Woran erkenne ich schadstofffreie Kinderkleidung?

Auf der Suche nach Schadstoffen in der Kinderabteilung.

Kinder reagieren auf Schadstoffe in Kleidung besonders empfindlich. Zwei Expertinnen geben Tipps, worauf beim Kleiderkauf zu achten ist. Bild: iStock.com/BlackSalmon.

Niemand reagiert auf Schadstoffe in der Kleidung so empfindlich wie Kinder. Vor allem jene mit Hautkrankheiten und Allergien reagieren auch auf geringe Schadstoffbelastung schnell einmal mit Ausschlag. Wer ein Kind einkleiden will, ist deshalb gut beraten, sich vor dem Kauf ein bisschen einzulesen.

Warum so empfindlich?

Schadstoffe in der Kleidung können allen schaden, nicht nur Kindern. Die Hautärztin Karin Jahn-Bassler stuft die Gefahr für Kinder jedoch höher ein. »Aufgrund der noch nicht ausgereiften Barriere der Haut können bei Kindern vermehrt Inhaltsstoffe aus den Textilien aufgenommen werden«, sagt die Ärztin. Lothar Ziegler, der Geschäftsführer von Lotties, einem Label besonders gut verträglicher Kinderkleidung, betont in diesem Zusammenhang die hohe Zahl an Kindern mit Neurodermitis – einer Krankheit, die die Haut austrocknet und empfindlich gegenüber vielen Textilien macht. Mit einem Anteil von 23 Prozent aller Neurodermitiskranken in Deutschland sind Babys und Kleinkinder die am stärksten betroffene Gruppe. 

Wie kommt Schlechtes in die Haut?

Fertige Kleidungsstücke enthalten oft Rückstände sehr vieler Chemikalien. Nicht alle davon sind schädlich und auch von den problematischen gelangen nur wenige tatsächlich in die Haut. Typisch für Hautproblemverursacher sind Farbstoffe und Rückstände von Chemikalien, die die Kleidung während des Transports schützen sollen. »Intakte Haut lässt nur fettlösliche Substanzen passieren, die meisten verwendeten Mittel sind allerdings fettunlöslich«, gibt Karin Jahn-Bassler Entwarnung. Fettlöslich bedeutet, dass sich Inhaltsstoffe in Verbindung mit Schweiß aus den Textilien lösen können. Heinrich Planck, Vorsitzender der Fördergemeinschaft Körperverträgliche Textilien e. V. (FKT), die das Prüfsiegel »medizinisch getestet – schadstoffgeprüft« vergibt, nennt hier zum Beispiel billige Elastane, etwa in Strümpfen, die bei Kontakt mit Schweiß zu Hautreizungen führen können. Auch Pigmentdrucke auf Unterwäsche können sich negativ auswirken.

Karin Jahn-Bassler ist Fachärztin für Hautkrankheiten. Bild: Jörg Jahn.

Die üblichen Verdächtigen

Die zertifizierte Prüfstelle FKT testet auf Anfrage der HerstellerInnen, ob Inhaltsstoffe, die sich beim Tragen aus ihren Kleidungsstücken lösen können, zu negativen Wechselwirkungen mit den Hautzellen führen. Der Löwenanteil der Kleidung auf dem Markt sei heute unbedenklich, so FKT-Vorsitzender Heinrich Planck. »Bügelfreie Baumwollhemden fallen allerdings regelmäßig durch.« Ein Baumwollhemd, das die Aufschrift »bügelfrei« trägt, ist in der Regel mit einem Harz behandelt, das in Kontakt mit Feuchtigkeit Formaldehyd freisetzt, was wiederum Allergien auslösen kann und im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Bedenklich sind auch Weichmacher, die typischerweise in den Sohlen von Laufsöckchen und Schuhen sowie in Regenkleidung stecken. Weichmacher können die Fortpflanzungsfähigkeit sowie die Drüsenfunktion beeinträchtigen, in Kinderspielzeug sind sie deshalb auch verboten. 

Welche Farben sind unbedenklich?

Für Kinder mit empfindlicher Haut kann es sich lohnen, Kleidung in bestimmten Farben zu meiden. Jahn-Bassler warnt vor dem Allergierisiko von sehr dunklen Farben. Diese können Allergien auslösen und sollten deshalb vor allem nicht in Form von Unterwäsche und Strumpfhosen getragen werden. Babykleidung enthalte zudem oft Weißmacher, also Stoffe, die Weiß noch weißer aussehen lassen. »Problematisch ist, dass diese optischen Aufheller sich nicht besonders fest an die Baumwollfasern binden und somit durch den Körperschweiß abgelöst werden und zu Allergien führen können«, erklärt die Dermatologin. Besonders gut halten sich Farben im Stoff, die durch eine chemische Reaktion entstehen. Die Produkte der Marke Lotties werden entweder aus farblich wachsender Baumwolle hergestellt oder nach dem Einfärben zweifach mittels Elektrolyse gewaschen, um die Schadstoffe aus der Farbe zu entfernen. Auf Nummer sicher geht, wer ungefärbte Baumwolle kauft.

Warum ist Bio besser?

Bio steht bei Kleidung dafür, dass die Rohstoffe (meistens Baumwolle) ohne synthetischen Dünger und Pflanzenschutzmittel und unter Einhaltung basaler Arbeitsstandards angebaut wurden. Einige Textilgütesiegel gehen darüber hinaus: Sie beziehen sich auf das Endprodukt und schließen somit den Produktionsprozess und hier soziale, ökologische und für die VerbraucherInnen gesundheitsrelevante Kriterien mit ein.

Dazu gehören allen voran der Global Organic Textile Standard (GOTS) wie auch IVN BEST, »Oeko-Tex Made in Green« und Fairtrade. Damit ein Kleidungsstück etwa das Siegel GOTS tragen darf, muss sichergestellt werden, dass eine Reihe problematischer Substanzen nirgends im Produktionsprozess zur Verwendung gekommen ist: Hierzu zählen giftige Schwermetalle, Formaldehyd, aromatische Lösungsmittel, Chlorphenole und bestimmte Halogenverbindungen. 
Michaela Knieli, Ökotextilexpertin bei »die Umweltberatung«, einem Service der Wiener Volkshochschulen, betont zudem, dass man beim Kauf von nicht nachhaltiger Kinderkleidung zwar nicht die Gesundheit der eigenen Kinder gefährde, TextilarbeiterInnen und die Umwelt jedoch belaste, die bei der Produktion mit den giftigen Chemikalien in Berührung kommen.

Michaela Knieli ist Expertin für Ökotextilien. Die Umweltberatung bietet einen Shopfinder auf umweltberatung.at/oekomode

Wie zieh ich das Kind jetzt schadstofffrei an?

Beim Kauf neuer Kleidung kann man eine Reihe von Dingen beachten. Riecht ein Kleidungsstück sehr stark, kann das auf Reste von Chemikalien, wie Insektenschutzmittel, hinweisen. Prinzipiell sollte Kinderkleidung vor dem ersten Tragen mehrmals gewaschen werden, um etwaige Reste herauszuspülen. Steht auf dem Etikett »separat waschen« oder Ähnliches, empfiehlt die Hautärztin Jahn-Bassler, sich den Kauf des Stücks zwei Mal zu überlegen. Das sei ein versteckter Warnhinweis dafür, dass Farben und Chemikalien nicht fest mit der Faser verbunden sind. Das Problem von Chemierückständen habe man bei Secondhandkleidung nicht, betonen sowohl Knieli als auch Jahn-Bassler. Da sind die Schadstoffe meist bereits herausgewaschen. Apropos Waschen: Der Gründer der Kinderkleidungsmarke Lotties, Lothar Ziegler, empfiehlt, Babykleidung immer bei sechzig Grad zu waschen. Egal, was auf dem Etikett steht.

Weltweit wird nur in 18 von rund 80 Baumwollanbauländern Biobaumwolle angebaut. Viele davon liegen in Afrika. Dort gehen achtzig Prozent aller eingesetzten Pestizide in die Baumwollproduktion. Bild: iStock.com/JungleOutThere, iStock.com/vectorikart.

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