Der inoffizielle Guide zur Urban Future Konferenz

Wege in die Städte der Zukunft und globale Perspektiven eröffent die Konferenz. (Bild: Eine Kreuzung in Bangladesh, Asian Development Bank, CC BY 2.0)

Wege in die Städte der Zukunft und globale Perspektiven eröffent die Konferenz. (Bild: Eine Kreuzung in Bangladesh, Asian Development Bank, CC BY 2.0)

Wenn sich über 1.500 Leute treffen, um an zwei Tagen in 40 Sessions über die Städte der Zukunft zu reden, wird es schnell unübersichtlich. Deshalb: Der inoffizielle Guide zur Urban Future Konferenz in Graz.

Die Urban Future Konferenz ist ein prominenter Termin im Kalender von Leuten, die sich mit Stadtentwicklung, Stadtplanung und Urbanis beschäftigen. Die Konferenz findet am 2. und 3. März in Graz statt. Über 150 Speaker präsentieren über 1.500 Interessierten, Expertinnen und Experten aus über 300 Städten Ideen rund ums Thema Stadt. Das alles passiert in 40 Sessions an zwei Tagen. Ein bisschen dicht gedrängt kommt das Programm schon daher.

Auf vier thematischen Pfaden lässt sich das Programm der Konferenz erschließen: Mobility, Living & City Planning, Resources und Communication & Governance. Interessen-Schwerpunkte lassen sich so gezielt verfolgen, oder miteinander verbinden. Um die Suche nach den interessanten Vorträgen und Panels zu erleichtern, haben wir einen Blick ins Programm geworfen. Wir haben uns bei unserem inoffiziellen Konferenz-Guide für den thematischen Rundumschlag entschieden. Für das Erstellen des Guides haben wir das Programm vom Stand 23.02.2016 zu rate gezogen.

Tag 1 – 11 Uhr

Communication, Leadership

The Mayor as CEO: How mayors need to lead their cities in the century of change.

Gleich am ersten Konferenztag wird ein Licht auf die Rolle von Bürgermeistern als Geschäftsführern geworfen. Stadt als Business? Das klingt provokant, sehr nach Neoliberalismus und erinnert an die frühen 2000er Jahre, als Effizienz, Verschlankung bürokratischer Strukturen und Verwaltung als Dienstleistung der Mainstream in vielen Debatten waren. Wie zeitgemäß ist die Fokussierung auf den Wettbewerb der Städte noch?

Trotzdem dürfte es interessant sein, was Greg Clark, Vorsitzender der Business of Cities Group, dazu zu sagen hat. Mit ihm diskutieren Sally Kneeshaw (CEO Kneeshaw Consulting), Michele Acuto, (Director, City Leadership Initiative, UCL), Rui Moreira (Bürgermeister, Porto) und Markus Tomaschitz (Vice President HR, AVL).

Wer am Thema dran bleiben möchte, kann übrigens nach der Kaffeepause den Faden gleich wieder aufnehmen und den Ausführungen von Greg Clark erneut folgen, wenn der Programmschwerpunkt Communication & Governance offiziell eröffnet wird.

Tag 1 – 14 Uhr

Living & City Planning, Biking

How cities around the world are using bicycles to reinvent themselves.

Das Fahrrad als städtisches Verkehrsmittel mit enormem Potenzial bleibt spannend. Und weil das für Städte unterschiedlichster Größe und weltweit gilt, ist dieses Panel sicher einen Besuch wert.

Die Keynote hält Florian Lorenz, Direktor der Wiener Plattform Smarter Than Car. An der Diskussion beteiligen sich Marianne Pfaffinger (Consultant, Green City Project), Marcin Hyla (Coordinator, Cities for Bikers), Luc Ferrandez (Mayor, Plateau Mont-Royal Montreal) Mikael Colville-Andersen (CEO, Copenhagenize) und Ricardo Marqués (University of Seville).

Big Fish und spannender Diskutant ist sicher Luc Ferrandez. Der Politologe und derzeitige Interims-Bürgermeister von Montreal machte einst von sich reden, als er das Schneeräumen im Winter drastisch einschränkte. Interressant sind sicher auch die Anmerkungen von Marianne Pfaffinger. Sie dürfte eine für Österreich wichtige regionale und auch ressourcendominierte Perspektive in die Diskussion einbringen. Das Podium vervollständigen Vertretern mit aktivistischem Hintergrund: Marcin Hyla radelte durch Krakow und auch Ricardo Marqués ist im Netz beinahe ausschließlich mit Fahrrad zu sehen. Mikael Colville-Andersen zelebriert mit Copenhagenize die dänische Fahrradkultur und nutzt den Standort Kopenhagen, um verschiedenen Projekten eine hochwertige Plattform zu bieten. Für den Austausch von Erfahrungen und Best-Practice Beispielen, für Inspiration und Austausch von Wissen aus verschiedenen Ländern ist also gesorgt.

Tag 1 – 16:00

Mobility, Mobility & Urban planning

Traffic everywhere: How can we solve the urban mobility crisis? Mobility experts, urban planners and communication experts join forces.

Ein Drahtesel allein reicht nicht aus, um das Verkehrschaos der Großstädte zu bändigen. Die zweite von uns empfohlene Session zum Thema Mobilität folgt dem Credo, dass Lösungsansätze für nachhaltige Verkehrsplanung integriert und disziplinübergreifend implementiert werden müssen.

Das Panel wird von Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Stadt Wien, eröffnet. Gemeinsam mit Lisa Trickett (Councillor in Moseley und Kings Heath Ward, Birmingham), Richard van der Wulp (Urban Traffic Planner, Rotterdam), Michael Glotz-Richter (Sustainable Mobility, Bremen) und Gert Blom (Strategic Mobility Advisor, City of Helmond) sollen anschließend anhand konkreter Beispiele die Herausforderungen für das Bewältigen der ‘Mobilitätskrise’ diskutiert werden. Bleibt zu hoffen, dass das Panel über Tourismus-, Freizeit- und innerstädtischen Individualverkehr hinaus geht, denn mit Richard van der Wulp nimmt ein Podiumsgast teil, dessen Expertise im urbanen Gütertransport und Park & Ride Planung liegt. Da dürfte es neuste Einblicke in neuste Ansätze zum Thema Intermodalität.

Zur Einstimmung ein aktueller Vortrag von Lisa Trickett:


 

Tag 2 – 09:00

Recources, Cities & Waste

How innovative waste solutions help the environment and can save millions.

Der beste Müll ist ja bekanntlich derjenige, der nie entsteht. Der Müll, der allerdings doch produziert wird, muss aber trotzdem wohin. Am besten wiederverwerten; wenn möglich ohne lange Wege in Kauf nehmen zu müssen. Das morgendliche Panel am zweiten Tag gibt uns vielleicht etwas Hoffnung für unsere eigene, urbane Sustainability Challenge. Städte und städtische Gesellschaften sind Rohstoffminen – wir sind natürlich nicht die ersten die davon Wind bekommen haben.

Die Keynote zum Panel spricht Umweltökonomin Marion Courtois ist Senior Expert bei ACR+, einer in Belgien basierte Vereinigung von Städten und Regionen zum Umgang mit Rohstoffen. Die lokalen Ansätze vertritt Ralf Mittermayr, Vorstandsmitglied von Saubermacher, Made in Styria. Auch Christine Sautenel war in der lokalen Abfallwirtschaft tätig. Monica Monteiro von LIPOR wird die portugiesische Initiative erklären. Die technische Evaluation liegt vermutlich beim Experten für Abfalltechnik. Wer sich durch den Lebenslauf von Roland Pomberger wühlt, stellt sofort fest, er ist der Richtige, um einen holistischen Blick auf die Abfallverwertung und deren Potential einzuschätzen.

Tag 2 – 11:00

Communication, Public Participation

Is public participation just a fad and marketing tool or a real social trend?

Das Schlagwort Bürgerbeteiligung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Politik will zeigen , dass sie Demokratie ernst nimmt. Die Stadtplaner wollen zeigen, dass sie aus fatalen Fehlern der Vergangenheit gelernt haben. Doch die Kritik verstummt nie ganz. Zu vorgegeben scheinen viele Verfahren, in denen Befragte oft nur kleine Details an viel größeren Projekten entscheiden können. Die Beteiligung wird oftmals als Marketinggag eingeordnet, um eine erhöhte Identifikation mit einem ohnehin schon fix geplanten Bauwerk zu erreichen. Auf der anderen Seite hat sich ein neues Selbstbewusstsein der Bürger entwickelt und auch hierfür gibt es gut funktionierende Beispiele. Welcher Trend überwiegt? Stehen wir wirklich auf einer finalen Stufe zu einer partizipatorischen Stadt oder werden wir von Bauwerbern mit schmeichelhaften Schlagwörtern eingelullt? Angesichts der vielen CEOs als Speaker sicher interessant.

Am Podium diskutieren der auf Bürgeraktivierung spezialisierte Urbanist Julian Petrin von NextHamburg mit der Expertin für Vernetzung und Geschäftsführerin der Allianz für Beteiligung Miriam Freudenberger, der Leiterin der Kommunikation der Vernetzungsplattform europäischer Städte Nicola Vatthauer und dem Berliner Mediator und Geschäftsführer von Zebralog Matthias Trenel. Für eine außereuropäische Perspektive sorgt der Stadtplaner mit Betätigungsfeld in Südamerika, Roland Krebs.

Tag 2 – 14:00

Communications, Governance

Transforming cities: How urban governance and city councils benefit from success factors.

Was passiert eigentlich wenn ein Projekt erfolgreich ist? Das ist die Frage die sich mir in Anlehnung an den Titel stellt. Wie reagiert die Bevölkerung, was sind Erfolge für die Stadtverwaltung und politischen Elite.

Christiane Gebhardt untersucht urbane und regionale Innovationssysteme, deren Strategien, Politiken und Organisationsstrukturen. Als Schnittstelle zwischen Stadt, Unternehmertum und Forschung hält Gebhardt die Keynote für die erste empfohlene Session nach der Mittagspause. Visionäre Töne erwarten wir uns auch von Alanus von Radecki; zumindest der Imagefilm zum Projekt Morgenstadt scheint im Jahr 2016 bereits einigermaßen überholt. Weiter sitzen am Podium Teresa Almeida Alexander Holst; beides Teilnehmer_innen auf die man gespannt sein kann. Brisant, auch aufgrund der Aktualität des Themas ist die Teilnahme von Phillip Boutellier. Zur Einstimmung hier seine Ansprüche an die Nachnutzung des Berliner Flughafens Tegel:


Tag 2 – 16:00

Urban Planning & Ressources

Challenge of the century: upgrading Europe’s building stock (Gesponsert von World Green Building Council).

Zu guter Letzt schließen wir mit einer Veranstaltung, die sich mit dem Häusermarkt, der unmittelbaren urbanen Erfahrung, auseinandersetzt. Der World Green Building Council sponsert das Panel. Spezialisten auf der Suche nach Effizienz in Sachen Klimaschutz die Heizkosten die Isolation und Dämmung von Wohnraum vor den eigenen Karren spannt. Gerade beim dämmen, lässt sich einiges für den Klimaschutz rausholen, das haben auch die Statistiken der vergangenen Jahren gezeigt. Die Chancen und Perspektiven eine nachhaltige Erneuerung Gebäudebstandes in Europa oft haarsträubende Bestimmungen im Wege.

James Drinkwater (Senior Advisor für das europäische, regionale Netzwerk des Green Building Council) wird die Keynote sprechen. Ein ausgezeichneter Reder (wie z.B. hier zu sehen), der großes Wissen und Überblick über die Herausforderungen einer nachaltigen Wende hat. Er trägt seit Jahren auf Konferenzen, in Projekten und beim Green Building Council das Wissen zusammen und schafft es, Visionen zu vermitteln.

Absolut spannend ist auch, was Brian Cody zu sagen hat. Er lehrt und forscht an der TU Wien zu smarten Fassaden. Ein Blick auf seine Homepage ist mehr als empfehlenswert. Auch Ruth Mourik, Vorstandsdirektorin der Holding Graz und Aufsichtsratsvorsitzende der e-mobility Graz, und Armin Knotzer vom AEE – Institute for Sustainable Technologies führen beeindruckende technische Expertise im Feld; die Debatte dürfte auf hohem Niveau geführt werden. Ein unkonventionelles Zuckerl hingegen verspricht Ron Van Erck von EnergieSprong – Platform 31. Dieses kurze Video lässt ahnen, was in großen Teilen europäischer Großsstädte und Reihenhaus-Siedlungen schon bald die billige, schnelle Zukunft sein könnte. Bevor sich die Teilnehmer und Zuhörern beim gemeinsamen Networking Event wiedersehen, erhoffen wir uns hier Visionen radikaler Lösungen aus dem Themenkomplex Gebäudesanierung.

www.urban-future.at

Von Michael Anranter, Jonathan Fetka und Uli Fries.

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