulturelles Engagement aus. Die gesamte Festivalgastronomie ist biozertifiziert, die Veranstaltungstechnik wird mit Ökostrom betrieben und rund drei Viertel der BesucherInnen nutzen die klimafreundlichen Anreisemöglichkeiten. Das Tollwood stellt auf dem Festivalgelände außerdem eine große Standfläche für die Projekte von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen kostenlos zur Verfügung. Musikalisch gibt das Tollwood ebenso viel her, mit dabei sind dieses Jahr Fritz Kalkbrenner, Marteria, Billy Idol und Faber.
27. Juni – 22. Juli, München

Rostfest

Das kleine Festival für regionale Impulse findet jährlich in Eisenerz in der Steiermark statt. Soundtechnisch werden rund 20 nationale und internationale Musik-Acts aus den verschiedensten Genres geboten, von Indie bis Elektro. Vom Open-Air-Dancefloor, über visuelle Performance, bis zu einem Cocktailroboter ist von künstlerischer Seite alles geboten. Das Rostfest bietet die Möglichkeit, in leerstehenden, ehemaligen Wohnhäusern im Münichtal zu übernachten. Beim „Urban Camping“ werden also bereits bestehenden Gebäude genutzt, statt die Natur durch einen überfüllten Campingplatz zu belasten. Außerdem wird dadurch eine einfache Organisation von Shuttlediensten ermöglicht.
16.–18. August, Eisenerz

Schrammel.Klang

Das Schrammel.Klang Festvial in Litschau könnte man durchaus als Mekka der Schrammelmusik bezeichnen. Die Wiener Volksmusik kommt vom Heurigen auf die Bühne: Über drei Tage werden Interpreten des Genres Open-Air-Konzerte geben, sowie Jam Sessions und Workshops veranstalten. Unter dem Motto „Von Wien bis zum Balkan“ stehen bei der 12. Ausgabe des Festivals südländische Einflüsse in der Schrammelmusik im Fokus. Das Schrammel.Klang wurde bereits 2016 als Green Event ausgezeichnet und das nicht ohne Grund: Verwendung ressourcenschonendes Materialien, Versorgung der BesucherInnen mit regionalen Bio-Speisen, umweltschonende An- und Abreise und Abfallvermeidung machen die Veranstaltung mehr als grün. Zudem ist der Zugang barrierefrei und jeder Schrammelmusik-Fan hat die Möglichkeit beim Festival mitzuhelfen.
6.–8. Juli, Litschau

Statt im Heurigen wird beim Schrammel.Klang Festival auf der Open-Air Bühne performt. Bild: Karl Satzinger

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