Vegane Leberstreichwurst zum Fettkakao

Die Köche Bild: Matthias Peyker

Die Köche
Bild: Matthias Peyker

So muss Festivalküche: Andi Dvorak und Matthias Peyker vom Label Fettkakao stellen sich für Youki 15, das Internationale Jugend Medien Festival von 19. bis 23. November, an den Herd. Was kredenzt wird, ist noch sehr vage, gestehen Andi und Matthias im Interview mit BIORAMA. Allerdings kommt ihnen eine Idee: Margarinebrote, vegane Leberstreichwurst und natürlich: Fettkakao. Gesucht: Küchenhilfen zum Brotscheiben schneiden und bestreichen.

 

BIORAMA: Was genau habt ihr auf dem Youki 15 vor?

Andi Dvorak: Wir kochen für die Leute, die beim Youki arbeiten, also die Belegschaft, und die Teilnehmer der Workshops. Wir werden die Küche aber auch offen gestalten, so dass jeder mitkochen kann.

Matthias Peyker: In den letzten Jahren haben wir immer darauf geachtet, dass wir offene Workshops gestalten. Wir hatten unseren Standort im Aufenthaltsraum des Medienkulturraums, und zu uns sind immer Leute gekommen, die dann einfach mitgemacht haben. So stellen wir uns das dieses Jahr auch vor. Schnippeln kann ja eh jeder.

Warum kocht ihr auf der Youki vegan und nicht vegetarisch? Könnte ja sein, dass mehr Menschen von eurem Gekochten essen würden, wenn’s vegetarisch wäre.

A: Das Youki hat letztes Jahr auch schon vegan gekocht. Für mich würde es auch nicht anders in Frage kommen, ich koche nur vegan. Eigentlich glaube ich, dass unsere veganen Gerichte mehr Leute einladen, weil eben Veganer dann auch mitessen können. Wenn’s nur ein vegetarisches Angebot gäbe, würde ich nichts davon essen. Das ist eher inclusive als ausgrenzend. Dass wir die Küche mit „vegan“ betiteln, ist vielleicht ein Problem, weil es manche abstößt. Wir werden ziemlich einfache und keine absurden Speisen zubereiten.

M: Ich finde es auch sehr lustig, etwas zu kochen, was eh auf jedem Speiseplan des öfteren steht und so mitzuteilen, dass ein Teil der Ernährung ohnehin vegan ist. Deswegen sind wir auch sehr skeptisch Fake-Fleisch-Produkte zu verwenden. Diese erfundenen veganen Sachen schrecken Leute eher ab. Alles andere macht sie vielleicht neugierig. Es geht um’s Aha-Erlebnis. Wir kochen ganz normale Sachen: Suppen, Fonds, Eintopf, Curry… Am letzten Abend machen wir etwas Besonderes.

Womit macht ihr das Curry?

A: Mit oder ohne Tofu.

M: Eigentlich sind die Gewürze viel wichtiger, als die Diskussion, ob ohne oder mit Tofu. Man kann auch Linsen verwenden. Mit den richtigen Gewürzen schmeckt’s immer gut.

A: Ich esse selten Curry mit Tofu, aber es ist gut. Ich sehe Tofu auch nicht als Fleischersatz, sondern dezidiertes Fake-Fleisch. Tofu ist eher ein traditionelles, eigenständiges Essen, vor allem in der asiatischen Küche.

Warum sollte man ein Ding essen, das so aussieht wie eine Ente, wenn man sich vegan ernährt?

M: Viele könnten ihre früher gewohnten Speisen vielleicht nicht loslassen. Es erfüllt sein Versprechen aber nicht so, weil’s einfach nicht nach Fleisch schmeckt. Es hat auch nicht die Konsistenz.

A: Ich mochte Fake-Fleisch eigentlich schon immer. Die Frage wie man es nennt, ist nicht relevant. Es ist auch gut, dass es diese Fake-Fleisch-Produkte gibt, dass man diese Küche auch nicht ausgliedert, diese traditionelle Küche in Mitteleuropa. Das ist eine kulturelle Sache, wie du sagst. Wir sind etwas gewohnt und gehen den Gewohnheiten auch nach. Das ist okay. Gleichzeitig finde ich es auch erfrischend, wenn Leute damit brechen. Es ging mir nie darum, andere zu kritisieren, weil sie ein Schnitzel essen. Ich will nur nicht, dass wegen mir ein Tier umgebracht wird. Ich will das tote Tier nicht auf meinem Teller haben.

„Rausch“ ist das Thema der heurigen Ausgabe von Youki – wie werdet ihr „Rausch“ in euer Küchen-Konzept eingliedern?

M: Wir müssen noch schauen, wie wir mit dem Thema kulinarisch umgehen können. Ein paar Einfälle hatten wir schon, wie zum Beispiel mit einem Schuss Alkohol zu kochen. Zuckerrausch ist auch eine Idee…

A: …oder so viel kochen, dass sich alle voll fressen und davon rauschig werden. Man kann es ja auch umdrehen und sich fragen, was man tun kann, um sich nicht zu berauschen oder vom Rausch runterkommt. Es gibt ja auch andere Formen des Rausches. Das müssen wir echt noch richtig ausarbeiten.

Andi, ist für dich auch der Verzicht auf Suchtmittel dabei wichtig? Dir wird ja nachgesagt, dass du aus der Nähe der Jugendkultur Straight Edge kommst.

A: Nein, das ist mir hier gar nicht so wichtig. Das Youki selbst thematisiert Rausch auf kritische Weise – welche Diskurse und andere Positionen gibt es dazu  usw.? Ich fasse das auch nicht so auf, dass man da Position bezieht, sondern verschiedene Denkmuster thematisiert.

Wie seid ihr darauf gekommen, auf einem Filmfestival zu kochen _ wie passen die zwei Dinge zusammen?

M: Wir waren die letzten zwei Jahre beim Youki dabei und das hat uns immer so großen Spaß gemacht und auch den Besuchern. Es war immer ein großes Fest. Wir haben uns überlegt, was könnten wir dieses Jahr wieder beitragen? Dann kam die Nachricht, dass das ehemalige Catering aufhört. Da ist uns der Einfall gekommen.

Workshop: Analoggrafik mit fettkakao Bild: www.youki.at

Workshop: Analoggrafik mit fettkakao
Bild: www.youki.at

Auf der Youki-Website ist zu lesen, dass ihr gegen Vorurteile der veganen Küche wie nicht sättigend, ekelhaft und esoterisch ankochen wollt. Seid ihr selbst oft auf diese Vorurteile gestoßen?

A: Vielleicht früher, heutzutage nicht mehr. Damals habe ich meine Augen auch einfach davor geschlossen, weil ich das nie als mein Problem gesehen habe. Also, wenn jemand kritisiert, wie ich mich ernähre, dann ist es ihr oder sein Problem, aber nicht meines. Ich habe natürlich eine Agenda, warum ich mich so ernähre – aus tierrechtlichen Gründen. Es ist mir auch wichtig, dass ich das transportiere, belehren möchte ich niemanden.

M: Es gibt richtig viele Leute, die fragen, was man als Veganer überhaupt isst. Viele Leute können sich darunter nichts vorstellen, weil es für sie z.B. essenziell ist, mit Eiern zu kochen. Seit ich mich vegetarisch ernähre, ist mir aufgefallen, dass Alltagsernährung oft vegan ist, wie Gemüsecurrys und -suppen.

Warum hast du dich vor kurzem entschlossen auf eine vegetarische Ernährungsweise umzustellen?

M: Mir macht es Angst, was man teilweise im Supermarkt kaufen kann und doch nicht weiß, woher es kommt. Ich habe mir dann gedacht, ich kann am einfachsten auf Fleisch verzichten. Mein Grund ist nicht wirklich ein politischer oder tierrechtlicher, sondern eher ein egoistischer. Ich versuche jetzt so viel wie möglich außerhalb von Supermärkten einzukaufen.

Ist dieser Schritt für dich nur eine Etappe oder schon das Ziel?

M: Vegane Produkte sind in dieser Marktwirtschaft genauso verhaftet wie alle anderen Produkte auch. Bei ihnen ist der Ursprung auch oft unklar. Das Ziel wäre dann eher Selbstversorgung, aber das ist in der Stadt nur schwer möglich.

Die Diskussion über die genaue Bedeutung von „vegan“ und “vegetarisch”  ist  immer brandaktuell.  Vegan ist zumindest alles, was nicht von Tieren stammt. Was darüber hinaus geht, sind individuelle Ausprägungen, Stichwort ethischer Veganismus. Was ist deine genaue Vorstellung von dem Lebensstil, Andi?

A: Ich will nicht, dass ein Tier umgebracht oder gequält wird, damit ich etwas zum Essen habe. Für mich soll niemand leiden, das betrifft Menschen und Tiere gleichfalls. Ich habe vor Jahren deshalb einen Schlussstrich gezogen. Für mich war und ist es einfach absurd etwas zu essen, was extra umgebracht werden muss.

Auch tierische Produkte wie Milch, Eier, etc.?

A: Das war für mich eine Konsequenz dessen. Zwei Aspekte waren für meine Entscheidung ausschlaggebend: Was industriell mit Tieren passieren, wie sie gequält und umgebracht werden, was mit Hühnern wegen Eiern passiert, dass sie grausam auf engstem Raum in Legebatterien gehalten werden. Allerdings, wenn ich irgendwo ein Ei finden würde, würde ich es wahrscheinlich auch essen, wenn ich das wollte. Für mich war die Entscheidung nie eine Frage des Geschmacks. Als Kind habe ich gerne Fleisch und Eier gegessen. Ich habe einfach Respekt vor anderen Lebewesen. Ein Leben mit tierischen Produkten ist ein ziemlich einfaches.

M: Glaubst du, wenn du in einer anderen Umgebung, viel näher zur Natur am Bauernhof, wo man das mitkriegt und eine Beziehung zu den Tieren entsteht, dass du anders denken würdest?

A: Wahrscheinlich hätte so ein Leben einen anderen Eindruck auf mich hinterlassen. Ich lebe aber in der Welt, in der ich lebe und deshalb sind das für mich die Konsequenzen.

Spielt Bio bei euch eine Rolle?

M: Ich vertraue dem Label „Bio“ nicht. Bio ist zu einem Markennamen geworden, das Essen auf eine höhere Ebene hebt. Viele denken Bio wäre gesünder. Erst gestern habe ich mit einem Lachsverkäufer vom Merkur geredet, der mir zwei verschiedene Lachssorten präsentiert hat, allerdings mit unterschiedlichen Zertifikaten. Bei dem einen könne man nicht sicher sein, ob die Lachse nicht mit Antibiotika gefüttert werden, hat er gesagt. Was unter dem Label Bio rennt, ist nicht transparent.

A: Bio-Zertifikate schreiben aber Richtlinien vor. Für mich ist Bio zweitrangig. Ich fand die Diskussion rund um Bio immer schon schwierig, weil ich sie als sehr elitär empfinde. Ich habe den Anspruch, dass es Essen für alle geben soll. Es gibt nicht zu wenig Essen für alle, das ist ein Blödsinn. Natürlich soll es hochqualitativ sein! Ich will keinen Scheiß essen, klar. Womit ich ein Problem habe ist, dass es für gewisse Zielgruppen nicht leistbar ist. Ich besorge meine Lebensmittel lieber wo anders, wenn ich die Zeit habe. Mit Veganismus passiert leider gerade genau das gleiche. Veganismus wird als Marketingtool zweckentfremdet. Mit unserem Kochevent möchte ich einfach zeigen, dass es Alternativen gibt, die nicht teuer sind und man Tiere nicht essen muss. Da wirkt uns die Marketingmaschinerie entgegen, die der Masse einbläut, Veganismus sei voll wichtig und super, deswegen kostet es mehr.

Ihr seid eigentlich Musiker. Habt ihr auch beim Kochen einen künstlerischen Anspruch?

A: Auf jeden Fall. Deswegen passt das Projekt auch in die Tradition unserer Workshops. Für mich ist das alles Kunst und Kochen ist sowieso die höchste Kunst.

M: Das Gefühl, das für die Zutaten notwendig ist, egal ob es die Zutaten für ein kulinarisches Gericht, ein Musikstück oder einen Film snid, kann man wohl sehr gut miteinander vergleichen. In der Musik geht es um einen Ausgleich von Höhen und Tiefen oder  bei der Malerei um Farbkomposition und beim Kochen von Saurem und Dumpferem, Süßem. Man will Akzente setzen. Bei der Musik sind es Frequenzen und beim Kochen Gewürze. Ein gutes Essen hat Grundzutaten: Das sind Salz, Säure und Süße. Ein solider Song basiert meistens auf Bass, Gitarre und Schlagzeug. Das stimmt natürlich nicht immer – es soll auch experimentiert werden.

A: Ich sehe da auch ganz starke Parallelen. Was ich beim Essen super finde ist, dass man es angreifen, ansehen, schmecken und riechen kann. Bei Kunstwerken ist das anders.

M: Man darf sie meistens nicht angreifen …

A: Genau. Man darf sie nicht angreifen, nicht abschlecken. Riechen tut’s manchmal. Hören…

Werdet ihr ab jetzt mehr Zeit in der Küche als im Studio verbringen?

M: Schauen wir mal, wie’s ankommt. Privat stehen wir ja sehr viel in der Küche.

A: Bei unserem Label Fettkakao hat Kochen immer schon einen großen Stellenwert gehabt. Deshalb auch der Name. Letztens habe ich für die Launchparty unserer Taschen eine Party veranstaltet, wo jeder etwas Spezielles zum Essen mitnehmen sollte wie z.B. Summerrolls, Muffins und ich habe vegane Leberstreichwurst gemacht.

M: Die hat wirklich nach Leberstreichwurst geschmeckt.

A: Weißt du was? Wir machen dieses Jahr Leberstreichwurstbrote. Letztes Jahr gab es auch Butterbrote, die können wir auch anbieten. Natürlich mit Margarine. Super Idee!

Wie ist das Fettkakao-Rezept entstanden?

A: Ich habe das ab und zu mal gekocht. Kakao ist fettlöslich, deshalb brate ich ihn in etwas Margarine an. Dann rühre ich Zucker dazu und gieße das Gemisch mit Sojamilch auf. Meine damalige Mitbewohnerin hat dann behauptet, ich würde einen Fettkakao kochen, dabei ist gar nicht so viel Fett drinnen.

 

Youki 15
International Youth Media Festival
19. bis 23. November 2013
Wels, Oberöserreich

www.youki.at

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