Explorer Academy: James Bond für Kinder

Die Kinderbuchreihe »Explorer Academy« baut auf »faktenbasierter Fiktion«: die Abenteuer des 12-jährigen Cruz Coronado basieren auf der Forschung der National Geographic Society.

In »Explorer Academy«, der Kinderbuchserie von National Geographic, schildert Trudi Trueit die Abenteuer des 12-jährigen Cruz Coronado beim Entschlüsseln eines großen Wissenschaftsrätsels: das Knacken von Codes, futuristische Technologien, reale Naturgefahren, James-Bond-artige Widersacher und ein konservatives Rollenverständnis inklusive.

Illustration: Scott Plumbe

Nach einem Kurzbesuch im Saatguttresor auf Spitzbergen (Global Seed Vault), findet sich Cruz alsbald eingeschlossen in einer Eishöhle des isländischen Longjökull Gletschers wieder. Vergeblich versucht er mittels Hosentaschen-Roboterbiene namens Mel Hilfe holen zu lassen. Gerettet wird er aber durch seinen Freund Emmett, der es per Tarnanzug geschafft hat, unbemerkt die Eishöhle zu verlassen bevor Cruz‘ Widersacher den Eingang sprengen konnten.

Das Forschungsschiff Orion mit dem Cruz & Co im 2. Band unterwegs sind
(Illustration: Scott Plumbe)

Auf der Suche nach der Formel
Ein ganz normaler Tag im Leben des 12-jährigen Cruz Coronado, der die Eliteschule »Explorer Academy« besucht, um ein weltweit führender Entdecker zu werden. In der gleichnamigen Kinderbuchserie versucht Cruz ein wissenschaftliches Rätsel zu lösen. Er sucht die acht Teile eines schwarzen Marmorsteins, mit der von seiner Mutter eingravierten Formel für ein Serum, das menschliche Zellen regenerieren kann. Seine Mutter wurde von der »Pharma-Mafia« ermordet und hat Cruz in einem Tagebuch Hinweise zu den Steinen in Hologramm-Form hinterlassen. Die »Pharma-Mafia« ist aber auch hinter Cruz und dem Tagebuch her.

James Bond lässt grüßen
Die Geschichte wirkt wie aus der Retorte: Man nehme das Konzept James Bond, wende es auf einen 12-Jährigen an und mache es National Geographic-tauglich. Das soll dem Kinderlesevergnügen keinen Abbruch tun, »Explorer Academy« liefert eine spannende Abenteuergeschichte mit Realitätsbezug in Sachen Wissenschaft wie auch unserer globalen Probleme. Die Parallelen zu James Bond sind aber vielfältig: Cruz als James, seine Freundin Bryndis mausert sich im zweiten Teil zum angehenden Bond Girl (im Rahmen von 12-Jährigen-Romantik, mal sehen wo das noch hinführt), Lani verkörpert die daheimbleibende Moneypenny, den Q gibt Dr. Quills (kein Scherz) und baut schon mal einen Walkommunikator, M hier als Tante Marisol (echt jetzt!) dirigiert im Hintergrund und hat ebenfalls das Problem, dass James, ähm Cruz, mitunter auf eigene Faust agiert.

Globale Diversität
Andererseits arbeitet Cruz mehr im Team als James Bond und kümmert sich auch mal um Probleme, die nichts mit irgendwelchen Schurken zu tun haben. So rettet er beispielsweise Wale, die sich in Fischernetzen verfangen haben. Die Abenteuer erlebt er gemeinsam mit seinen Freundinnen und Freunden, ein vielfältiger Mix von Kindern aus aller Welt, deren kulturelle Hintergründe Teil der Charaktere sind. Diversität wird hier groß geschrieben. Je nach Geschmack geht dies auch mal ein Stück (zu?) weit: Selbst in der deutschen Fassung sagt Sailor York sehr häufig »sweet as«. Sailor stammt aus Neuseeland und dort ist »sweet as«tatsächlich das meist genutzte Synonym zu »awesome« (großartig, beeindruckend).

Cruz und seine beste Freundin Lani
(Illustration: Scott Plumbe)

Fakten vs. Fiktion
Die auf 7 Teile ausgelegte Kinderbuchreihe (bisher sind zwei Bände erschienen) ist durch die Forschungsergebnisse der National Geographic Society inspiriert. Die Verbindungen zwischen den Buchinhalten und den realen Personen, Schauplätzen und Forschungsergebnissen lassen sich teilweise online nachleisen – leider nur auf Englisch. Die als »faktenbasierte Fiktion« vorgestellte Reihe, lässt damit aber die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion verschwimmen und macht diese nicht nur für ein Kind schwer erkennbar. Beispielsweise hat Emmett eine »Emoto Brille«, die via Gehirnströme seine Emotionen im Brillenrahmen farblich darstellt. Dieser Idee liegen gemäß Webpage reale Materialien zu Grunde, die mit veränderlicher Temperatur ihre Farbe ändern (man kennt das z.B. von Teetassen) – ein größerer Schritt hin zur Gehirnstrom-Schnittstelle.

Falls Englisch keine echte Hürde ist, bieten die Online-Ressourcen von National Geographic zugehörige Online-Spiele, wie auch Band-spezifische „Reader’s – “ und einen „Educator’s Guides“. Für letztere reicht es natürlich, wenn die relevanten Erwachsenen Englisch können. Diese Guides machen Vorschläge für Aufgaben, Diskussionen, etc. auf Basis der Bücher. Hier wird dann mitunter die Problematik der Grenze zwischen Fakten und Fiktion wieder aufgegriffen.

Cruz unterhält sich per Walkommunikator (Illustration: Scott Plumbe)

Konservatives Rollenverständnis
Insgesamt gelungene Bücher, die insbesondere für Kinder zu empfehlen sind, die sich für Abenteuer, Code-Knacken, Technologie und Natur begeistern. Warum aber prägt ein Kinderbuch der heutigen Zeit derart das konservative Rollenbild? – Eine weitere James Bond Parallele: Der Held ist ein Kerl, seine beste Freundin Lani musste ohnehin zu Hause bleiben. Auch wenn sein Team die Frauenquote erfüllt, braucht es für die kniffligen Dinge immer den Mann, woraufhin ihn dann ein Mädchen regelmäßig voll toll finden darf: sweet as!

„Explorer Academy“ – das Cover des 2. Bandes
(Illustration: Antonio Javier Caparo)

In der Explorer Academy-Reihe von Trudi Trueit sind bisher folgende Bände erschienen:
Band 1: Das Geheimnis um Nebula
Band 2: Die Feder des Falken
Band 3: Die Doppel-Helix (voraussichtlicher Erscheinungstermin: September 2019)
Band 4: im Englischen „The Star Dunes“, der deutsche Titel steht noch nicht fest (voraussichtlicher Erscheinungstermin August 2020)

Darüber hinaus gibt es im Englischen sogenannte Activity-Formate, wie zum Beispiel „Explorer Academy Codebreaking Activity Adventure“ und „Explorer Academy Ultimate Activity Challenge“ – ob diese auch auf Deutsch erscheinen werden steht noch nicht fest.

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