BirthStrike: Antwort auf die Klimakrise?

Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst gegen eine Familiengründung und damit für den Klimaschutz.

Aufgrund der Klimakrise entscheiden sich immer mehr junge Menschen dazu, keine Kinder zu bekommen. Bild: Finmiki, Pixabay.
Aufgrund der Klimakrise entscheiden sich immer mehr junge Menschen dazu, keine Kinder zu bekommen. Bild: Finmiki, Pixabay.

»Unser Planet ist am Kollabieren. Ich bin so enttäuscht von den Antworten der Politik auf die Klimakrise und mache mir solche Sorgen, dass ich beschlossen habe, keine Kinder in die Welt zu setzen«, sagte die britische Sängerin Blythe Pepino, 33, in einem Fernsehauftritt bei BBC. Auch Miley Cyrus, amerikanischer Popstar, sieht die Thematik ähnlich. »Solange ich nicht das Gefühl habe, dass mein Kind auf einer Erde mit Fischen im Wasser leben würde, werde ich keine weitere Person in die Welt setzen, die damit umgehen muss«, sagte sie kürzlich in einem Interview mit Elle.

Und damit sind sie nicht die Einzigen. 1800 FollowerInnen hat die Twitter-Seite namens BirthStrike mittlerweile. BirthStrikerInnen haben sich dazu entschieden, dass sie aufgrund der Klimakrise keine Kinder zeugen wollen. Unter ihnen sind junge Frauen und Männer, die eigentlich einen Kinderwunsch verspüren.

Warum also das Ganze? Für diese Entscheidung sprechen zwei Hauptargumente. Zum einen wollen BirthStrike-AnhängerInnen ihre (ungeborenen) Kinder nicht den drohenden Folgen des Klimawandels aussetzen. Sie sind der Meinung, dass die Lebensbedingungen in 50, 60 Jahren so schlecht sein werden, dass es unverantwortlich wäre, sein Kind dieser Welt auszusetzen.  Zum anderen ist der Geburtenstreik klimafreundlich. Jeder Mensch verursacht im Laufe seines Lebens riesige Mengen an Emissionen. Keine Kinder in die Welt zu setzen, spart diese.

Kinderloses Leben spart am meisten CO2e

BirthStrike ist durchaus ein radikaler Ansatz. Er ist aber begründet. Viele der AktivistInnen berufen sich auf eine Studie aus dem Jahr 2017 von Kimberly Nicholas, Professorin für Nachhaltigkeitsstudien an der schwedischen Lund Universität, und Seth Wynes von der University of British Columbia in Kanada. Sie untersuchten, wie einzelne Menschen am besten zum Klimaschutz beitragen können. Basis der Studie waren 39 Einzelstudien und knapp 150 Szenarien in zehn Industrieländern. Das Ergebnis ist eindeutig: Um die eigene Umweltbelastung gering zu halten, ist es am effektivsten, keine oder weniger Kinder zu bekommen. Die drei weiteren empfohlenen Maßnahmen sind: kein Auto besitzen, nicht fliegen und eine pflanzenbasierte Ernährung.

Die Maßnahme, ein Kind weniger zu bekommen, führt bei der Emissionseinsparung mit riesigem Vorsprung. Ein Kind weniger zu haben, spart durchschnittlich 58,6 Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e) pro Jahr. Auf Platz zwei steht das autofreie Leben mit 2,4 Tonnen eingesparten CO2e. Wer aufs Fliegen verzichtet oder sich pflanzenbasiert ernährt, verursacht 1,6 und 0,8 Tonnen CO2e weniger pro Jahr.

Screenshot, Link zur tumblr-Seite von BirthStrike.

Geburtenrückgang hilft erst unseren Ur-Ur-Ur-Urenkeln

Ob ein Gebärstreik die richtige Antwort auf die Klimakrise ist, ist aber trotz der überzeugenden Zahlen umstritten. Geht man rein von den CO2e Ausstößen von Einzelpersonen aus, ist ein kinderloses Leben laut der 2017 veröffentlichten Studie eine effektive Maßnahme für den Klimaschutz. In dieser Studie, auf die sich übrigens die meisten BirthStrikerInnen beziehen, geht es aber nur um die Auswirkungen des Lebensstils von Einzelpersonen auf den Klimawandel. Die Studie umfasst aber nicht, in welchem Ausmaß die Industrie zur Klimakrise beiträgt.

Ein Geburtenrückgang ist außerdem eine langfristige Maßnahme. Um den Klimawandel zu stoppen, braucht es aber (auch) kurzfristige Lösungsansätze. Einer Studie der The University of Adelaide, Australien, zufolge, hat eine niedrige Geburtenrate zwar Vorteile für Umwelt und Gesellschaft, würde aber erst unseren Ur-Ur-Ur-Urenkeln zugutekommen.

Letztlich stellt sich die Frage, wie effektiv es ist, wenn die Menschen, die sich sowieso schon für den Klimaschutz einsetzen, in einen Gebärstreik treten, während die, die bei jedem Einkauf ein Einweg-Plastiksackerl verbrauchen, weiterhin Kinder bekommen. Würden KlimaaktivistInnen nicht eh erpicht darauf achten, dass sie und ihre Nachkommen klimafreundlich leben?

Wie auch immer man zum BirthStrike steht: ob er die beste Antwort auf die Klimakrise ist, lässt sich diskutieren. Klar ist aber, dass die AktivistInnen aus einem klaren Grund an die Öffentlichkeit gegangen sind. BirthStrike ist ein politisches Statement. BirthStrikerInnen wollen endlich drastische Veränderungen der Klimapolitik. Sie fordern die Politik und die Wirtschaft dazu auf, zu handeln – und zwar mit großen Schritten. Erst dann würden die jungen Frauen eine Familie gründen.

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