Stadt, Land, Fluss … Liebe

Der erste Spielfilm von Benjamin Cantu erzählt die Geschichte zweier junger Männer, die sich während ihrer Ausbildungszeit in einem Landwirtschaftsbetrieb ineinander verlieben. 

Mühsames Orientieren und vorsichtiges Herantasten. Das sind die zentralen Handlungen für die Protagonisten des Films. Aber auch dem Zuschauer werden diese Fähigkeiten vor allem zu Beginn von „Stadt Land Fluss“ abverlangt. Man weiß nicht: Ist es ein Dokumentarfilm oder ein Spielfilm? Sind es Schauspieler oder Laien, die hier agieren? Der Regisseur Benjamin Cantu setzt bewusst auf Grenzen verwischende Stilelemente, um die Geschichte einer jungen Liebe in der brandenburgischen Provinz zu erzählen. Cantu drehte nicht nur in einer „echten“ Agrargenossenschaft auch nahezu alle Personen im Film leben und arbeiten dort auch tatsächlich. Das Filmteam beobachtete mit der Kamera die Abläufe während der Erntezeit, die Ausbildung der Jugendlichen und das alltägliche Leben der Menschen. In diese Realität wurde die fiktionale Geschichte von Marko und Jakob eingewoben,  dargestellt von den Jungschauspielern Lukas Steltner und Kai-Michael Müller.

Marko ist Azubi der Genossenschaft, hat eine schwere Kindheit hinter sich und wirkt zurückgezogen, antriebslos und ohne rechten Plan für die Zukunft. Eines Tages kommt Jakob als neuer Praktikant in den Betrieb. Ohne viele Worte lernen sie sich langsam kennen. Schließlich reißen sie für einen Tag zusammen in die Großstadt Berlin aus und finden dort auch körperlich zueinander. Cantu beschreibt die ständigen Zweifel und die Zurückhaltung der beiden Protagonisten sehr eindringlich. Die beiden jungen Männer haben mit ihrer Homosexualität noch wenig Erfahrung und sind von ihrer eigenen Unsicherheit ebenso verwirrt, wie von der Gesellschaft, in der sie ständig auf Ressentiments und Vorurteile treffen. Daher ist ihre Liebe zueinander immer auch ein Drahtseilakt zwischen Verlangen, Wünschen, Verstecken und Rückzug. Steltner und Müller schaffen es trotz weniger Dialoge, eine Spannung aufzubauen, die den Zuschauer unmittelbar in die Lebensrealität der Protagonisten zieht. Eine sensible und realitätsnahe Geschichte, die keinen Glamour braucht, um zu wirken.

 

„Stadt Land Fluss“      
Regie: Benjamin Cantu
Deutschland, 2011, 84min
Filmstart: 11. Mai 2012

 

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