Die letzten Tage der Wildblumen

© Thomas Stollenwerk

Wildblumen „Sonnengruß in Dottergelb“ am Karlsplatz | © Thomas Stollenwerk

Manch einer freut sich auf die bunten Farben des Herbstes – in Wien bekommt man davon allerdings eher wenig zu sehen, momentan dominieren eher triste Grautöne die Stadt. An alle, die sich jetzt schon wieder nach ein bisschen Sommer, Blumenwiesen und Balkonien sehnen, sendet Biorama einen sonnigen Gruß und eine heiße Empfehlung: bewundert die Wildblumen so lange ihr noch könnt!

Bald ist es soweit – Wien wählt am 11. Oktober seinen Landtag und Gemeinderat. In ganz anderer Sache haben die Wiener ebenfalls ihre Stimmen abgegeben. Mindestens genauso bunt wie die Wählerstromanalyse sein wird, ist das duftende Ergebnis des Wiener Blumenvotings, das im Juni 2014 dafür sorgte, dass Wien dieses Jahr voller Wildblumen ist. Erstmals konnte mitbestimmt werden, welche Blumen die öffentlichen Beete zieren dürfen. Es war ein bitteres Kopf-an-Kopf-Rennen, aber es kann eben nur einen Sieger geben: mit einem knappen Vorsprung von 44 Stimmen konnte sich der „Sonnengruß in Dottergelb“ gegen seine knallharten Konkurrenten „Lichtspiele in Rot-lila“ und das „Empfangskomitee in Rosarot“ durchsetzen. Zurecht!

© Eléna Seitaridis | Mädchenauge

Mädchenauge | © Eléna Seitaridis

Der Sonnengruß lässt grüßen

Es ist die hübsche Kombination aus Mädchenauge, Ziersalbei und Prachtkerze, die der Saatgutmischung „Sonnengruß in Dottergelb“ entspringt – und das gleich 900 000 mal in Wien! Ein knappes Monat hat es gedauert, bis die Wiener Stadtgärten jedes Saatgut-Körnchen in Erde gebettet haben. Wer nun glaubt, es muss sich dementsprechend um Tonnen an Saatgut handeln liegt aber falsch – ein paar Klio Blumensamen reichen aus um Wiens Flora zu neuem Leben zu erwecken. Die Wildblumen sehen nicht nur gut aus, sondern haben eine ganze Palette an Qualitäten aufzuweisen. Zum einen sind sie besonders trockenheitsverträglich – ein Muss für jedes Lebewesen – egal ob Pflanze, Tier oder Mensch – wenn es die extremen Temperaturen der heurigen Hitzewelle unbeschadet überstehen wollte. Nicht nur die Wiener lieben ihren Wahlsieger, auch die Bienen freuen sich über Prachtkerze und Ziersalbei. Der Nektar dieser Wildblumen mundet den fleißigen Insekten nämlich besonders – das summende Treiben in den Beeten war kaum zu übersehen. Ob unser Stadthonig heuer besser schmeckt?

© Eléna Seitaridis | Prachtkerze

Prachtkerze | © Eléna Seitaridis

Lang leben die Moore!

In über 1.500 Beeten wurden das Saatgut heuer ausgesät. Was man dazu braucht? Eine Menge an nährstoffreicher Erde. Das Problem daran? Torf. Dieser wird in Hochmooren abgebaut und bildet sich dort über tausende von Jahren heran – Fehlanzeige in punkto Reccourcenschonung. Bei großen Produktionen ist Torf normalerweise ein sehr starker Bestandteil des Substrates, zu dessen Gewinnung ganze Landschaftsgebiete mit wertvoller Flora und Fauna zerstört werden. Dieses Jahr nicht, und das ist einzigartig. Drei Jahre lang wurde an der Entwicklung eines torffreien Substrats gearbeitet und heuer ist es endlich soweit. Die umweltfreundliche Erde besteht aus einer eigenen Mischung mit dem Biokompost der Stadt Wien – unseren Biomüll konnten wir heuer also überall in Wien finden und riechen, transformiert in wunderschöne Wildblumen.

© Eléna Seitaridis | Ziersalbei

Ziersalbei | © Eléna Seitaridis


Wildblumen für alle

Dieser Tage ist die letzte Möglichkeit die Wildblumen in der Stadt Wien zu bewundern. Sobald die ersten Nachtfroste Einzug halten, sieht es mit der Blumenvitalität nicht mehr ganz so rosig aus. Außerdem: Ende Oktober wird mit der Pflanzung von Tulpenzwiebeln begonnen, damit diese pünktlich im April den Frühling einläuten. Eine gute Nachricht für all jene, die sich ein bisschen Sommer nach Hause holen wollen: der Sonnengruß in Dottergelb gedeiht nicht nur zwischen Kreuzung und Kreisverkehr prächtig, er fühlt sich auch in städtischer Balkonluft pudelwohl. Die Wildblumen im Jänner selbst zu ziehen dürfte sich wegen einem winterlichem Mangel an natürlicher Lichtversorgung schwierig gestalten, aber wenn die Eismänner uns den Rücken gekehrt haben, lassen sich die kleinen Pflänzchen wunderbar eintopfen. Tipp zur Pflege: nicht zu nass halten! (Ein Plus für alle Balkongärtner, die wochenendweise nicht immer die Nachbarn zum Gießen einteilen wollen).

© Eléna Seitaridis | Sonnengruß in Dottergelb

Sonnengruß in Dottergelb | © Eléna Seitaridis

Neues Jahr, neues (Bienen-)Glück

Die Blumenkonzepte für 2016 stehen bereits fest – dem Wildblumentrend wird erneut Tribut gezollt. Gepflanzt werden Zinnien in pink und weiß, die Steppenkerze und rot- und grünblättrige Gräser. Die Wirkung auf die Natur spielte nicht nur heuer eine wesentliche Rolle in der Blumenwahl, die für ökologisches Gleichgewicht sorgt, denn die Prachtkerze ist auch in der nächsten Mischung enthalten – Optik trifft auf Nutzen: die Bienen dürfen sich freuen.

Das Wiener Blumenvoting ist eine Initiative von Umweltstadträtin Ulli Sima, in Kooperation mit den Wiener Stadtgärten.

Wer heimische Wildblumen für Garten oder Balkon kaufen möchte, kann das z.B. hier tun. 

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