Hausschuhe mit Haltung

Zwischen Filz, Kork und Hartplastik entscheidet sich, ob unser Schritt leicht bleibt oder der Rücken zwickt...

Illustration verschiedener Hausschuhe.
Bild: Istock.com/Azatvaleev/Allnikart, KI generiert: OpenAi, AM 17. 11. 2025.

Das schlapfende Geräusch eines Hausschuhs kann nicht nur nerven, es ist meist ein Zeichen dafür, dass der Schuh nicht richtig sitzt. Das ist nicht nur der optimale Vorwand, Träger oder Trägerin auf einen Korrekturbedarf hinzuweisen, sondern auch bei lautlosem Schlapfen einer von vielen guten Gründen, sich für gute Hausschuhe zu interessieren: Denn ein Hausschuh ist, wenn er denn der richtige ist, ein Beitrag zur Haltungspflege. »Wenn ich einen Hausschuh anziehe, muss ich das Gefühl – mehr als im Straßenschuh – haben, dass ich mich bei gleichzeitig gutem Halt wohlfühle«, fasst Orthopäde Michael Lehnert zusammen. »Falsche Schuhe wirken sich zu hundert Prozent auf unsere Haltung aus, weil die Füße das Fundament unseres Körpers sind«, sagt Lehnert, der in seiner Berliner Praxis täglich mit Fußfehlstellungen und den daraus resultierenden Beschwerden konfrontiert ist. »Wenn Sie ein Haus auf einem unebenen oder schlechten Fundament bauen, steht es schief – genauso verhält es sich mit dem Körper.«

»Falsche Schuhe wirken sich zu hundert Prozent auf unsere Haltung aus, weil die Füße das Fundament unseres Körpers sind.«
-Michael Lehnert, Orthopäde

Weg von Pantoffeln

Das richtige Hausschuhwerk kann gesund sein – aber nur, wenn es den Fuß unterstützt. Damit es das tut, müssen Hausschuhe bestimmte Kriterien erfüllen: Halt, Passform und eine gute Bettung des Fußes. Der Klassiker unter den Hausschuhen ist ein hinten offener Schuh ohne unterstützendes Fußbett, in den man einfach hineinschlüpft. In Deutschland wird dieser häufig »Pantoffel«, in Österreich »Schlapfen« genannt. Lehnert hat eine klare Meinung zu diesem Modell: »Weg vom Pantoffel!« Offene Hausschuhe ohne Halt seien alles andere als ideal. Früher, erzählt er, habe man zu Hause oft geschlossene Schuhe getragen – Slipper oder Loafer, die den Fuß rundum umschließen.

»Den pauschal guten Hausschuh, den gibt es nicht«, sagt er, »weil wir Altersunterschiede machen müssen.« Für aktive, jüngere Menschen kann ein hinten offener Hausschuh mit Fußbett, das das Fußgewölbe stützt, gut geeignet sein. Für ältere oder weniger stabile Personen ist diese Bauart jedoch riskant, weil man leichter herausschlüpft und der nötige Halt fehlt.

Gute Hausschuhe, betont Lehnert, »sollen einerseits Sicherheit in der Bewegung geben, aber auch den Fuß betten«. Auch wenn der Begriff Hausschuh so umfassend wie ein guter Schuh selbst ist, fallen Modelle ganz ohne Führung – wie etwa Flipflops – für Lehnert kategorisch durch: »Da krallt man mit den Zehen, um sie zu halten – der Fuß ist überhaupt nicht mehr gebettet.« Ein gut sitzender Indoor-Schuh macht sich beim Tragen kaum bemerkbar – auch akustisch. Das »Schlapfen« verschwindet, wenn der Schuh wirklich passt.

Barfuß für mehr Muskeln

Der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Hausschuh zeigt sich dem oder der TrägerIn selten sofort. Erst nach längerem Tragen, bei stehender Arbeit oder auf kalten Fliesen merkt man, ob der Fuß geführt oder überfordert ist. Wer lange falsch steht, steht auch im übertragenen Sinn schief. Dann lieber ganz ohne, sagt der Experte, »Da macht es mehr Sinn, zu Hause barfuß zu laufen. Dann wird die Muskulatur immerhin trainiert.«

Der Fuß gehört zu den ältesten Maßeinheiten der Menschheit – neben Fingerbreite, Handspanne, Elle, Schritt und Klafter. Letzteres beschrieb die Länge zwischen den Mittelfingerspitzen der waagerecht ausgestreckten Arme. Das einzige heute noch gebräuchliche Fußmaß, der englische Fuß, misst exakt 30,48 Zentimeter.

Zwischen Freiheit und Halt

Den idealen Hausschuh beschreibt Lehnert als Balance aus Freiheit und Führung. »Er sollte eine gute Fußbettung haben und stabil am Fuß verankert sein.« Modelle mit Fersenriemen – etwa Hartplastikschuhe mit Einlegesohle, wie er sie selbst im OP trägt, erfüllen beides.

Lieblingspaar

Auf die Spitze getrieben wurde die Liebe zum Hausschuh 2007: Ein Brite namens Derek Fan – im Guinness-Buch als »Slipper Man« vermerkt – trug seine Hausschuhe ganze 23 Jahre lang, ohne sie je auszuziehen. Hoffentlich waren sie gemütlich.

Für viele ist es selbstverständlich, beim Betreten einer Wohnung und auch an so manchem Arbeitsplatz die Schuhe auszuziehen und auf Pantoffeln zu wechseln – für andere sind Hausschuhe hingegen der Inbegriff von Spießigkeit. Für Letztgenannte gibt’s gute Nachrichten: Auch durch das Wechseln auf ein alternatives Paar Straßenschuhe in der Wohnung oder im Büro kann man seinen Füßen etwas Gutes tun, erklärt Michael Lehnert: »Ein Straßenschuh, den man nur zu Hause trägt, kann durchaus funktionieren.« Das Material sei zweitrangig, wichtiger seien Passform und Halt.

Und: Bewegung bleibt entscheidend. »Es ist wie mit dem Sitzen am Schreibtisch. Man sollte häufig die Position wechseln, um nicht in einer Zwangshaltung zu bleiben.« Genauso sollten wir die Schuhe regelmäßig wechseln – nicht in erster Linie, um unseren Look zu verändern, sondern damit sich der Fuß nicht an eine Situation gewöhnt. »Ein harter Lederschuh verwöhnt den Fuß gewissermaßen, weil er ihn festhält. Daher tut es dem Fuß gut, wenn man ihm zu Hause Freiheit gibt«, erklärt Michael Lehnert.

Porträt von Michael Lehnert.
Michael Lehnert ist Facharzt für Orthopädie, Handchirurgie und Sportmedizin. 2009 hat er das medizinische Versorgungszentrum Atos MVZ Meviva in Berlin mitgegründet.Bild: Tom Wagner.

Barfuß als Training

Für Lehnert ist klar: »Idealerweise sollte man mindestens 30 Minuten pro Tag zu Hause barfuß gehen.« Das trainiert nicht nur die Fußmuskulatur, sondern auch die Rezeptoren, die den Körper im Gleichgewicht halten. Wer barfuß geht, stärkt Beinmuskulatur und Sprunggelenk, weil sich der Körper ständig selbst stabilisieren muss.

Übrigens: Socken sind – abgesehen von der Rutschgefahr – »dem Barfußgehen gleichzusetzen«. Entscheidend sei der Wechsel zwischen Entlastung und Aktivierung. »Wir wollen den Fuß nicht an eine einzelne Position gewöhnen.«

Wenn das Fundament wackelt

Schuhe – und damit auch Hausschuhe – mit einer leichten Wölbung im Mittelfuß können Fehlstellungen ausgleichen und eignen sich daher grundsätzlich für alle. Fast alle Menschen, sagt Lehnert, hätten in irgendeiner Form Probleme an den Füßen – meist unbemerkt. »Die meisten Menschen haben Fußfehlstellungen«, sagt der Orthopäde.

Ein Grund dafür ist auch falsches Schuhwerk. Wer lange in ungeeigneten Schuhen steht oder läuft, zwingt den Körper zu Ausgleichsbewegungen. »Wir sehen vielleicht nicht, wenn jemand schief steht, aber wir sehen, wenn jemand kompensiert.«

Schmerzen entstehen Lehnert zufolge selten dort, wo die Ursache liegt, die Füße können für vieles andere der Ausgangspunkt sein: »Es ist nicht der Schmerz, der sich im Fuß manifestiert – es ist häufiger das Knie, die Hüfte oder der Nacken.« Eine schlechte Basis überträgt sich nach oben, wie ein Baufehler im Fundament.

Fußfehlstellungen

Viele Menschen haben Füße, die vom sogenannten Normalfuß abweichen. Häufige Formen von Fehlstellungen sind der Spreiz-, Senk- und Plattfuß. Gezieltes Muskeltraining kann helfen, Beschwerden vorzubeugen.

Mehr als Bequemlichkeit

Im Sommer sollte der Hausschuh atmungsaktiv sein, im Winter vor allem wärmen, ohne zu stauen. Wolle, Filz oder Kork gleichen Feuchtigkeit aus – synthetische Stoffe schaffen das weniger gut.

Ob Plastikclog mit Riemen oder Wollfilz-Schuh mit Fußbett – wichtig ist für den Körper vor allem, dass er Halt gibt, wärmt und Bewegungsfreiheit lässt. Unbestreitbar ist aber auch, dass bei kaum einem Einsatzzweck von Schuhen so mühelos auf Kunststoff verzichtet werden kann wie beim Hausschuh.

Buchcover Haltung gut, alles gut.
»HALTUNG GUT, ALLES GUT« von Michael Lehnert, GU Verlag, 2025.
Michael Lehnert beschreibt, wie sich unser moderner Lebensstil auf unsere Haltung auswirkt – und gibt praxisnahe Tipps gegen »Handy-Nacken«, »Frozen-Shoulder« und weitere Haltungsschmerzen. Bild: GU Verlag.

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