„Unternehmen-Gründen ist wie Achterbahnfahren“ – Jyoti – Fair Works im Interview

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Das Fair Trade Label Jyoti – Fair Works ermöglicht sozial benachteiligten Inderinnen durch die Herstellung von nachhaltiger und fairer Mode ein selbstbestimmtes Leben. Das Social Startup wurde 2013 im Social Impact Lab Berlin in das Stipendienprogramm Social Impact Start aufgenommen. Seitdem hat sich jede Menge getan. Grund genug, mal wieder mit den tollen Menschen hinter Jyoti– Fair Works zu sprechen.

Es ist nun schon ein paar Jahre her, dass ihr Jyoti – Fair Works gegründet habt. Was gab euch damals den Ausschlag dafür, mit Jyoti – Fair Works anzufangen? Und welche übergeordneten Ziele stehen seitdem dahinter?

Jeanine Glöyer hat ihren Freiwilligendinest in Chittapur, Indien absolviert. Durch ihre Arbeit in der Schule einer lokalen NGOkonnte sie schnell einen persönlichen Kontakt zu denEltern und besonders den Mütternihrer Schüler herstellen. Es stellte sich heraus, dass die Arbeitsmöglichkeiten für Frauen in Chittapur begrenzt sind. Ein Großteil der Frauen ist gezwungen im Granitabbau oder in der lokalen Räucherstäbchenindustrie zu arbeiten. Diese Tätigkeiten sind körperlich sehr anstrengend und bieten einen nur sehr geringen Verdienst. Gemeinsam mit den Frauen hat Jeanine nach Möglichkeiten und Wegengesucht den Frauen einen lukrativeren Arbeitsplatz anzubieten. Dabei entstand die Idee der Gründung einer Nähwerkstatt, welche den Frauen durch einen fairen Lohn und faire Arbeitsbedingungen helfen sollte sich langsam auf eigene Füße zu stellen und den Weg in ein selbstbestimmteres und unabhängigeres Leben zu beschreiten.

Unsere Vision ist eine Textilindustrie, die nicht Profit, sondern Menschen und Umwelt in den Mittelpunkt stellt. Konsumenten sind sich ihrer Verantwortung bewusst und nachhaltiger Konsum wird zur Selbstverständlichkeit.

Aktuell verkauft ihr eure schönen Klamotten, Accessoires und vieles mehr über euren Onlineshop, zeitlich begrenzte Pop-Up Stores und auf Weihnachtsmärkten.Was genau passiert mit den Erlösen?

Die Erlöse unseres Verkaufs gehen 100% zurück nach Indien. Momentan decken wir mit den Einnahmen unsere gesamten Produktionskosten, vom Stofferwerb bis hin zu den Gehältern der Frauen in Indien. In Zukunft wünschen wir uns nicht nur die Kosten in Indien, sondern auch die Kosten in Deutschland decken zu können. Wir als Unternehmen möchten dadurch nicht nur sozial und ökologisch sondern auch ökonomisch nachhaltig agieren um zu zeigen – „Fair Works“.

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Ihr produziert umweltfreundlich, fair und nachhaltig. Welche besonderen Rohstoffe verwendet ihr bei der Produktion eurer Klamotten?

Derzeit haben wir 3 Linien: Traditional, Organic und Upcycling. Sie stehen für die unterschiedlichen Stoffe, die für die einzelnen Stücke benutzt werden.

Für die Produktlinie “Traditional” verwenden wir traditionelle Sari-Stoffe aus Indien, die wir lokal bei einem Stoffhändler unseres Vertrauens in Gulbarga (Karnataka) einkaufen. Sie sind meist mit einer goldenen Borte versehen, die zusammen mit den leuchtenden Farben herrlich glänzt und indische Lebensfreude zu uns nach Europa bringt.

Die Produktlinie “Organic” besticht durch ihr schlichtes, einzigartiges Design. Für die Linie verwenden wir ausschließlich faire, zum Teil handgewebte Stoffe aus hochwertiger Bio-Baumwolle. Die Stoffe beziehen wir von verschiedenen Stoffhändlern und sozialen Projekten in Indien. Genauere Infos zu unseren Stofflieferanten findest du hier.

Die Produktlinie „Upcycling“ ist die umweltfreundlichste Linie. Hier verwenden wir ausschließlich Reststoffe, die bei der Herstellung anderer Produkte anfallen. Zudem integrieren wir lokale Materialien wie z.B. alte Reis- oder Sojasäcke aus denen dann neue und hochwertige Produkte entstehen.

In Zukunft möchten wir daran arbeiten nur noch mit Webstoffen, die aus 100% Bio-Baumwolle gefertigt sind zu arbeiten. Wir sind immer auf der Suche nach Alternativen, die unsere Produktion noch nachhaltiger gestallten, so wie zum Beispiele Stoffe, die aus recycelten Plastikflaschengefertigt sind.

Unsere ökologischen und sozialen Standards sind uns von größter Bedeutung und wir arbeiten ständig daran diese zu verbessen. Unser Ziel ist es, jeden Schritt unserer Wertschöpfungskette zu kennen – von der Baumwollgewinnung bis hin zum Endkonsumenten. Durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Stakeholder wollen wir ein Vorreiter in dernachhaltigen Textilindustrie sein – ein Beispiel in welchem Menschen und Umwelt im Mittelpunkt stehen.

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Ihr seid öfter auch direkt vor Ort in Indien und kommt ganz persönlich mit euren Mitarbeiterinnen in Kontakt. Was erzählen euch diese über die Arbeit bei euch? Welche Veränderungen könnt ihr hervorrufen?

Besonders schön ist es zu erleben welch positiven Einfluss die Festanstellung der Mütter auf deren Töchter hat! Durch ihr gesichertes Einkommen haben die Frauen die Möglichkeit, auch ihren Töchtern eine gute Schulausbildung zu finanzieren. So berichtet Halima, eine unserer Näherinnen, bei unserem letzten Besuch stolz, dass die Arbeit bei Jyoti ihr ein ganz neues Bewusstsein für die Bedeutung von Bildung besonders für Frauen und Mädchen gegeben hat. Durch ihr sicheres Einkommen kann sie ihrer jüngste Tochter Sabia nun zur Uni schicken und wird sie nicht wie ihre ältere Tochter so schnell wie möglich verheiraten, denn: „firstsheshallbecome a bankmanager, thenmaybewe will lookfor a husband! Having a well-paid job is very important for women as it makes them independent and strong!”

Es ist schön zu sehen, wie erfolgreich ihr mit eurem jungen Sozialunternehmen seid. Welche Tipps könnt ihr anderen Social Entrepreneurs mit auf den Weg geben?

Wir denken, dass es sehr wichtig ist an seine Idee zu glauben und daran festzuhalten. Ein Unternehmen zu gründen und am Leben zu halten ist wie eine Achterbahnfahrt. Manchmal ist man ganz oben und alles läuft super, aber es gibt auch Zeiten die sehr schwierig sind und in denen man nicht genau weiß wie es weitergeht. Doch der Glaube an die Idee und die sichtbaren Veränderungen zu denen man beiträgt motivieren zum weitermachen. Es findet sich immer ein Weg, auch wenn die Lösung manchmal unmöglich scheint.

Ich danke euch vielmals für dieses schöne Interview und wünsche euch alles Gute für Jyoti – Fair Works!

Und wenn ihr neugierig geworden seid und noch mehr wissen wollt, besucht Jyoti – Fair Works auf Facebook oder direkt ihren wunderbaren Onlineshop

 

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