Versuch alternative Süßung!

Zuckeralternativen, die ohne Saccharose süß schmecken. Wie geht das?

Stevia Staude
Stevia kommt aus Paraguay und Brasilien, als synthetischer Stoff aus den USA und China. Bild: Istock.com/HansPeterK.

Diese sechs Zuckeralternativen haben in ihrer Süße eine andere chemische Zusammensetzung als Rüben- und Rohrzucker aus Saccharose.

Yacón

Die »Inkawurzel« Yacón, die der Süßkartoffel optisch stark ähnelt, wird in Peru von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern nach europäischen Standards kontrolliert biologisch angebaut, von Hand geerntet und nach Österreich und Deutschland exportiert, wo das Produkt weiterverarbeitet wird. Da die Pflanze sehr anpassungsfähig ist, ist sie auch im Direktverkauf vereinzelt bei österreichischen und bayerischen Biolandwirten erhältlich, aber auch für den Anbau im Garten geeignet. Für die Verwendung als Süßungsmittel muss die Wurzel entsaftet werden, sie besteht zu 90 Prozent aus Wasser. Anschließend wird der Saft entweder zu Sirup eingekocht oder so lange dehydriert, bis die Rückstände zu Pulver gemahlen werden können. Yacón ist halb so süß wie Rübenzucker und schmeckt nach einer Mischung aus Melone und Birne. Für die Süße ist Oligofruktose verantwortlich. Dieser Mehrfachzucker und das ebenfalls enthaltene Inulin können als Ballaststoffe im Darm nicht von Verdauungsenzymen abgebaut werden und gelangen in den Dickdarm, wo sie nützliche Darmbakterien nähren. Die Wirkung dieser Ballaststoffe auf die Verdauung und Darmflora wird vom deutschen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als positiv bewertet. Außerdem enthält Yacón Mineralstoffe wie Kalzium, Kalium, Eisen und Magnesium und hat einen glykämischen Index, der sich auf die Verstoffwechslung der Kohlenhydrate bezieht, von eins und 245 Kalorien pro 100 Gramm.

Stevia

»Da Steviolglycoside in der EU als neuartige Lebensmittel gelten, sind sie außer in Teemischungen nicht als Lebensmittel zugelassen.«

Stevia ist eine südamerikanische Staude und wird als synthetisches Süßungsmittel, das auf dem europäischen Markt erhältlich ist, überwiegend aus den USA und China importiert. In den Blättern sind bis zu zwölf verschiedene wasserlösliche Steviolglycoside enthalten, die 30 Mal süßer als Zucker sind. Da sie in der EU als neuartige Lebensmittel gelten, sind sie außer in Teemischungen nicht als Lebensmittel zugelassen, aber aus bio-zertifiziertem Anbau aus Paraguay, China, seltener auch aus Spanien und Portugal als getrocknete Blätter oder Pulver in Rohkostqualität unter der Bezeichnung »Zahnpflegeartikel« und »Badezusatz« erhältlich. Der industriell gewonnene Süßstoff E960 ist seit 2011 zugelassen. Über ein mehrstufiges Verfahren werden die beiden Bestandteile Steviosid und Rebaudiosid A isoliert und extrahiert.

Das synthetische Stevia ist bis zu 400 Mal süßer als Zucker und als durchsichtige Flüssigkeit oder in kristalliner Form erhältlich, da die Pflanzenrückstände mit Harzen, Aluminiumsalzen und dem Austausch von Ionen entfärbt wurden. Stevia hat einen lakritzigen, bitteren Nachgeschmack, keine Kalorien und ist für DiabetikerInnen geeignet, mit einem glykämischen Index von null. Allerdings ist beim Kauf zu beachten, dass in den Inhaltsstoffen keine kohlenhydrathaltigen Füllstoffe wie Polydextrose und Maltodextrin gelistet sind. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit stuft die Tagesdosis von 4 Milligramm Stevia pro Kilogramm Körpergewicht als unbedenklich ein; bei 70 Kilo Körpergewicht entspricht dies 0,28 Gramm, einer Messerspitze Stevia.

Der glykämische Index (GI) beschreibt die Auswirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. Je höher der Wert ist, desto schneller steigt der Blutzucker an. Außerdem dient der GI als Richtwert zur Vorbeugung von Übergewicht, Diabetes und Herzkrankheiten. Der saccharosehaltige Rübenzucker hat einen GI von 60.

Reissirup

Der dickflüssige, honigähnliche Sirup ist in Japan ein Süßungsmittel mit jahrhundertealter Tradition und wird aus Naturreis gewonnen. Für den auf dem europäischen Markt erhältlichen Bioreissirup wird der Rohstoff in Frankreich und Italien durch Trockenanbau, zu 90 Prozent aber in China, Indien, Pakistan und Thailand von Fairtrade-Kleinbauern kontrolliert biologisch angebaut, wobei nur natürliche Dünger eingesetzt werden. Verarbeitet wird der auf dem europäischen Markt erhältliche Sirup in Italien, aber auch in Österreich und Deutschland. In der Herstellung wird Naturreis zu Reismehl gemahlen, eingekocht und mit gentechnikfreien Enzymen versetzt, die während der Fermentation die Zuckerstoffe aus der Reisstärke aufspalten.

Reissirup ist somit eine Art Getreidezucker, dessen Süße aus dem Malzzucker Maltose, Glucose und Oligosacchariden kommt. Das Süßungsmittel hat ein karamellig-nussiges Aroma und eine etwas geringere Süßkraft, 120 Gramm Reissirup entsprechen 100 Gramm Kristallzucker. Der glykämische Index liegt bei 98. Da der Körper den Mehrfachzucker erst in Einfachzucker aufspalten muss, wird der Zucker aber nur nach und nach in den Blutkreislauf aufgenommen. Der Sirup enthält keine Fruktose und wird besonders für Menschen, die empfindlich auf Histamin und Gluten reagieren, angepriesen. Pro 100 Gramm hat Reissirup 289 Kalorien.

Xylit

Xylit kann aus der Rinde von Birken gewonnen werden, weshalb der Süßstoff auch als Birkenzucker bekannt ist. Der Holzzucker fällt als Nebenprodukt der Papierherstellung an und wird unter anderem in Österreich, Finnland und Russland oft aus FSC-zertifiziertem Holz gewonnen. Da es aber kaum biozertifiziertes Holz gibt, wird Xylit in der Biovariante vor allem aus Reststoffen der biologischen Landwirtschaft in der EU hergestellt; etwa aus Stroh, Maiskolben und Getreidekleien. Durch den Einsatz von Schwefelsäure oder Natron und Temperaturen bis zu 200 Grad wird Xylose gewonnen und unter Hochdruck zu Xylit weiterverarbeitet. Bei der Produktion wird viel Wasser und Energie verbraucht, weshalb der CO2-Fußabdruck sehr groß ist. In der Süßkraft und im Geschmack ist Xylit mit Zucker vergleichbar, hat 40 Prozent weniger Kalorien und wie Erythrit die Eigenschaft, Karies vorzubeugen, da Bakterien sich nicht von dieser Art Zucker ernähren können. Im Mundraum erzeugt Xylit ein basisches Milieu und schützt so vor Zahnstein und Plaque. Der Zuckerersatz hat pro 100 Gramm 240 Kalorien, einen glykämischen Index von 11, kann ab 30 bis 40 Gramm pro Tag allerdings abführend wirken, die Menge, die man zu sich nehmen müsste, entspricht einer Süße von 10 bis 13 Stück Würfelzucker.

Birkensaft zapfen
Biolandwirt Mario Thauerboeck zapft Birkensaft. Bild: Monika und Mario Thauerboeck.

Erythrit

Der kristalline Zuckerersatzstoff ist auch als Xucker, Sucolin und Sukrin bekannt. Erythrit kommt zwar in vielen Obstsorten natürlich vor, wird aber synthetisch aus Maisstärke hergestellt. Überwiegend wird der Mais in China und Frankreich angebaut, zu Erythrit verarbeitet und in Deutschland und Österreich abgefüllt. Beim Fermentationsprozess, der mit der Herstellung von Wein vergleichbar ist, werden Hefekulturen zugesetzt, die Glucose in Zuckeralkohol umwandeln. Für eine Biozertifizierung von Erythrit muss nicht nur der Rohstoff – also der Mais – biozertifiziert und gentechnikfrei sein, sondern es muss auch auf den Einsatz der sonst üblichen Ionenaustausch-Technologie verzichtet werden, die die Zellreste des Rohstoffes entfernt. Der Süßstoff ist für DiabetikerInnen geeignet und für Menschen, die empfindlich auf Fruktose reagieren. Obwohl Erythrit wie Xylit Verdauungsbeschwerden hervorrufen kann, ist die Verträglichkeit mit 80 Gramm pro Tag doppelt so hoch. Im Vergleich zu Rübenzucker hat Erythrit eine Süßkraft von 60 Prozent, keine Kalorien und keinen Einfluss auf den Blutzucker- und Insulinspiegel, der glykämische Index beträgt null.

Kokosblütenzucker

Kokospalme
Die Kokospalmen müssen zur Gewinnung des Zuckers nicht gefällt werden. Bild: Istock.com/Suratwin.

»Zwei Mal täglich werden die Blütenstände angeritzt, um den langsam tropfenden Nektar aufzufangen, der so lange eingekocht wird, bis sich Zuckerkristalle bilden.«

Je nach Herkunftsland hat die Zuckeralternative Kokosblütenzucker unterschiedliche Aromen. Der beliebte malzig-karamellige Geschmack des biozertifizierten Kokosblütenzuckers, der in Österreich und Deutschland erhältlich ist, kommt von den karibischen Inseln, den Philippinen, aus Indonesien und Thailand. Das Produkt wird ausschließlich in Handarbeit von Fairtrade-Bäuerinnen und -bauern gewonnen. Zwei Mal täglich werden die Blütenstände angeritzt, um den langsam tropfenden Nektar aufzufangen, der so lange eingekocht wird, bis sich Zuckerkristalle bilden. Die Kokosnusspalmen müssen für diesen Vorgang nicht gefällt werden. Pro Palme und Tag können 70 Jahre lang vier Liter Nektar gewonnen werden, eine 500-Gramm-Packung des Zuckers entspricht ein bis zwei Liter Nektar. Die Süße kommt zwar aus Saccharose, Glucose und Fruktose und ähnelt dem handelsüblichen Zucker, allerdings beträgt der glykämische Index nur 35 und es bleiben viele Minerale wie Kalium, Eisen, Zink und B-Vitamine erhalten.

Eine kleine Auswahl von Biozuckern und Zuckeralternativen findest du hier.

Wer genauer wissen möchte, wie es mit der Einordnung eines Produkts als Zucker oder Süßungsmittel aussieht, findet bei der EFSA mehr dazu.

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