Die Artenvielfalt im Garten

Bild: Alexander Haiden/Natur im Garten

Bild: Alexander Haiden/Natur im Garten

Die Woche von 18. bis 26. Mai steht ganz im Zeichen der Artenvielfalt. Die Garten Tulln lädt dazu Experten aus ganz Österreich ein, ihr Wissen und Know-how bezüglich Artenvielfalt zu teilen. Die Woche der Artenvielfalt findet im Rahmen der Aktion „Natur im Garten“ statt, ein Themenschwerpunkt der Garten Tulln. BIORAMA hat sich mit Joachim Brocks, dem fachlichen Leiter dieses Schwerpunkts, unterhalten, um mehr über den Schutz der Artenvielfalt, sowie die Besonderheit der Garten Tulln herauszufinden.

Die Garten Tulln ist eine Anlage auf der 60 verschieden Schaugärten präsentiert werden. Eine Vielfalt aus Farben, Blütenpracht, Gestaltungsmöglichkeiten und Stilrichtungen wird geboten. Das Besondere daran: Die Gärten werden ökologisch behandelt. Es wird auf Pestizide, synthetische Dünger, sowie auf Torf verzichtet, und stattdessen auf die Jahrzehnte lange Erhaltung der Anlage gezielt.


BIORAMA: Wie beteiligt sich die Garten Tulln an der Woche der Artenvielfalt?

Joachim Brocks: Die Garten Tulln ist nicht nur Veranstaltungsort, sondern auch Partner der Aktion „Natur im Garten“, die in der besagten Woche auch einen eigenen Tag der Artenvielfalt am 25. Mai. organisiert.

Es finden mehrmals täglich Führungen zum Thema Artenvielfalt statt. Wie wird so eine Führung gestaltet? Wie lange wird sie dauern?

In der Woche der Artenvielfalt wird die tägliche Führung um 10.30 Uhr unter das Thema der Artenvielfalt gestellt. Diese Führungen dauern ca. eine Stunde und in dieser Zeit zeigen die „Natur im Garten“-Berater die Hot-Spots der Artenvielfalt am Gelände der Garten Tulln. Der „Tag der Artenvielfalt“ auf der Garten Tulln  bietet den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, diese Vielfalt in vertiefter Form zu begreifen und im direkten Kontakt mit der Natur zu erfahren. Dazu kommen Profis aus Wissenschaft und Forschung, die verschiedene geführte Vor-Ort-Exkursionen leiten, bei denen die unterschiedlichsten Arten aus dem Tier- und Pflanzenbereich gezeigt und bestimmt werden. Wechselbeziehungen in der Natur können sehr gut nachvollzogen werden und der Wert der Vielfalt wird spürbar. Diese Führungen dauern zumindest eine Stunde, die genaue Dauer ist vor allem von der Begeisterung und dem Forschergeist der Teilnehmerinnen und Teilnehmer abhängig.

Außerdem bieten Sie ein durchgehendes Bühnenprogramm. Was kann man sich dazu vorstellen?

Wir haben das Programm, das normalerweise auf einer Bühne passiert, diesmal direkt in ein „Forscherdorf“ auf dem zentralen Marktplatz der Garten Tulln gelegt. Hier wird eine Moderation durch den Tag führen und gemeinsam mit „Natur im Garten“ unseren Besucherinnen und Besuchern die direkte Begegnung mit Spezialistinnen und Spezialisten und eine detailliertere Auseinandersetzung mit den Inhalten ermöglichen. Im „Forscherdorf“ werden Fachleute für verschiedenste Tier- und Pflanzengruppen Wissenswertes rund um die Artenvielfalt vermitteln. Bei den Exkursionen mit unseren Experten um 10, 12, 14 und 16 Uhr können sich alle Besucherinnen und Besucher am Sammeln und Bestimmen von Arten beteiligen. Anschließend werden gefundene Tiere und Pflanzen gezeigt und erklärt. Betreffend Kinder: Auch wenn sich das inhaltliche Programm primär an Erwachsene wendet, gibt es für Kinder viel zu entdecken. Wir zeigen Tiere und die Fachleute vermitteln ihre Inhalte auch kindgerecht. Lebende Tiere ziehen Kinder immer magisch an.

Die Garten Tulln achtet auf eine rein ökologische Behandlung ihrer Gärten. Wird auch besonders auf Artenvielfalt geachtet?

Eine möglichst große Artenvielfalt, deren Schaffung und deren Erhalt sind für ökologisches Gärtnern grundlegend. Sie ist für das ökologische Gleichgewicht und natürlich für die Schönheit eines Gartens über das ganze Jahr wichtig. Wir achten auf eine große Artenvielfalt.

Joachim Brocks Bild: Michael Liebert

Joachim Brocks
Bild: Michael Liebert

Warum ist Artenvielfalt so wichtig?

Wir sind gewohnt, im Garten „Schädlinge“, die wir nicht wollen, und willkommene „Nützlinge“ zu unterscheiden. Vergessen wird dabei nicht nur die Mehrheit der Arten, die in keine Kategorie passt, sondern auch, dass es vielseitige Abhängigkeiten unter ihnen gibt. Ohne Mäuse etwa gäbe es keine Erdhummeln, die für ihre Nester Mäuselöcher benötigen. Grundsätzlich kann man sagen, dass artenreiche Systeme einfach besser funktionieren. Fällt eine Art aus, kann ihre Aufgabe von anderen übernommen werden. Gibt es eine geringe biologische Vielfalt, kann es leicht passieren, dass Arten zu „Schädlingen“ werden, weil das System aus dem Gleichgewicht gerät. In einem naturnahen, artenreichen Zustand gibt es keine richtigen Schädlinge, denen man nicht Herr werden kann. Jede Art hat ihren Platz.

Bei welchen Pflanzen sollten wir vor allem auf die Artenvielfalt achten?

Die wichtigsten Pflanzen im Garten sind die heimischen Arten. An sie ist die heimische Tierwelt angepasst. Wer heimische Pflanzen setzt oder ihr spontanes Aufkommen zulässt, bietet auch Lebensraum für viele Tiere an. Exotische Pflanzen haben für heimische Tiere meist nur einen geringen Nutzen. Die Entscheidung eine heimische Art zu pflanzen kann die Artenvielfalt stark erhöhen. Manche Pflanzenarten können durchaus 200 Tierarten Nahrung bieten, die ihrerseits auch wieder wichtige Elemente im Nahrungsnetz sind. Arten aus anderen Erdteilen wie die Thuje, bieten keiner einzigen heimischen Tierart Nahrung.
Wichtig sind auch „Samenunkräuter“ in Gemüsebeeten, die, etwas in Zaum gehalten, unseren Nutzpflanzen durchaus nicht schaden, sondern, im Gegenteil, durch Bodenschutz und das Anlocken von Nützlingen einen wichtigen Beitrag zur Pflanzengesundheit leisten können. 

Warum sterben immer mehr Pflanzen aus?

Das Aussterben von Arten, gleich ob Pflanzen, Tiere oder andere Organismen, hat fast immer nur den einen Grund: Lebensraumverlust. Das kann heißen, dass ein Lebensraum gänzlich zerstört wird, wie beispielsweise die Hochmoore zur Torfgewinnung. Durch Nutzungsänderung werden Lebensräume so verändert, dass viele Arten diese nicht mehr nutzen können. Das gilt zum Beispiel für Äcker durch Pestizideinsatz oder für Wiesen und Weiden durch Überdüngung.

Was kann man für den Schutz der Artenvielfalt tun, wenn man keinen Garten oder Grünflächen besitzt?

Nicht nur Grünflächen sind Lebensraum für viele Arten. Fledermausbretter oder Nisthilfen lassen sich an vielen Häusern anbringen. Artenreiche, nicht nur mit den üblichen Exoten bepflanzte Fensterkistchen oder Dachbegrünungen schaffen Lebensraum auch in der Stadt.  Setzen Sie sich für einen vielfältigen, naturnah gestalteten und ökologisch gepflegten öffentlichen Grünraum ein und schließlich ist auch jede Kaufentscheidung im Supermarkt eine Entscheidung für oder gegen biologische Vielfalt.

Die Garten Tulln behandelt ihre Gärten rein ökologisch. Nur die Gärten oder die gesamte Garten Tulln?

Die Garten Tulln als einzige ökologische Gartenschau Europas sieht sich als Ganzes der ökologischen Idee verpflichtet und arbeitet nach den Kernkriterien der Aktion „Natur im Garten“, das heißt, dass die Gestaltung und Pflege frei von Pestiziden, von chemisch-synthetischem Dünger und frei von Torf passiert. Wir arbeiten daran, alle Prozesse in der Firma nach diesen Gesichtspunkten auszurichten. Das betrifft Kleinigkeiten im Büro wie die Regelung, dass wir grundsätzlich zweiseitig ausdrucken oder dass wir Dienstreisen nach Möglichkeit mit der Bahn machen. Auch Energiesparen ist uns wichtig. So ist es uns beispielsweise gelungen, durch Bewusstseinsbildung und viele kleine Maßnahmen den Stromverbrauch innerhalb eines Jahres um fast 10% zu verringern. Ab dieser Saison haben wir unsere Mistkübel bepflanzt und stattdessen Müllsammelstellen zur Mülltrennung am gesamten Gelände aufgestellt.

Bild: Alexander Haiden/Natur im Garten

Bild: Alexander Haiden/Natur im Garten

Besitzen Sie selbst einen Garten? Wie achten Sie auf den Erhalt der Artenvielfalt?

Ich selbst kümmere mich um einen kleinen Innenhofgarten in Wien. Dort versuche ich auf kleinstem Raum viele Naturgarten-Elemente unterzubringen – Staudenbeete, Hochbeete mit Blüten rund ums Jahr, eine Blumenwiese und heimische Gehölze. Auch ein „Wildes Eck“ darf nicht fehlen, wo ich nicht eingreife und sich die Natur zu entfalten darf wie sie will. Spontan aufkommende Wildpflanzen wie das Leberblümchen, die Haselwurz, Kuckuckslichtnelke, Glockenblumen, das Berufskraut oder den Mauerlattich beobachte und integriere ich gerne in die Gestaltung – wenn mir das Ergebnis gefällt. So finden eine beachtliche Menge Pflanzen und somit auch Tiere eine Heimat mitten in der Stadt.

Was erwarten Sie sich von der Woche der Artenvielfalt?

Von der Woche der Artenvielfalt erwarte ich mir ein spannendes Programm, von den Fachleuten Impulse für eine noch vielfaltsfreundlichere Gestaltung unserer Gärten, Erkenntnisse zu bei uns vorkommenden Tieren und Pflanzen und natürlich viele begeisterte Besucherinnen und Besucher.

 

Mehr Informationen finden gibt’s unter:
www.diegartentulln.at

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