Klimaschutzpreises 2017: Die besten „Verlierer“ des Jahres

Am 13. November wurde der Klimaschutzpreis Österreichs in fünf Kategorien vergeben. Biorama nimmt das 10-Jahre-Jubiläum des Preises zum Anlass, jene vorzustellen, die es gerade nicht geschafft haben.

(Bild: ORF)

Nicht gewonnen, aber zu recht nominiert: Jährlich gibt der Klimaschutzpreis Einblicke in die Vielfalt innovativer und neuer Ideen, die es in Österreich in Sachen Klimaschutz so gibt – und spannend sind klarerweise nicht nur die Siegerprojekte. Bei insgesamt über 3.000 Einreichungen in den vergangenen zehn Jahren ist die Konkurrenz groß, sind die Ansprüche an die Projekte entsprechend hoch. Aus den heuer 173 Einreichungen nominierte eine Fachjury je drei oder vier der Projekte, danach konnte das Publikum die Letztentscheidung über den  Gewinn treffen.

Landwirtschaft
Die Kategorie “Landwirtschaft” preist Betriebe, die auf nachhaltige Erzeugung von Energie setzen, Lösungsansätzen zu Erhalt der Artenvielfalt oder nachhaltiges Konsumverhalten fördern. Gewonnen hat das regionale Bio-Gemüse-Lieferservice “Vetterhof-Gemüsekiste”. Biobauer Simon Vetter und seine Familie liefern wöchentlich regionales und saisonales Gemüse um einen leistbaren Preis an rund 600 Abonnenten. (Infos dazu hier.) 

Gemeinsam Land bewirtschaften – das geht in den elf Morgentaugärten. (Bild: MORGENTAU)

Das Selbsterntegärten-Projekt “Morgentaugärten in Oberösterreich ist besonders wegen seines sozialen Aspekts nennenswert. An einem von elf Standorten können Menschen (vorrangig nutzen Städter das Angebot) ein kleines Stück Land pachten und bestellen. Für Hobbygarten-Novizen hat Inhaber Christian Stadler Berater eingestellt, die bei Fragen aushelfen können. Außerdem dürfen Schulen oder soziale Einrichtungen die Gärten gratis nutzen. Für Wiener gibts in der Cityfarm Schönbrunn – noch! – die Chance, sich als Gärtner auszutoben und sein eigenes Gemüse anzubauen. Aktuell läuft ein Crowdfunding, um das überaus engagierte Projekt zu retten.

Whiskey, Strohdächer und Selbstversorger: Kreislaufwirtschaft bei den Thauerböcks (Bild: Biohof Thauerböck)

Familie Thauerböck aus Oberösterreich ist Destilleriebetreiber, Strohdachdecken-Hersteller und Selbstversorger. Auf den ersten Blick mögen die verschiedenen Standbeine willkürlich wirken – in der Praxis ermöglichen sie eine perfekte Kreislaufwirtschaft. Aus Roggen wird Whiskey destilliert. Die Schlempe, eine Gärflüssigkeit, die nach dem Abdestillieren des Alkohols übrig bleibt, findet als Futter für die Tiere Verwendung. Die Halme des Roggens werden zu Strohdächern.

(Bild: Franz Zöchling)

Nachhaltigkeit ist nicht nur in der Landwirtschaft gefragt, gerade auch in der Forstwirtschaft müssen nachhaltige Lösungen gefunden werden. Zwar hat die Forstwirtschaft einst den Begriff der Nachhaltigkeit geprägt. Doch längst nicht alle Forstwirtschaft agiert heute nachhaltig. Auch in Österreich nicht. Anders: die Familie Zöchling aus Niederösterreich. Sie stellt in ihrem Betrieb Brennholz und Hackschnitzel her, weitgehend ohne fossile Energieträger. Dafür liefern Photovoltaikanlagen den Strom. Noch dazu löst ein elektrisch betriebener Schneidspalter alte Dieselgeräte ab. Beim Energie-Stammtisch betätigt man sich außerdem missionarisch: Die Familie berät andere Höfe beim Umstieg auf  Erneuerbare.

Gemeinde und Regionen
Die Kategorie “Gemeinden & Regionen” prämiert öffentliche Einrichtungen, die nachhaltige Projekte entwickeln und umsetzen. Gewonnen hat die Gemeinde Krummnußbaum
in Niederösterreich mit ihrer klimafreundlichen Siedlungsentwicklung. (Informationen dazu hier.)

Günstige Öffi-Tickets samt Nightline hat vor dem Sommer Tirol eingeführt. (Bild: VVT/Berger)

Vorbildliches passiert aber auch in Tirol: Mit dem Tirolticket lassen sich seit 1. Juni 2017 um 490 Euro pro Jahr alle öffentlichen Verkehrsmittel in Tirol nutzen. Das Ticket soll einerseits für die Öffinutzer als Anreiz dienen, gänzlich auf das Auto zu verzichten. Andererseits möchte auch der Verkehrsverbund Tirol Schritt für Schritt auf umweltfreundliche Energiequellen umsteigen – geplant sind hier Elektro- und Hybridbusse. Und um den Umstieg für die Fahrgäste auch nachts noch attraktiver zu machen, sollen auch Nightlines eingeführt werden.

In vielerlei Hinsicht vorbildlich: die Bürger der Gemeinde Lustenau. (Bild: Markus Gmeiner)

Die Vorarlberger Gemeinde Lustenau fördert schon bei den Jüngsten das Umweltbewusstsein. Mit dem Projekt Ein Königreich für die Zukunft erlernen Kinder aus elf Kindergärten, sparsam mit Ressourcen umzugehen. Erste Ergebnisse konnten schon gemessen werden: In allen Kindergärtnen ist der Verbrauch von Strom, Wasser und Heizenergie zurückgegangen.

Ein Blick in die Zukunft, ein Blick ins Pongau. (Bild: Stadtgemeinde St.Johann im Pongau)

St. Johann im Pongau in Salzburg ist einer der wenigen E5 Gold Gemeinden in Österreich. Die verschiedenen E5 Zertifizierungen erhalten Gemeinden für die erfolgreiche Umsetzung von konkreten Energie- und Klimaschutzmaßnahmen. Ab Umsetzung von 75 Prozent der Maßnahmen, bekommt einer Gemeinde das “eeeee”-Gold-Zertifikat. Ein Umweltausschuss, inzwischen „E5 Team“ genannt, kümmert sich in St. Johann parteiübergreifend um energierelevante Themen.

Tägliches Leben
Projekte von Privatpersonen und Vereinen, die im Alltag auf den Klimaschutz aufmerksam machen, werden in der Kategorie “Tägliches Leben” ausgezeichnet. Die Info-Website “Nachhaltigkeit in Graz
 bietet einen Überblick über in Graz angesiedelte umweltfreundliche Dienste, wie Fairtrade- oder Upcycling-Geschäfte, Bio-Restaurants oder Eventtermine – und hat dieses Jahr in der Kategorie gewonnen.

Weil Lebensmittel kostbar sind, engagiert sich Elke Oberhauser. (Bild: Lisa Engel)

Elke Oberhauser und ihr Mann Bernhard Oberhauser retten mit ihrem Kärntner Verein “Best of the Rest Lebensmittel, die sonst im Müll landen würden. Gemeinsam mit Schülern oder Asylwerbern verarbeitet sie diese. Die Gerichte können für Events als Buffet oder Catering bestellt werden. Alles, was nicht gleich aufgebraucht werden kann, wird als “Gläser mit Geschichte” als Fertiggericht oder Einmachgemüse konserviert.

Eine essperimentierfreudige Groß-Familie (Bild: Veronika Lafer)

Nach dem Vorbild des Fernsehprogramms des ORF “Essperiment” ernährt sich Familie Groß in der Steiermark nur noch von regionalen und saisonalen Lebensmitteln. Die Familie war zuvor Teilnehmer der Fernsehserie, entschloss sich aber nach Drehschluss, weiterhin mit dem “Essperiment” fortzufahren. Auf ihrem Blog teilt sie ihre Erfahrungen und erklärt, wie man ebenfalls auf regionale und saisonale Lebensmittel umsteigen kann.

Vereinsleben schafft Mehrwert: z.B. in Hafnerbach (Bild: Energiegruppe Hafnerbach)

Der Verein Energiegruppe Hafnerbach bemüht sich erfolgreich energierelevante Projekte im niederösterreichischen Hafnerbach umzusetzen. Er konnte bereits bis zu hundert Photovoltaikanlagen in der Gemeinde anbringen. Ein Elektroauto steht gegen einen Beitrag allen zur Verfügung und das örtliche “Hol und Bring”-Service Hubsi dient in der dünn besiedelten Gemeinde als Ersatz zu den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Betriebe
Von den drei Projekten in der Kategorie “Betriebe” gewann die Waldviertler Werkstätten GmbH mit “Die Zukunft beginnt jetzt! – 15 Jahre Sonnen-Gut-Scheine”. Durch den Verkauf von „Sonnen-Gutscheinen“, die in einem Zeitraum von zehn Jahren im Betrieb eingelöst werden können, finanzierten sie Photovoltaikanlagen.

(Bild: Zotter-Schokoladen Manufaktur GmbH)

Viele wissen, dass die Zotter Schokolade bio ist und unter fairen Handelsbedingungen hergestellt wird. Aber Inhaber Josef Zotter hat ein viel weitreichenderes Verständnis von Nachhaltigkeit. So werden die übriggebliebenen Schalen der Kakaobohnen als Dünger, Tierfutter oder Heizstoff verwendet. Auch der Strom für die Schoko-Produktion ist größtenteil ökologisch.

Dammstoff Stroh von SonnenKlee (Bild: Michael Gromer)

Eigentlich erzeugt die Firma SonnenKlee Stroh als Futtermittel für Tiere. Stroh kann jedoch viel mehr. Als Dämmstoff für Gebäude ist es ein umweltfreundliches Material, das im Gegensatz zu beispielsweise Viskose ohne chemische Zusätze auskommt. SonnenKlee stellt den Stroh mit einer speziellen Schnitttechnik in Niederösterreich her. Die Strohballen sind europaweit bautechnisch zugelassen und lassen sich rückstandslos entsorgen.

Unternehmen Energiewende
Einzig in der Kategorie “Unternehmen Energiewende” entschied die Fachjury ohne das Publikum. Die Kreisel Electric GmbH
 gewann mit dem Projekt “Bessere Akkus für saubere Mobilität”. Das Unternehmen stellt Akkus für Elektro- oder Hybridfahrzeuge her. Wegen seinem geringen Gewicht und der hohen Kapazität gilt der Akku als konkurrenzfähiger am Markt als bisherige Modelle – und soll damit den Konsumenten den Umstieg zu Elektroautos erleichtern.


In der ORF TVthek ist die Preisverleihung des Klimaschutzpreises 2017  in der Sendung “konkret spezial” bis zum 23.11.2017 zu sehen. Einzelne Videobeiträge zu den vorgestellten Projekten finden sich hier.

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