Naschkultur in der Stadtnatur

(Foto: dirkb86 auf Flickr CC BY 2.0)

Wien 21 tischt auf mit Naschobst auf öffentlichem Areal. In Neu-Stammersdorf und im Donaufeld erhalten wir Einblick in die Konzepte Wald- und Naschgarten.

In Neu-Stammersdorf zwischen der Anton-Schall Gasse und dem Marchfeldkanal füllt ein Waldgarten ein frei liegendes Areal. Derzeit ähnelt es zwar noch eher einer Streuobstwiese, aber kein Wunder – die Bäume und Sträucher stehen noch nicht lange. Ein Waldgarten, wenn er denn ausgewachsen ist, kombiniert die Eigenschaften eines lichten Waldes mit denen eines Raums für Nutzpflanzen, wie man sie aus dem Garten kennt. Dort gedeihen können niedrige, krautige Pflanzen, wie Minze oder Taglilien und Sträucher wie Himbeere, Jostabeere, Ribisel, rankende Kiwis aber auch Bäume wie Nuss, Apfel oder Maroni. Noch wird der junge Garten gegossen und von Unkraut händisch frei gehalten. Später einmal soll der Waldgarten ohne Gießkanne und Krautzupfen auskommen, wenn die Wurzeln kräftiger sind und die Baumkronen ihre Funktionen übernehmen können: Schatten spenden und Essbares fallen lassen.

Das Interesse am alternativen Freiraumkonzept ist groß. (Foto: BIORAMA)

Noch muss der junge Waldgarten an der Anton-Schall Gasse wachsen. (Foto: BIORAMA)

Der Waldgarten ist nach Vegetationstypen zoniert (Foto: BIORAMA)

Wenn nicht nur Bäume Früchte tragen

Im Waldgarten in Wien 21, ist prinzipiell alles essbar und von jedem nutzbar. Obst von A bis Z, Raritäten und Wohlbekanntes. Die Sortenvielfalt im Waldgarten ist dabei enorm. Zäune gibt es keine. Asphaltierte Wege oder Rasen mit Dauerkurzschnitt auch nicht. „Wir wollen zeigen, dass eine andere Freiraumnutzung auch funktioniert“  – Die Landschaftsplanerin Karin Standler steht hinter dem alternativen Freiraumkonzept. Bepflanzen, Gieβen, Jäten und Mähen ist der pflanzliche Aspekt des Projekts. Wissen vermitteln und verbreiten ein anderer. Dafür sorgen die Tafel am Verkostungstisch, der gemütlichen Sitzecke im Garten, und die Beschilderungen am Areal. Sie liefern Nützliches rund um Indianerbanane, Dirndl oder Quitte. Übrigens: Schon gewusst, dass man Taglilien essen kann? Schmecken nach süβem Chicoree.

Naschgarten im Donaufeld

Sortenvielfalt und freier Zugang zum Essbaren Freiraum – diese Ziele verfolgt auch Wiens erster Naschgarten im Donaufeld: Auf dem ehemaligen Gemüsefeld der MA 49 wurden diverse Wildsträucher, Apfelhecken, Zwetschken, Kirschen & Co gepflanzt und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Jeder ist willkommen und eingeladen zu pflücken, zu sammeln, zu ernten und auch mitzuhelfen. Es geht dabei vor allem um die Bewusstseinsbildung und um das sinnvolle Nutzen von Freiräumen in der Stadt. Die GB*21, die Gebietsbetreuung Floridsdorf, welche hinter dem Naschgarten steht, organisiert in diesem Sinne regelmässige Workshops und Mitmachaktionen rund um das Thema Freiraumnutzung und Essbares in der Stadtnatur.

Wiens erster Naschgarten grenzt an die Fahrradstrecke unter der Linden Allee. (Foto: BIORAMA)

Auch im Naschgarten sind Ribisel, Himbeere & Co beschildert. (Foto: BIORAMA)

Die Bilanz der zwei Freiraumnutzungstypen kann sich sehen lassen. Kein Vandalismus, kein Baumklau, keine Attacken durch plötzlich herunterfallende Äpfel. Im Gegenteil, im Waldgarten zeigen AnrainerInnen sogar Verantwortungsgefühl und lassen den Wasserschlauch über ihren angrenzenden Gartenzaun hängen. Auch Unkraut verschwindet durch AnrainerInnenhand. Bedenken und Befürchtungen zum Thema „Essbares im öffentlichen Raum“ gibt es dennoch. Vor allem seitens der Behörden. Susanne Staller von der GB*21 weiss um die Hemmschwellen der Ämter und dass das Thema noch lang keine „gmahte Wiesn“ ist. „Mehr Essbares in der Stadt pflanzen“ – die Landschaftsplanerin ist davon überzeugt, dass das die einzige Möglichkeit ist, diese Bedenken zu reduzieren. Weitere Nasch- und Garteninitiativen können unter „Essbares Floridsdorf“ erkundet werden.

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