Frische Luft für Paris

Yellow bike
Fünf Tage hintereinander wurde die Feinstaubbelastungsgrenze in Paris überschritten. Und das in extremen Maßen. Die französischen Behörden haben nun eingegriffen: Vorerst dürfen Autos nur mehr jeden zweiten Tag benutzt werden. Eine Option auch für andere Städte?

Trotz ständig neuer Richtlinien der EU und Warnungen der WHO (World Health Organisation), schaffen es die Städte nicht, die Feinstaubbelastung zu minimieren. Doch das hat böse Folgen: Jährlich sterben 2,1 Million an den Folgen der hohen Feinstaubwerte, alleine in Europa sind es rund 150.000 Todesfälle. In Paris wurden nun zu härteren Maßnahmen ergriffen und eine Vorschrift eingeführt, die besagt, dass jedes Auto jeden zweiten Tag stehen muss – abwechselnd die mit gerader oder ungerader Kennzeichentafel. Eine Sonderregelung besteht für Berufsfahrzeuge (Taxis, Busse und Rettungswägen), die wie gehabt in der Großstadt fahren dürfen.

Keine schlechte Idee um die Leute vermehrt zur Benutzung anderen Beförderungsmethoden, wie der Metro, Bus, Fahrrad oder E-Cars, zu bewegen. Unterstützend sind die öffentlichen Verkehrsmittel, sowie die Bereitstellung einiger Parkplätze seit dem Inkrafttreten der Maßnahme gratis.

 

Ein weltweites Problem

In einigen anderen Städten wurden schon öfter Versuche desgleichen unternommen, wie zum Beispiel in Athen und Peking. „Peking ist wegen der Luftverschmutzung für Menschen kaum bewohnbar“, berichtet die Süddeutsche Zeitung im Februar 2014. Denn die Feinstaubwerte der chinesischen Hauptstadt erreichen immer öfter mehr als 400 Milligramm pro Kubikmeter. Gesund sind laut Berechnungen der WHO maximal zehn Milligramm. Denn Feinstaub ist trotz seiner minimalen Größen (der Durchmesser ist kleiner als ein Hunderstel Millimeter) eine extreme Belastung für unsere Gesundheit, führt zu Herz-Kreislaufkrankheiten, Allergiesympthomen und einer Zunahme von asthmatischen Anfällen. Es ist an der Zeit, für Regierungen etwas gegen diese Problematik zu unternehmen.

 

Doch warum denn eigentlich nicht?

Nicht nur für Metropolen wie Peking, Athen und Paris ist das ein Thema. Auch im feinstaubgeplagten Graz ist nun genau diese Angelegenheit wieder im Gespräch: Es wird überlegt einen autofreien Tag in der Woche ab Oktober 2014 einzuführen.

In Paris wird die Vorschrift vor allem von den Oppositionsparteien kritisiert. Das Das ganze sei ein Mittel zum Zweck gewesen, um möglichst viele Stimmen für die nun bereits stattgefundenen Kommunalwahlen in Frankreich einzuholen. Auch die großen Autokonzerne sprechen sich gegen die Vorschrift aus – Wachstum verzeichnen sie ohnehin nur mehr in China, Indien, Russland. Der Absatzmarkt in Europa würde durch die Maßnahme zusätzliche Einbußen erleiden.

Denn auf in den Ballungszentren unseres Kontinents, ist es tatsächlich so, dass die Zahlen der Autobenutzer sinken. In Wien etwa werden laut Berichten des VCÖ (Verkehrsclub Österreich) bereits ¾ der Alltagswege ohne Auto zurückgelegt, also das Fahrrad, die Öffentlichen Verkehrsmittel oder der Fußweg bevorzugt. Durch den ständigen Anstieg von Spritpreisen, dem Ausbau der Bahnlinien und Fahrradwege, sowie durch die Einführung des Parkpickerls im Westen Wiens, steigt dieser Trend seit mehreren Jahren stetig. Wären da nicht festgelegte autofreie Tage auch für Wien eine Möglichkeit? Nicht zuletzt wegen der Luft- und Lärmbelastung, die auch in der österreichischen Bundeshauptstadt Tatsache ist, sondern auch weil laut VCÖ bei weniger Autos mehr Menschen auf der Straße wären? Wäre es nicht interessant zu sehen, wie sich das System auf unsere Gesellschaft auswirken würde?

 

Das Ende der Qual der Wahl

Tatsächlich in Frage zu stellen ist das System der Regulierung bezüglich der geraden und ungeraden Kennzeichentafeln. Wäre es nicht praktikabler den Leuten die Wahl zu lassen, an welchen Tagen sie ihr Auto stehen lassen und an welche sie es benutzen? Denn das eigentliche Problem der neuen Regulierung, das, woran sich die meisten stoßen werden, ist die vermeintliche Bevormundung des Bürgers und das Gefühl der Einschränkung. Wir sind die unbegrenzten Möglichkeiten genauso wie das zügellose Wachstum gewöhnt. Wir kennen keinen Grenzen und keinen Halt. Und diese Einschränkung ist nicht nur eine Richtlinie, es ist ein Verbot einen alltäglichen Gegenstand zu nutzen, so wie wir es gewohnt waren. Dass dadurch einige Stimmen laut werden und sich gegen die Oppression des Staates aussprechen, ist vorauszusehen. Doch ist es in diesem Fall notwendig, dass der Staat eine Grenze zieht. Denn so hoch wie die derzeitige Luftverschmutzung ist, so hoch, dass manche Städte eigentlich nicht bewohnbar sind, kann man nicht weiter machen. Einen Schlussstrich mittels einer Vorschrift wie dieser zu ziehen, ist anscheinend die einzige Möglichkeit. Sonst bleibt uns allen eines Tages die Luft weg.

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