This Human World wird jünger und experimenteller

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So sehen die neuen Gesichter des This Human World-Fimfestivals aus, Djamila Grandits und Julia Sternthal (Foto: © Theresa Loibl)

Das This Human World-Festival ist nach der Viennale das zweitgrößte Filmfestival Österreichs. Zum ersten Mal seit seiner Gründung 2008 steht es unter einer neuen Leitung und wird von einem neuen, verjüngten Team auf die Beine gestellt.

Julia Sternthal ist in der österreichischen Filmszene schon bekannt durch die Gründung von Kino5 und vom kollaborativen Transmediaprojekt Batesian. Djamila Grandits hat an der Planung des portugiesischen Filmfestivals, INquieTUdo im letzten Jahr mitgewirkt. Heuer kuratieren die beiden zum ersten Mal das This Human World-Festival. Biorama hat mit ihnen über Veränderungen, Herausforderungen und Ausgleich gesprochen.

Wie ist es dazu gekommen, dass ihr das This Human World Festival leitet?

Julia Sternthal Wir haben uns davor beide noch nicht gekannt, aber wir kommen beide vom gleichen Studium – Theater-, Film- und Medienwissenschaft – und wir haben beide bei diversen Festivals mitgearbeitet. Ich hab die Ausschreibung vom This Human World-Festival gesehen und hab mich da einfach beworben.

Djamila Grandits Das war bei mir ganz ähnlich. Nachdem klar war, dass das Team komplett neu zusammen gesetzt wird,  hab ich mir gedacht, dass ich gern am Programm mitarbeiten würde. Es gab dann aber auch die Möglichkeit, sich für die Leitung zu bewerben. Die Julia und ich haben uns in der Anfangsphase kennengelernt und als sich herausgestellt hat, dass es die Möglichkeit gab, das gemeinsam zu machen hat das dann gut gepasst.

Was wird sich dieses Jahr ändern?

Julia Sternthal Was wir jetzt gemacht haben ist, dass wir das Wettbewerbsprogramm erweitert haben. Es hat vorher zwei Sektionen gegeben, jetzt gibt es vier. Es gibt eine internationale Competition, dann eine Young Filmmakers Competition – das sollte der erste oder zweite Langspielfilm als Filmemacher oder Filmemacherin sein – und dann gibt’s eine Shortfilm Competition – das sind Experimentalfilme und Animationsfilme bis zu maximal 15 Minuten – und die Austrian Competition bleibt nach wie vor. Wir wollen auch weiterhin österreichische Filmschaffende fördern.

Djamila Grandits Was sicher eine Neuheit ist, dass wir versuchen Animationsfilm und Experimentalfilm stärker zu integrieren. Es hat bisher einen starken Fokus auf Dokumentarfilme gegeben, weil das dem Thema einfach naheliegend ist. Wir wollen aber auch die nicht unbedingt am nächsten liegenden Auseinandersetzungsformen mit gesellschaftspolitischen und menschenrechtspolitischen Themen mit reinholen und einen künstlerischen Zugang finden. Dadurch, dass wir beide aus der Theater-, Film- und Medienwissenschaft kommen und sehr viel im Film gearbeitet haben, wollen wir auch das Filmische im Auge behalten, um ein cineastischen Publikum mit abzuholen und zeitgleich das politisch interessierte und engagierte Publikum nicht zu verlieren. Das ist in den letzten Jahren auch passiert, aber da wollen wir einfach noch stärker den Fokus drauf legen. Was auch neu ist, ist das wir versuchen die Jungendschiene noch mehr zu pushen.

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Julia Sternthal hat neben ihrer Tätigkeit als Filmschaffende und Filmstudierende jahrelang in einer Videothek gearbeitet und hat sich daraus ein großes Filmwissen angeeignet. (Foto: © Theresa Loibl)

Was sind momentan die größten Herausforderungen, die es in dem neuen Team zu bewältigen gilt?

Julia Sternthal Dadurch, dass der Wettbewerb erweitert worden ist, freuen wir uns jetzt schon darüber, dass sehr viele Einreichungen kommen. Man darf nicht unterschätzen, dass das einige 100 Filme sind, die man sichten muss.

Djamila Grandits Ja, das Sichten ist eine Herausforderung. Es hat schon eine Zeit gedauert sich da einzuarbeiten, vor allem, weil wir nebenbei schon mit der Planung des Festivals im Dezember beschäftigt sind. Das ist schön, aber das ist auch sehr fordernd. Man muss sich da relativ gut abgrenzen und auch delegieren können und das ist nicht so einfach.

Julia Sternthal Wir arbeiten auch gerade an zwei Sachen, die wahnsinnig viel Zeit in Anspruch nehmen. Einerseits eine Crowdfunding-Kampagne über wemakeit, wo man sich auch Packerl überlegen muss, was die Leute kriegen und ein Video, dass wir noch drehen. Und darüber hinaus ist grad die Ausschreibung für Trailer und Sujet rausgegangen und wir planen dann eine Ausstellung mit den besten Posters und Trailers zu machen . Die wollen wir in eine Videogalerie bringen und in Festivalnähe ausstellen. Das ist auch eine Neuerung, dass es eine Ausschreibung gibt für Trailer und Sujet. Früher sind da konkret Aufträge vergeben worden, aber dieses Mal wollten wir Künstler und Künstlerinnen, Filmschaffende sichtbar machen, auf die man normalerweise nicht sofort zurückgreift.

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Djamila Grandits hat mit Jus und Politikwissenschaften begonnen bevor sie sich für das Studium der Theater-, Film und Medienwissenschaft entschieden hat. Nun setzt sich sich künstlerisch mit Politik und Recht auseinander. (Foto: © Theresa Loibl)

Ist das ein Seitenwechsel vom Filmschaffenden zur Festivalleitung?

Djamila Grandits Ich glaub es ist spannend beide Seiten zu kennen, in der Festivalleitung die filmschaffende Seite zu kennen und zu wissen, was ist ein fairer Umgang? Wie entstehen diese Dinge? Die Produktionsseite zu kennen ist sicher sehr hilfreich im Umgang mit den jeweiligen Arbeiten.

Julia Sternthal Wenn man weiß, wie viel Arbeit es ist, Filme zu machen, wenn man denkt, ok, Dokumentarfilm, ok, schwieriges Produktionsland, schwierige Bedingungen. Da schätzt man dann nochmal mehr, wenn Leute 3-4 Jahre in ein Projekt reinhauen, aber es ist trotzdem wichtig, dass das filmische Resultat dann funktioniert. Die Produktionsbedingungen sollen nicht entscheidend sein, wie ich einen Film bewerte.

Gehen sich da zusätzlich noch die eigenen Filmprojekte aus?

Julia Sternthal Das ist schwierig. Ich komm vom der Art Film, wo es die Attitude eigentlich ist, dass man in 60 Stunden Filme machen kann, das KinoKabaret oder KinoDynamique. Da gibt es weltweite Veranstaltungen, wo man sich austauscht und gemeinsam Filme macht. Insofern, ja, das geht sich aus, wenn man sich 60 Stunden Zeit nimmt. Ich glaub, es ist immer wichtig zu seinem Job – egal was für einen Job man hat – einen Ausgleich zu haben und den Kopf frei zu kriegen. Ob das Musikhören ist oder Musikmachen oder auch andere Filme zu schauen, die nichts mit dem Festival zu tun haben. Das ist gerade meine Schwierigkeit.

Djamila Grandits Eigene Projekte hab ich momentan alle auf Eis gelegt, weil ich es nicht schaffe, mich zehnzuteilen, aber ich versuch auch meinen Ausgleich zu finden. Von Dezember bis März gib es dann Zeit, wo sich alles setzen kann, da will ich durchaus dann wieder Projekte machen.

Das Thema dieses Jahr ist Future Perspectives & Utopia. Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

Julia Sternthal Wir wollen auch Filme zeigen, die einen positiven Ausblick geben können. Dadurch, dass wir ein Programm von zwischen 80 und 100 Filmen haben, ist es auch wichtig optimistische und positive Filme reinzuholen.

Djamila Grandits Ja, natürlich ist es ein Widerspruch, es ist aber auch eine Fragestellung, wie kann eine Zukunftsutopie aussehen? Was wäre eine utopische Zukunftsperspektive. Wäre schön, wenn es tatsächlich Beispiele gibt, wo das tatsächlich gelebt und erforscht und entwickelt wird.

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©This Human World

Nähere Infos zum Festival und zu den Jugend-, Kurzfilm- und Kunst-Wettbewerben gibt es auf der Homepage. Dort kann man auch erfahren, woher man Tickets bekommt und welche Kinos beteiligt sind.

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