Buchrezension: »Ich bin keine Heldin«

Carla del Ponte erzählt die Geschichte des IStGH. Ein Buch für alle, die Völkerrecht gerne als persönliche Geschichte erzählt bekommen.

Das Cover des Buchs, im Hintergrund ein Fotos der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Bild: istock/thehague
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Bild: istock/thehague

Niemand Geringerer als die Chefanklägerin (1999–2007) der ersten beiden Tribunale des Internationalen Strafgerichtshofs, Carla Del Ponte, liefert im Buch »Ich bin keine Heldin« eine einfach verständliche, schnelle Geschichte des Völkerrechts, die, je näher wir der Gegenwart kommen, immer persönlicher wird. Dazu auch nach wie vor dringend gebrauchten Kontext zu dessen Verständnis von »Genozid« oder »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«. Mit deutlich mehr Meinung und Offenheit gespickt, als Materie und Profession (vor der Pensionierung zuletzt Schweizer Botschafterin) das nahelegen, würdigt die aus der Pension für die Kommission zur Untersuchung der Kriegsverbrechen in Syrien zurückgeholte und von dieser zurückgetretene (»2017 hatte ich die Nase voll davon, gegen Wände zu rennen«) Carla Del Ponte den 2002 dauerhaft institutionalisierten Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.

Die Möglichkeit, in internationalen Konflikten Menschen persönlich zur Rechenschaft zu ziehen, beschreibt sie als Durchbruch – Gerechtigkeit für die Opfer als das Ziel. Dabei klärt sie auf: »Es ist nicht die Kultur, kein jahrhundertealter, ethnischer Hass, der die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien hervorgebracht hat. Sondern es sind Menschen, die diese Verbrechen begehen, und Menschen, die andere dazu anstiften.« – Die abschreckende Wirkung, die von den Gerichtsurteilen hätte ausgehen sollen, habe allerdings nie eingesetzt.

Dieses Buch erinnert daran, wie wertvoll, fragil und defekt die zivilisatorische Errungenschaft internationaler Gerichtsbarkeit ist. Es erklärt, inwiefern diese schon in ihrem Tätigwerden aber abhängig von der UNO und deren Sicherheitsrat ist. Del Ponte lässt gleichzeitig keine Zweifel daran aufkommen, dass in ihren Augen nicht russische oder chinesische Politik die bisher größte Gefahr für den noch jungen Gerichtshof in Den Haag darstellt: »Es kann doch nicht sein, dass sich die Geburtshelfer der internationalen Justiz zurückziehen, sobald sie merken, dass auch sie sich ihr beugen müssen.«

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BIORAMA #78

Dieser Artikel ist im BIORAMA #78 erschienen

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