Oldschool am Lagerfeuer

Es sind Design-Klassiker von draußen: diese typische Taschenlampe, diese schlichte formvollendete Sturmlaterne, dieses Email-Häferl, das ein bisschen an Omas Nachttopf erinnert. Jeder, der als Kind bei den Pfadfindern im Zelt gelegen oder am Lagerfeuer gesessen ist, kennt sie. Und sei es nur aus den reduzierten Skizzen und Zeichnungen, die „Scouting for Boys“, das Buch des Pfadfinderbegründers Baden-Powell, illustrieren.

Beim Blättern wirkte das schon damals nostalgisch und ziemlich oldschool, war aber gleichermaßen faszinierend: So war das also, als der britische Lord 1907 das erste Mal mit Buben aus allen Schichten der britischen Bevölkerung lagerte, und auf der Insel Brownsea damit den Grundstein für die heute weltgrößte Jugendbewegung legte. Es war natürlich anders. Aber die Phantasie angeregt haben die vergilbten Skizzen und angestaubten Leuchten doch ganz schön.

„Scouting“ for Nostalgia

Naheliegend eigentlich, dass diese Nostalgie irgendwann wieder aufgegriffen und als Retro-Chic vermarktet würde. Das ist jetzt passiert. Der britische Hersteller True Utility, spezialisiert auf innovative Finger Tools, Taschenleuchten und Multifunktions-Messer stellt ein erstes Sortiment von „Scouting“ Produkten vor, offiziell anerkannt vom britischen Pfadfinderverband. Diese typische Taschenlampe, diese schlichte, formvollendete Sturmlaterne, dieses Email-Häferl, das ein bisschen an Omas Nachttopf erinnert, und auch eine Reihe anderer brauchbarer Pfadfinderprodukte wurden weitestgehend originalgetreu wiederaufgelegt – und trotzdem technisch auf den neuesten Stand gebracht. Bloß ein Beispiel: Sie mag aussehen wie aus den 30er oder 40er Jahren des 20. Jahrhunderts – das, was in der „Scounting“-Taschenlampe leuchtet, sind langlebige State-of-the-Art-LEDs, die kaum Batterie brauchen. Gänzlich unverändert – und damit offensichtlich schon damals perfekt – ist nur die „Scouting Whistle“ geblieben, das Signal-Pfeifferl.

Dieser Tage werden die „Scouting” Produkte auf der Herbstmesse in Birmingham vorgestellt. Wir haben Mark Wengenroth, der das „Scouting“-Equipment in Deutschland und Österreich vertreibt, ein paar Fragen gestellt.

Erstmals hat die britische Scout Association an ein Unternehmen die Lizenz vergeben, im großen Stil Outdoor-Ausrüstungsgegenstände als „Scouting“-Produkte zu verkaufen. Es gibt jetzt also Official Scout Products. Was sind denn die Hintergründe dieses Deals?

Mark Wengenroth: Wir haben eine globale Lizenz. Zum Hintergrund: Die Scouting Association ist auf unseren Gründer und Designer Lee Berman zugekommen mit der Retro-Idee. Es ging darum, wirklich die Originalformen zu besorgen und zu benutzen.

Wieso kamen die Pfadfinder gerade auf eine Kooperation mit True Utility?

True Utility ist in England sehr bekannt und steht für Qualität und faires Preis/Leistungsverhältnis. Und Lee Bermann hat einen sehr guten Ruf als Erfinder und Tüftler. Außerdem war Lee Bermann selbst bei den Pfadfindern.

Werden die „Scouting Products“ auch von den beiden Weltverbänden der Pfadfinder (WAGGGS und WOSM) als „offiziell“ anerkannt oder beschränkt sich die Zusammenarbeit weitgehend auf Großbritannien?

True Utility hat eine weltweite Lizenz und 6 Prozent des Verkaufspreises gehen an die britische Scout Association (charity number 306101 in UK und SC038437 in Schottland). Die WOSM in Genf ist involviert und hat an dem Projekt mitgearbeitet.

In vielen Ländern haben die Pfadfinderorganisationen laufende Kooperationen etwa mit Rucksack- oder Messerherstellern. Der Begriff „Scouts“ oder „Scouting“ ist wie auch der „Pfadfinder“ nicht geschützt. Es gibt von unzähligen Outdoor-Ausstattern Modelle mit der Bezeichnung Scout, die oft auch mehr oder weniger explizit die Zielgruppe der Pfadfinder ansprechen. Wie geht man denn damit um?

True Utility darf das Original Pfadfinder–Logo benutzen, darf mit Lord Baden-Powell und auch mit bekannten Pfadfindern wie Barack Obama oder Sir Richard Branson werben.

Im deutschsprachigen Raum wurden die „Scouting“-Produkte bereits im Juli auf der OutDoor Messe in Friedrichshafen vorgestellt. In Großbritannien, dem als Ursprungsland der Pfadfinderbewegung besondere Bedeutung zukommt, werden sie nun auf der Autumn Fair in Birmingham präsentiert. Die Messewebsite verspricht 60.000 Produktneuvorstellungen. Wie wollen Sie denn gewährleisten, dass die „Scouting Products“ nicht in dieser Flut an Neuem untergehen?

Ich denke unsere Linie hebt sich durch die „Retro-Geschichte“ deutlich ab. Die Maxime von True bzw. Lee Bermann wird immer sein, etwas Besonderes zu kreieren. Wir werden die Artikel in Fachgeschäften platzieren, die auch sonst Pfadfinder ausrüsten und im Outdoor-Fachhandel. Ich bin ganz sicher, dass die Einkäufer dieser Geschäfte und auch die Kunden unsere Artikel aus der „Flut“ heraus finden werden.

Wie wurde denn das Pfadfinder-Equipment in Friedrichshafen aufgenommen?

Meist sehr gut. Viele, gerade „ältere“ Händler erinnerten sich noch an das ein oder andere Produkt und hatten leuchtende Augen. Die Pfandfinder, die uns am Messestand besuchten, fanden die Artikel schön und qualitativ gut.

Was sofort auffällt: Das gesamte „Scouting“-Sortiment setzt auf Retro und bedient nostalgische Gefühle. Kommt das bei Kindern und Jugendlichen wirklich an? Oder sind ohnehin eher ehemalige Pfadfinder, Eltern und Erwachsene Zielgruppe?

Die Zielgruppe soll schon sehr breit sein. Bei Jugendlichen kamen die Artikel aber auch gut an, besonders die Messer fnden viele „saucool“.

Bislang als „Scouting“-Produkte erhältlich sind eine Signalpfeife (Scouting Whistle), eine LED-Taschenlampe, eine LED-Sturmlaterne, Email-Geschirr, ein Messer und ein Multi-Tool, das dem klassischen Leatherman Konkurrenz macht. Warum gerade diese Produkte?

Es war das Ziel von der Scouting Association und von True, jene Artikel zu designen und zu produzieren, die dem eigentlichen True-Sortiment am nächsten kommen. Man wollte natürlich auch die modernsten Techniken für die „ältesten“ Produkte finden…

Punkto Produktgestaltung war das „Scouting“-Sortiment für Lee Berman wahrscheinlich noch keine besondere Herausforderung. Das klassische Design, etwa des Email-Geschirrs, wurde nicht verändert. Freut Berman sich schon darauf, wenn der Retro-Schmäh irgendwann ausgereizt ist?

Ich glaube, dass Lee Bermann unheimlich viel Spaß an der Retro-Geschichte hatte, vielleicht auch, weil er selbst Scout war. Die Tools und die Messer waren schon eine Herausforderung. Lee hat bei dem Tool die Bits und bei den Messern einen Cutter integriert, ohne das Design zu ändern.

Abgesehen von Taschenlampe und Messer benötigt jeder Pfadfinder Schlafsack, Unterlagsmatte oder Regenschutz. Welche weiteren „Scouting“-Produkte sind denn für die Zukunft geplant?

Ich bin sicher, dass noch weiter Produkte kommen werden. Dabei wir es sich aber sicher um Gadgets, Tools oder True-verwandte Artikel handeln. Ich denke nicht, dass wir mit Schlafsäcken kommen werden. Da gibt es andere Profis.

Inwiefern reden denn die Pfadfinder bei der Entwicklung neuer Produkte mit?

Die Scout Association war und ist sehr stark involviert, alle Designs und Materialien wurden geprüft und abgesegnet.

Auf der OutDoor Messe in Friedrichshafen zeigt sich von Jahr zu Jahr, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Branche ein immer größeres Thema wird. Wie und wo wird denn die „Scouting“-Ware hergestellt? Engagiert sich True Utility bei einem der anerkannten Öko-Gütesiegeln?

Produziert wird das meiste in China in zertifizierten Fabriken, die allen sozialen und qualitativen Standards oder Anforderungen gerecht werden.

Zu guter Letzt: Wo außer im Internet gibt es die „Scout Products“ zu kaufen?

Scouting wird ab November lieferbar sein und Outdoor-Fachgeschäfte sind unsere ersten Kunden. Ich denke, dass die Produkte auch über die Scout–Organisation zu bekommen sind.

www.scout-products.com

 

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