Bio-Glow-Coffee?

Kollagen zum Trinken: Das soll die Haut verjüngen und das Bindegewebe stärken.

Eine Illustration einer Kuh, die Kaffee trinkt.
Kollagen im Kaffee soll eine Bandbreite an positiven Auswirkungen haben – ist an diesen Behauptungen etwas dran? Bild: Istock.com/Csaimages.

Das Strukturprotein Kollagen leitet sich vom griechischem Wort Kolla ab, was übersetzt Leim bedeutet. Das Eiweiß funktioniert im Körper als eine Art Stützmaterial, erzählt Kosmetikwissenschaftlerin Meike Streker. »Kollagen macht 30 Prozent des gesamten Eiweißanteils im Körper von Menschen und Tieren aus. Es sorgt für Feuchtigkeit und Spannkraft der Haut und gibt Knochen, Gelenken, Muskeln und Sehnen Halt.« Ab dem Alter von etwa 25 Jahren werden unsere Zellen träge, sagt die Wissenschaftlerin. Zwar werde Kollagen immer noch  produziert, allerdings viel langsamer, als es abgebaut wird. Das führt irgendwann zu einem Defizit im Körper. Dieses zeigt sich zum Beispiel an erschlaffender Haut.

Mit über 30% Anteil an der Gesamtmasse aller Proteine kommt Kollagen am häufigsten als Eiweiß im Körper vor. Es ist wesentlicher organischer Bestandteil des Bindegewebes und der Haut.

Solche körperlichen Veränderungen sind manchmal mehr, manchmal weniger spürbar. Aber sie machen sich bemerkbar. Kein Wunder also, dass viele Menschen dem entgegenwirken und das Kollagen im Körper wieder auffüllen möchten. 

Kein wissenschaftlich nachweisbarer Effekt

Seit Jahren schon werben Prominente mit sogenanntem Glow-Coffee. Sie trinken als Teil ihrer täglichen Morgenroutine Kaffee versetzt mit Kollagenpulver oder Trinkampullen mit Kollagen. Neben der Faltenreduktion sollen sich diese Präparate auch positiv auf Knochenstruktur, Sehnen und Bindegewebe auswirken. Es gibt bisher einige Untersuchungen, die die positive Wirkung von Kollagen auf den Körper bestätigen. Diese Studien wurden allerdings häufig von den Herstellern mit einer nur kleinen ProbandInnengruppe in Auftrag gegeben und finanziert. Demnach zweifeln viele MedizinerInnen die Glaubhaftigkeit dieser Studien an. »Es ist tatsächlich so, dass noch weitere und vor allem groß angelegte Studien zum Thema wünschenswert sind, jedoch deutet die bisherige Datenlage auf einen positiven Effekt auf die Hautgesundheit hin. Fairerweise muss man sagen, dass die wissenschaftliche Arbeit im kosmetischen Bereich eine ganz andere ist als bei Arzneimitteln. Es ist äußerst schwierig identische wissenschaftliche Zusammenhänge herzustellen wie zum Beispiel bei einem Schmerzmittel«, meint Streker. 

Zu kleine Studien

Streker selbst hat vor drei Jahren an der Wirkung von Kollagen geforscht. Dafür nahmen 25 Probantinnen über einen Zeitraum von zwölf Wochen Kollagenpräparate für die Haut zu sich. Gleichzeitig durften sie weder ihre Pflegeroutinen noch ihre Ernährung ändern, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. »Wir untersuchten die Haut der Frauen im Hinblick auf Feuchtigkeit, Elastizität sowie Dichte und Dicke mittels Ultraschall. Dabei stellten wir nach der Testphase tatsächlich signifikante Verbesserungen in allen Bereichen fest. Für eine wirklich große, europa- oder weltweit fundierte Studie bräuchte man allerdings viel mehr Menschen.«
Kollagen besteht überwiegend aus den Aminosäuren Glycin, Prolin und Hydroxyprolin. Aus diesen Bestandteilen kann der Körper eigenes Kollagen produzieren. Wichtig für die Haut sind nur Prolin und Hydroxiprolin. Diese gelangen durch die Blutbahn überall in den Körper, nicht nur in die Haut. »Wir gehen davon aus, dass sie sich dort mit den Fibroblasten aktivieren, wodurch wiederum unsere faulen Produktionszellen angeregt werden, mehr zu arbeiten«, sagt Streker.

Bessere Haut, gesündere Gelenke und ein frischeres Aussehen – Getränke mit Kollagen gelten als eine Art Verjüngungskur. Doch die Grundlagen dafür sind dürftig. Bild: Istock.com/Spicy Truffel.

Jenseits von Glow-Effekten

Professor Tobias Renkawitz ist Spezialist für Hüft- und Kniearthrose an der Uniklinik Heidelberg und weiß von den positiven Aspekten rund um Kollagen. Gegenüber dem SWR äußerte er sich im Juni 2023 folgendermaßen zum Nutzen der Präparate auf die Gelenke: »Man hat tatsächlich eine Verbesserung der Gelenkfunktion sowie eine mittlere Schmerzverringerung nach Einnahme dieses Nahrungsergänzungsmittels beobachtet. Allerdings haben solche Effekte viele Einflussfaktoren. Es ist deshalb schwierig, diesen Zusammenhang eindeutig herauszuarbeiten.« Laut Renkawitz bringt es nichts, diese Präparate vorbeugend gegen Arthrose einzunehmen.

Das Gesamte betrachten

Meike Streker sieht Potenzial in den Kollagenprodukten, verweist aber gleichzeitig auf den holistischen Ansatz. »Nur im Zusammenspiel mit ausgewogener Ernährung, genug Trinken und viel Bewegung kann Kollagen durchaus etwas bewirken. Wer aber weiterhin einen ungesunden Lebensstil verfolgt, dem wird Kollagen alleine auch nicht viel helfen«, meint die Wissenschaftlerin.

Die wesentlichen Aminosäuren, die die Kollagenproduktion anregen, finden sich zum Beispiel in den folgenden pflanzlichen Lebensmitteln in hoher Konzentration: 

Haferflocken
Kürbiskerne
Erdnüsse
Sojabohnen
Tofu
Linsen
Vollkornbrot
Dinkel und Hirse

Stiftung Warentest etwa untersuchte im Oktober 2022 insgesamt 15 Schönheitsdrinks mit Kollagen und kam zu dem Ergebnis, dass der von den Herstellern versprochene Nutzen nicht wissenschaftlich belegt werden kann.
Das Eiweiß von tierischem Kollagen wird überwiegend aus Schlachtabfällen wie Schweine- oder Hühnerhaut sowie Fischresten gewonnen. Das Biokollagen des Herstellers Jarmino ist öko-zertifiziert und wird aus den Knochen von Rindern aus Weidehaltung gewonnen. Vegetarische und vegane Alternativen zu tierischem Kollagen hat Streker noch keine untersucht. Über die Wirkung der vegetarischen Alternativpropdukte aus beispielsweise Eierschalenmembran (des Herstellers Sunday Natural) oder die veganen Alternativen (etwa der Hersteller Aveau und Cosphera) kann sie nichts sagen, da hierzu noch kaum Studien durchgeführt wurden.
Wesentlich effektiver als die Einnahme von Kollagenpulver sind den ExpertInnen zufolge Bewegung und eine ausgewogene Ernährung. 

Hautalterung kann zwar nicht aufgehalten, aber mit der richtigen Pflege gut unterstützt werden. Hier hat BIORAMA sechs Produkte für das Altern mit Haltung empfohlen.

BIORAMA #87

Dieser Artikel ist im BIORAMA #87 erschienen

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