Mickys Kochbücherregal #6: (nicht nur) vegetarisch

Vegetarisch essen ist ein Trend. Über 8 Millionen Deutsche ernähren sich schon gänzlich ohne Fleisch, auch in Österreich sinkt der Fleischkonsum wieder etwas. Nachdem sich der Fleischverzehr in der Alpenrepublik in den 50 Jahren davor beinahe verdoppelt hat, spricht die Branche aktuell von einem Rückgang bis zu 10 Prozent. Das merkt man auch in der Gastronomie. Nicht, daß die vegetarischen Lokale wie die Schwammerln aus dem Boden wachsen, aber das Angebot wird immer größer und qualitativ besser. Die Zeichen der Zeit sieht auch das Verlagswesen: immer mehr Kochbücher beschäftigen sich mit vegetarischer Küche oder thematisieren die Fleischqualität. Heute darf ich zwei neue Bücher vorstellen, die das Adjektiv „Vegetarisch“ im Titel tragen, sich aber sonst vor allem in einem gleichen: Es sind Prachtbände, die einen besonders schönen Platz in meiner Kochbuchsammlung finden werden.

Wer in Österreich vegetarisch essen möchte, muss nicht auf indische oder asiatische Restaurants ausweichen oder seinen Speisezettel auf gebackenes Gemüse oder Eiernockerl reduzieren. Das zeigt das neue Werk von Meinrad Neunkirchner (Meisterkoch der Aromen in seinem Wiener Gourmetgasthaus Freyenstein) und der Journalistin Katharina Seiser (Esskultur). Schon die Haptik des Buches (Coverprägung, 3 Lesebändchen, 3 Register) und die interessante saisonale Gliederung der Vor-, Haupt- und Nachspeisen auf 5 Jahreszeiten (zu den 4 bekannten gesellt sich noch die „Jederzeit“) signalisiert mir: Hier kommt ein zukünftiges Standardwerk der österreichischen Küche.

Viele Rezepte sind Klassiker, von Neunkirchner mit seinem Gespür für Aromen und Gewürze zeitgemäß interpretiert und von Seiser wundervoll beschrieben. Die Gerichte stammen aus einer Zeit, wo Fleischspeisen noch eher die Ausnahme als die Regel waren und zeigen, daß auch die österreichische Küche genug Variationen bietet, die Gemüse nicht nur zu Beilagen degradieren.

Die durchgängige Bildsprache von Fotograf Thomas Apolt, der die beiden Autoren schon bei ihrem erfolgreichen gemeinsamen Erstlingswerk über Wildpflanzen begleitete, stellt die Gerichte schnörkellos in den Mittelpunkt.

„Das grüne nicht nur vegetarische Kochbuch“ der bekannten Ernährungsexpertin Dagmar von Cramm versucht sich an der ökologischen Orientierung zu halten, will aber nicht ganz ohne Fleisch auskommen. Die Autorin sah sich ökologisch gesehen zwischen allen Stühlen: „Je tiefer ich in die Ökobilanz, den Wasser-Fußabdruck oder die Sozialverträglichkeit einstieg, desto unkarer wurde der Faktor „grün“. Streng genommen müsste das Kochbuch vegetrarisch sein – pflanzliche Lenbensmittel haben die Nase vorne in punkto Klimabilanz.“ Freifrau von Crann hat daher auch einige Gerichte mit Fisch oder Fleisch in ihr Werk eingebunden – verweisend auf Tradition der Küche und die Landschaftspflege: „Ohne Rinder gäbe es keine Weiden mehr im Mittelgebirge! Und unsere Küchentradition ist ohne Schwein, Geflügel und Fisch undenkbar“.

Von Cramm erklärt im Serviceteil viel über Lebensmittel: wie man vernünftiger einkauft, und damit seine persönliche Ökobilanz verbessern kann. Es wird auch darauf geachte, möglichst wenig wegzuwerfen. Ein Positivum, dem ich auch neue Rezeptideen verdanke: Suppe aus Radieschenblätter (die bis dato noch im Biomüll landeten).

 

 

Das grüne nicht nur vegetarische Kochbuch (Gräfe und Unzer) 288 Seiten

ISBN: 9783833825262  € 29,99

 

Österreich Vegetarisch (Brandstätter Verlag) 271 Seiten

ISBN 9783850336437   € 34,90

 

 

 

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