Wirkung und Nebenwirkung

Unternehmer und unermüdliche Enthusiasten, die ihr Leben einer nachhaltigen Nische widmen – vom veganen Lebensmitteleinkauf über Öko-Investment bis zur Social Entrepeneurship. Was denken solche Menschen über Geldanlagen und wie gehen sie mit ihrem eigenen Geld um? Reden wir übers Geld. 

 

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Marie Ringler
Länderdirektorin von Ashoka Österreich
austria.ashoka.org

Die Gesellschaft verändern, das war und ist ihr Ziel. Früher in der Kunst, später in der Politik und heute bei der österreichischen Niederlassung des weltweit größten Unterstützungsnetzwerks für soziale Unternehmer. »Insofern ist es wahrscheinlich logisch, dass ich mir zu nachhaltigen Geldanlagen immer Gedanken gemacht habe«, sagt Marie Ringler. Das wenige Angesparte soll nicht dorthin fließen, wo es möglicherweise zur nächsten Finanzkrise beiträgt. Apropos Finanzkrise und ihre Ursachen: Während sich die studierte Soziologin und Politikwissenschaftlerin damit eingehender beschäftigt, setzt sie sich auch mit Banken und Alternativmodellen auseinander. Ringler fasst den Entschluss, einen Teil ihrer finanziellen Mittel in einen der WWF-Ökofonds zu veranlagen: »Ich habe dafür eine Bank ausgewählt, bei der ich weitgehend den Eindruck habe, dass sie das geringste Übel ist und mich dort für ein Finanzprodukt entschieden, dass gewissen sozialen und ökologischen Kriterien folgt.« Darüber hinaus legt die ehemalige Gemeinde- und Landtagsabgeordnete der Wiener Grünen ihr Geld auf ein Sparkonto der GLS Bank, für sie die glaubwürdigste Bank in Europa. Und weil es davon nicht allzu viele gibt, engagiert sie sich für das Projekt Bank für Gemeinwohl. Und hofft, dass diese Bank eines baldigen Tages auch in Österreich zur Alternative wird – für Sparer, die wissen wollen, dass mit ihrem Geld Kredite für sinnvolle Projekte gespeist werden.

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Max Deml
Chefredakteur des Print-Informationsdienstes Öko-Invest
www.oeko-invest.de

Während eines Auslandsstudiums in Wien in verschiedenen friedenspolitischen Gruppierungen tätig, brachte den gebürtigen Bayer 1982 das Skandalthema »Österreich liefert Waffen an lateinamerikanische Militärjuntas« zu einer Erkenntnis, die sein Leben verändern sollte: Einflussnahme mit nur einer Aktie. Denn der über 200 Studenten umfassenden »Initiative Steyr-Aktionäre für Umrüstung« – zusammen mit sozialistischen und katholischen Jugendorganisationen – war es gelungen, dass einer der vier für die Export-Genehmigung zuständigen Minister sein Veto einlegte. Die Panzerexporte nach Chile konnten somit in letzter Minute verhindert werden. Später wollten Max Deml und seine ehemaligen Mitstudenten ihr erstes verdientes Geld ethisch veranlagen: »Damals gab es nur wenige solche Anlagemöglichkeiten. Um sie ausfindig zu machen, haben wir zuerst ein Forschungsinstitut gegründet. Ein Jahr später entstand daraus der Öko-Invest Verlag.« Seit nunmehr über 22 Jahren informiert sein Börsenbrief über Investments mit Verantwortung und stellt ein Musterdepot vor. An einigen der unter anderem in den Bereichen Erneuerbare Energien, Wasseraufbereitung und Mikrokredite tätigen Unternehmen ist Deml selber beteiligt: »Ich bin ein ziemlich untypischer, risikobereiter Anleger und habe seit Jahrzehnten kein Sparbuch, dafür fast alles in börsenotierten und nicht notierten Aktien bzw. Genossenschaftsanteilen investiert.«

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Stefan Maran
Geschäftsführer und Gründer von Maran Vegan
www.maranvegan.at

Nach zwei Jahren Schaffenspause auf dem eigenen Bauernhof hat er sich vorigen Sommer auf der kaufmännischen Bühne Österreichs zurückgemeldet – mit dem ersten veganen Supermarkt des Landes. Schon 1998 war der gebürtige Rumäne mit dem ersten Bio-Supermarkt Österreichs Vorreiter. Nach zwölf Jahren und dem Aufbau von sechs Märkten war das Ehepaar Maran enttäuscht über die zunehmende Industrialisierung des biologischen Landbaus und verkaufte 2010 seine Geschäfte. Der Verkaufserlös sollte nicht am Konto durch die Inflation dahinschmelzen sondern Früchte tragen. Und da er Risiko noch nie gescheut hat, begann Maran mit einem Teil des Kapitals zu spekulieren. 80 Prozent davon investierte er in Aktien unterschiedlichster – meist grüner – Unternehmen und machte Verluste. »Die konnte ich dann ausgleichen, weil ich unter anderem mit Autoaktien wie Daimler, Volkswagen und Porsche Gewinne einfuhr. So bin ich noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Derzeit stecke ich mein Geld lieber wieder in mein Geschäft, da habe ich die volle Kontrolle und kann rechtzeitig eingreifen. Als Kleinstaktionär kann man das nicht.« Die Börse ist für Maran nur mehr ein Lotteriespiel. Würde er heute in andere Unternehmen investieren, wäre für ihn Crowdfunding die beste aller Alternativen.

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Dieter Rappold
Gründer und Geschäftsführer von VI Knallgrau
www.knallgrau.at

In Social-Media-Angelegenheiten gilt er als Experte. Nicht so verhält es sich mit der Geldanlage: »Als Anleger bin ich schlecht. Denn als Unternehmer war ich sehr früh mit Beträgen konfrontiert, die weit über meinem privaten Rahmen liegen. Im Vergleich zu den monatlichen Lohnkosten unserer Firma ist mein Erspartes vernachlässigbar und mir keine Veranlagungsüberlegung wert.« Vor mehr als zwölf Jahren gründete Dieter Rappold mit drei Freunden »die tausendste New-Media-Agentur, auf die keiner gewartet hat«. Kurz darauf platzte die Internet-Blase und viele Firmen gingen Pleite, nicht so Rappolds Knallgrau: »Wir haben Homepages kreiert, für wenig Geld viel gearbeitet und waren voll Energie, Neugier und Lernbereitschaft.« Später verkauften die Mitbegründer ihre Anteile und Rappold blieb als alleiniger Geschäftsführer mit einer »Riesenverantwortung« zurück. Der tägliche Kampf ums unternehmerische Überleben in den vielen Jahren hat ihn geprägt: »Am Ende des Tages ist es meine zentrale Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Unternehmen lebensfähig bleibt.« Damit das auch anderen Unternehmern gelingt, unterstützt der Privatmann Rappold solche in der Dritten Welt – z.B. über Mikrokredit-Projekte von Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus.

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Richard Lernbass
Gründer und Geschäftsführer von Software-Systems
www.software-systems.at

Anfang der 90er Jahre will der Kärntner den Erlös aus dem Verkauf seines Spielzeuggeschäfts sinnvoll anlegen und ist unzufrieden mit dem, was Finanzinstitute anbieten. Er nimmt die Sache selbst in die Hand und gründet den Finanzdatenservice Software-Systems: »Wenn man etwas bewirken wollte, konnte man das damals nur über die Investition in bestimmte Länder, Branchen und Unternehmen bzw. in dem man andere mied, die offensichtlich mit Gentechnik oder mit Rüstung zu tun haben.« Ethisches Investment hat aber für Richard Lernbass immer mehr bedeutet: »Ich muss wissen, welche Wertvorstellungen ich habe und suche mir dann die Unternehmen aus, die diesen am Nächsten kommen. Das Wichtigste ist also die inhaltliche Komponente. Auf einem Unternehmen oder Finanzprodukt muss nicht Nachhaltigkeit draufstehen, sondern drinnen sein.« Ob der Inhalt den Vorgaben entspricht, dabei helfen die vom Kärntner Finanzdienstleister entwickelten Kennzahlen und Tools. Sie haben auch Lernbass’ eigenes Aktienportefeuille zu einem wirkungsvollen gemacht. Doch seiner Meinung nach unterschätzen private Anleger noch immer die Möglichkeiten der Einflussnahme: »Dabei ist die aufdeckerische Bedeutung von Twitter, Facebook und NGOs weltweit gewaltig. Doch das gibt es nur, weil die Bewegung von Investoren ausgeht.«

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