CSR-Brille #5: Von Sinn und Unsinn der Nachhaltigkeitsberichte (Teil 2)

BILD: Der GRI-Standard ist kein Zuckerschlecken (Cookies von der GRI-Konferenz in Amsterdam aus dem Jahre 2013)

Bild: Der GRI-Standard ist kein Zuckerschlecken (Cookies von der GRI-Konferenz in Amsterdam aus dem Jahre 2013)

Vor rund 15 Jahren haben die ersten Unternehmen in Österreich angefangen, Nachhaltigkeitsberichte zu schreiben. First Mover waren Unternehmen wie die Telekom oder der Energieversorger EVN. Damals war es en vogue, lediglich einzelne Projekte zu kommunizieren, anstatt ein dahinterliegendes Managementsystem zu entwickeln. Inzwischen wird an einer gesetzlichen Richtlinie für die CSR-Berichterstattung gearbeitet und der globale Trend von Großunternehmen geht dahin, Nachhaltigkeitsinformationen in die Geschäftsberichte zu integrieren. Aber wie wählt ein Unternehmen überhaupt die Inhalte und Kennzahlen aus, die sich in einem Nachhaltigkeitsbericht wiederfinden?

Was steht drin: Standards in der Berichterstattung

Grundsätzlich kann jedes Unternehmen in einen so genannten CSR- oder Nachhaltigkeitsbericht rein schreiben was es will. Aber: Es gibt ähnlich den Vorgaben für einen Geschäftsbericht, den Unternehmen ab einer gewissen Größe veröffentlichen müssen, ein Leitsystem mit Indikatoren. Das bekannteste Regelwerk wird von der in Amsterdam ansässigen Organisation „Global Reporting Initiative“ herausgegeben. Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann sich in die, in Fachkreisen sogenannte „Bibel“ einlesen und sich durch 98 Seiten Leitlinien und die 270 Seiten starke Umsetzungsanleitung ackern. 95% der Berichterstatter in Österreich orientierten sich 2014 übrigens an diesen Leitlinien (laut Vergabestelle des Preises für Nachhaltigkeitsberichte in Österreich – Austrian Sustainability Reporting Award)

Wenn sich Unternehmen wirklich Gedanken gemacht haben, dann sind in einem Nachhaltigkeitsbericht Themen abgedeckt, die das Kerngeschäft und Handeln sowohl in der Gegenwart als auch für die Zukunft maßgeblich beeinflussen – und unmittelbar oder mittelbar vom Unternehmen gesteuert werden können. Das Stichwort „Wesentlichkeit“ geistert in diesem Zusammenhang seit einigen Jahren durch alle Berichte. Auf den Punkt gebracht: Es macht keinen Sinn, wenn eine Bank drei Seiten über die Mülltrennung referiert. Bei einem Finanzinstitut will ich ganz einfach wissen, wohin das Geld der Kundinnen und Kunden fließt. Unternehmen sollen insgesamt berichten, was sie in ihrem Tagesgeschäft tun, warum sie es tun und sie sollen zeigen, dass sie es mit Weitblick tun – und das Ganze bitte möglichst glaubwürdig, konsistent, nachvollziehbar, vergleichbar und leicht verständlich. Ein Nachhaltigkeitsbericht ist und bleibt ein schwieriges Unterfangen!

Der Weg ist das Ziel

Fazit ist, dass bei jedem Unternehmen der Großteil der Arbeit für einen Nachhaltigkeitsbericht hinter den Kulissen der Broschüre passiert. Unternehmen überlegen sich ganz genau, welche Informationen und Daten sie veröffentlichen. Der ganze Prozess der Berichterstellung (gerade bei Erstberichten) kann sogar bis zu einem Jahr dauern. Die Erfahrung zeigt: Der Weg ist eindeutig das Ziel. Die unzähligen Diskussionen und jegliche Auseinandersetzung mit der Validität von Stromverbrauchsdaten, Meetings mit Abteilungen, die ansonsten wenig miteinander zu tun haben, können unternehmensintern dazu beitragen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich der Auswirkungen der eigenen Tätigkeiten im Betrieb stärker bewusst werden. Bei Klein- und Mittelbetrieben geht es dagegen oft einfach einmal darum, die eigene Unternehmensgeschichte aufzuschreiben und die Werte des Unternehmens mit Kennzahlen zu füllen.

Hochglanzbroschüre oder gehaltvolle Lektüre? Ein Nachhaltigkeitsbericht kann beides sein.

Hochglanzbroschüre oder gehaltvolle Lektüre? Ein Nachhaltigkeitsbericht kann beides sein.

Von Kinderbüchern, Glitzerpapier und Comics

Neben dem Inhalt soll es aber dann für manche Unternehmen noch besonders kreativ werden. Da dürfen dann zum Beispiel die Kinder des Betriebskindergartens Bilder mit Blumen und Bäumen malen, die dann in langwierigen Sessions wieder auf „zweifelhafte“ Formen hin ausgemustert werden müssen. Und dann gibt es tatsächlich CEOs, die die Papierstärke und -qualität des jährlichen Nachhaltigkeitsberichtes eigenhändig und mit größter Sorgfalt aussuchen. Ob das der Thematik im Unternehmen weiter hilft, lässt sich diskutieren.

CSR-Facts zum Weiterdenken

  • Pro Jahr erscheinen aktuell weltweit rund 8.000 Nachhaltigkeitsberichte.
  • Die meisten Nachhaltigkeitsberichte werden weltweit gesehen nach wie vor in Europa veröffentlicht.
  • Die inhaltliche Qualität von Nachhaltigkeitsberichten ist aus Sicht von Analysten, die mit den veröffentlichten Daten arbeiten und die Unternehmen nach den ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Tätigkeit bewerten, noch deutlich verbesserungswürdig.

CSR-Links zum Weiterlesen bzw. -hören

Über mich – Annemarie Harant: Geboren in München und aufgewachsen in einem 100% Öko-Haushalt, arbeitete über 5 Jahre für die Unternehmensberatung brainbows – the information company im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement mit Großunternehmen und durchlief davor verschiedene Stationen im Nachhaltigkeitsbereich der ÖBB, Fairtrade und der Unternehmensplattform respACT. Seit 2011 stehe ich als Co-Gründerin des Start-ups erdbeerwoche. Nachhaltige Frauenhygiene. DIE NEUE GENERATION. nun selbst vor der täglichen Herausforderung nachhaltiges Handeln im eigenen Unternehmen umzusetzen.

VERWANDTE ARTIKEL