Altgeräte-Recycling

Auf wirtschaftlicher Basis organisiert bereiten Betriebe in Österreich Altelektrogeräte auf und führen die Rohstoffe wieder der Industrie zu.

Kühlschränke und andere Kühlgeräte werden ob ihres Leervolumens meist vergleichsweise regional aufbereitet und nur kurze Strecken transportiert.

Auch ein Rekord: 116.400 Tonnen Elektroaltgeräte (EAG) aus Haushalt und Gewerbe wurden 2017 in Österreich gesammelt – und damit erstmals die 100.000-Tonnen-Grenze überschritten. Dies entspricht einer Menge von 13 Kilogramm pro EinwohnerIn. Um derlei Zahlen EU-weit vergleichbar zu machen, wurde 2016 eine neue Berechnungsmethode eingeführt: Die Sammelmasse wird nun als Prozentzahl gegenüber den in den drei Vorjahren in Verkehr gesetzten Neugeräten angegeben. Diese Quote muss laut Vorgabe bei 45 Prozent liegen.

Laut der Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle (EAK), die in Österreich die Koordinierung der Abholung der gesammelten Elektroaltgeräte und Altbatterien durchführt, liegt Österreich aktuell mit einer Quote von 62,5 Prozent im europäischen Spitzenfeld. 15.000 Tonnen an Elektroaltgeräten werden laut Statistik illegal ins Ausland exportiert. Es gibt aber auch in Österreich Geräte, die nicht ordnungsgemäß entsorgt werden. Dazu muss man sagen: In anderen Bereichen, etwa bei Altautos, wird davon ausgegangen, dass rund 10.000 Altfahrzeuge nicht der ordnungsgemäßen Aufbereitung zugeführt werden. Elisabeth Giehser, Geschäftsführerin der EAK, über die Sammelquote: »Österreich ist im Bereich der Sammlung der EAG sehr gut aufgestellt und war immer mit den Sammelergebnissen im Spitzenfeld. Die Sammelquote im Jahr 2017 betrug durch die Hinzurechnung zusätzlicher Sammelquellen für Elektrogroßgeräte rund 62,5 Prozent nach dem von der EU vorgegebenen Berechnungsschema.«

Ab 2019 gibt es ein neues, von der EU vorgegebenes Ziel von 65 Prozent. Auch Marion Mitsch, Geschäftsführerin der vor allem Altkühlgeräte recycelnden UFH Holding, sieht Österreich gut aufgestellt und spricht internationale Standards an, die in Österreich vielfach zum Einsatz kommen: »Österreich ist im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt. Das betrifft sowohl die Sammelquoten als auch die Verwertungszahlen. Mit unserer Kühlgeräte-Recyclinganlage zählen wir europaweit zu den Besten. Das eingesetzte Kryokondensation-Verfahren ist besonders umweltfreundlich. Auch das Weeelabex-Zertifikat garantiert Entsorgung auf höchstem und modernstem Niveau.« Der Weeelabex-Standard wurde auf Initiative des WEEE-Forums – Waste Electrical and Electronic Equipment der Europäischen Vereinigung für Sammlung, Behandlung, Recycling und Verwertung von Altgeräten sowie zum Monitoring von Behandlungsbetrieben – gestartet.

»Trotz des sehr dichten Sammelnetzes von mehr als 2.000 kommunalen Sammelstellen in Österreich obsiegt – vor allem in den Städten – oft die Bequemlichkeit und ein Teil landet im Restmüll oder verschwindet in Laden im Haushalt.« – Elisabeth Ghieser, EAK Geschäftsführerin.

Smartphone-Pfand?

Deutschland hat 2016 die angesprochene Quote mit einem Ergebnis von 44,95 Prozent – dies entspricht 9,5 Kilogramm Elektroschrott pro EinwohnerIn –knapp, aber doch verfehlt und sieht sich damit für das Erreichen der 65 Prozent ab 2019 vor eine große Aufgabe gestellt. Verantwortlich gemacht wird dafür der Handel mit zu geringen Rücknahmequoten, aber auch die Politik, die die Rücknahme nicht flächendeckend umsetzt und einfach genug gestaltet. Diesen Zustand kritisiert auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH): »Deutschland entwickelt sich zum neuen Sorgenkind der EU. Die Grenzwerte für sauberes Wasser und saubere Luft werden bereits seit Langem nicht eingehalten. Jetzt wird auch die Mindestvorgabe für die Sammlung des oft mit Schadstoffen belasteten Elektroschrotts gebrochen. Dabei wurde das Sammelziel mit 45 Prozent im Jahr 2016 von der EU besonders niedrig angesetzt«, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Seit dem 24. Juli 2016 sind HändlerInnen ab einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmetern für Elektrogeräte zur Rücknahme ausgedienter Geräte verpflichtet. Kürzlich veröffentlichte Ergebnisse von Testbesuchen der DUH zeigen, dass viele HändlerInnen die Rücknahmepflichten boykottieren. 

Im Gegensatz zu Österreich und anderen Ländern gibt es in Deutschland zwar Rücknahmesysteme, es sind aber die HerstellerInnen, die dafür sorgen müssten, dass sie Recycler mit der Verarbeitung beauftragen. Die Kosten dafür haben da wie dort die HerstellerInnen zu tragen, es gibt aber nicht wie in Österreich ein System, in dem KonsumentInnen beim Kauf eines Geräts eine Plakette für deren Recycling bezahlen. »Mittelfristig muss für Elektrogeräte ein Pfand erhoben werden«, so Resch. In Irland und Portugal liegt die Quote bei 54 Prozent, in Kroatien und Schweden bei 61 Prozent.

»Die durch das Recycling gewonnenen sogenannten Sekundärrohstoffe werden verkauft und in den Kreislauf zurückgeführt.« – Marion Matsch, UHF Geschäftsführerin

Neuer Rohstoff

Die Sammlung und Verwertung der Elektro- und Elektronikaltgeräte sowie der Gerätealtbatterien erfolgt zum größten Teil über Verträge mit einzelnen Sammelstellenbetreibern, Regionalverbänden und den Bundesländern. Das Recycling selbst ist operativ vielfach Aufgabe der Abfallwirtschaft. Im Bereich Altelektrogeräte sind dies verschiedene Unternehmen: angefangen von Familienbetrieben, die seit vielen Jahrzehnten in der Schrott- und Metallaufbereitung tätig sind, über jüngere Unternehmen, die aufgrund kommender EU-Richtlinien von informierten Kreisen gegründet wurden, bis zu tendenziell noch forschenden Unternehmen im Kunststoffrecycling.

Sie finanzieren sich einerseits über die Lizenzentgelte, die beim Kauf eines Geräts fällig werden, andererseits über den Wiederverkauf der gewonnenen Altrohstoffe, die wieder der Produktion zugeführt werden. »Der Großteil der Recyclingwirtschaft in Österreich ist nicht auf Förderungen aufgebaut, lediglich im sozialökonomischen Bereich erfolgt ein Zuschuss vom Sozialstaat – meist um Langzeitarbeitslose wieder zurück ins Arbeitsleben zu führen. Die Sammlung und Verwertung wird durch die Lizenzentgelte finanziert, die HerstellerInnen und ImporteurInnen an die Sammelsysteme in Österreich bezahlen müssen, wenn sie ihre Produkte in Verkehr setzen«, erklärt Elisabeth Giehser. Marion Mitsch sagt dazu: »Die Einnahmen setzen sich einerseits aus den Entsorgungsbeiträgen der Sammel- und Verwertungssysteme für das Recycling der gesammelten Geräte zusammen und andererseits zum Großteil aus den Rohstofferlösen. Die durch das Recycling gewonnenen sogenannten Sekundärrohstoffe werden verkauft und in den Kreislauf zurückgeführt. Wir betreiben eine Onlineplattform für Sekundärrohstoffe, die europaweit VerkäuferInnen und KäuferInnen von Sekundärrohstoffen zusammenbringt: www.secontrade.com.« Die durch die Digitalisierung bedingte Ausweitung des Onlinehandels mit Sekundärrohstoffen fördert den Einsatz von Recyclingmaterial in der Industrie – und bringt damit Einsparungen von Primärrohstoffen in der Fertigung und eine Steigerung der Ressourceneffizienz sowie der Rohstoffproduktivität.

Grundsätzlich ist die Altstoffwirtschaft ein sehr regionales Geschäft, nicht nur, aber auch, weil zum Beispiel Kühlschränke durch die großen Hohlräume teuer zu transportieren sind. Marion Mitsch von UFH: »Die Regionalität spielt eine große Rolle, rund 80 Prozent der von uns behandelten Kühlgeräte stammen aus Österreich. Hier ist natürlich die Logistik ein wesentlicher Kostenfaktor.« In der Aufbereitung – also in erster Linie dem Zerlegen von Altgeräten in ihre Bauteile und unterschiedlichen Stoffe – basiert viel auf alten physikalischen Methoden, die etwa LandwirtInnen früher zur Trennung von Spreu und Weizen nutzten. Dazu kommen elektronische Methoden wie etwa Farberkennung und bei Kunststoffen chemische Prozesse.

Werden Altgeräte illegal – etwa nach Afrika – exportiert, werden sie der dortigen Abfallwirtschaft zugeführt. Zum Großteil arbeitet diese deutlich weniger umweltschonend und stellt ein gesundheitliches Risiko für die auf diesen Halden arbeitenden und lebenden Menschen dar. Die EAK appelliert so aus mehreren Gründen immer wieder »an die Bevölkerung, Elektroaltgeräte nicht an informelle/illegale SammlerInnen weiterzugeben und Elektroaltgeräte und Altbatterien keinesfalls in den Restmüll zu werfen«. Wenn es generell um die Vermeidung von Müll geht, müssen auch die ProduzentInnen in die Pflicht genommen werden, hier spielen nicht nur Themen wie geplante Obsoleszenz eine Rolle, sondern auch das gerade erst wieder in Mode kommende Reparieren von Geräten. Denn, so Marion Mitsch, auch »die Industrie ist gefordert, bereits beim Produktdesign auf die Recyclingfähigkeit der Geräte zu achten«. Auch wenn KonsumentInnen durch ihr Kauf- und Entsorgungsverhalten viel beeinflussen können, manches ließe sich auch in größeren Zusammenhängen ändern. Etwa durch politische Entscheidungen und gesetzliche Regelungen, die den ProduzentInnen vorschreiben oder diese motivieren, Geräte besser reparierbar zu machen, geplante Obsoleszenz vielleicht auch verbieten. Oder durch Maßnahmen wie den Verzicht auf die Mehrwertsteuer bei Reparaturservices.

»Mittelfristig muss für Elektrogeräte ein Pfand erhoben werden.« – Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH

Auch Entwicklungen verändern die Branche und hier gibt es durchaus die berechtigte Hoffnung, dass sich international noch viel im Bereich Technologie tun wird. So wird etwa der leichte Rückgang der Sammelmenge bei Batterien auf eine länger werdende Nutzungsdauer zurückgeführt. Die chemische Zusammensetzung von Gerätebatterien hat sich durch Lithiumbatterien stark verändert. War vor zehn Jahren noch die Schadstoffbelastung – vor allem durch Nickel-Cadmium-Batterien, aber auch durch quecksilber- und bleihaltige Batterien – ein Thema, hat sich das Risiko nun eher auf mögliche Brandgefahren verlagert. Dies stellt die Abfallwirtschaft vor große Herausforderungen und Investitionen, um die Recyclinganlagen vor Brandgefahren zu schützen. 

Mit Methoden, die oft auf einfachen physikalischen Prinzipien basieren und schon lange in der Landwirtschaft eingesetzt werden, werden die Altgeräte in ihre Grundstoffe zerlegt.

Aber auch das seit vielen Jahrzehnten kommunizierte Problem mit dem Sammeln von Batterien existiert noch immer: »Trotz des sehr dichten Sammelnetzes von mehr als 2.000 kommunalen Sammelstellen in Österreich obsiegt – vor allem in den Städten – oft die Bequemlichkeit und ein Teil der Batterien landet im Restmüll oder verschwindet in Laden im Haushalt«, benennt Elisabeth Giehser das Problem. Die EAK setzt hier auf Aufklärung. Sie sieht gerade in Großstädten noch viel Aufholbedarf und informiert nicht nur über Sammelstellen, sondern auch darüber, dass Altgeräte nicht Müll sind, sondern auch wertvolle Ressourcen beinhalten.  

BIORAMA #58

Dieser Artikel ist im BIORAMA #58 erschienen

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