Wunschtraum Weideschlachtung?

Florian Holzer, Thomas Nowak und Ingo Pertramer bei "Ochs im Glas" | © Hanna Gassner

Florian Holzer, Thomas Nowak und Ingo Pertramer bei „Ochs im Glas“ | © Hanna Gassner

Woher kommt unser Fleisch und wie werden die Tiere gehalten, die später in unseren Töpfen und Pfannen landen? Bewusstsein wird immer wichtiger; eines bleibt in Diskussionen rund um artgerechte Haltung und die Herkunft von Fleisch aber oft ausgespart: die Schlachtung.

Tod geht auch anders. Würdevoll, und nicht nach einem Lebendtransport am Fließband. Tatsächlich finden die allermeisten Schlachtungen in Österreich, Deutschland und fast überall in Europa allerdings in industriellen Massenschlachthöfen statt– auch bei biologisch gehaltenen und gemästeten Tieren, die später als Biofleisch in den Handel kommen. Schonende Schlachtung? Auch in der biologischen Landwirtschaft ein Wunschtraum und mehr Fremdwort als Realität. Viele Bauern wünschen sie sich schon lange: die stressfreie Schlachtung auf der Weide.

Ein Ochs im Glas

In der neuen 8-teiligen Serie „Ochs im Glas“, die der ORF dieser Tage zeigt, haben drei Männer – alle drei bekannt dafür, keine Kostverächter zu sein – ein ungewöhnliches Ziel gesetzt: einen Ochsen binnen zwei Wochen in tausend Einmachgläser zu bringen. Fotograf Ingo Pertramer, Künstler Thomas Nowak und Goumetkritiker Florian Holzer verarbeiten ein Rind von Anfang bis zum Ende, von der Weide bis auf den Teller. Auf einer oberösterreichischen Weide am Gleinkernsee durfte „Carson„, ein 640 Kliogramm schwerer Ochse 26 Monate lang im Herdenverband aufwachsen. Genau dort wurde er auch geschlachtet – in Österreich ist das aber (fast) ein Einzelfall.

Die EU und die Weideschlachtung

Was der stressfreien Schlachtung im Wege steht? Die Gesetzeslage, natürlich. Österreichischen Behörden schieben der Weideschlachtung einen Riegel vor, unter fadenscheinigen Gründen wie Personalmangel oder Überlastung. Auch die EU-Schlachthygieneverordnung wird als Vorwand herangezogen. Interessant zu bemerken ist, dass selbige in Deutschland die Bauern nicht an der Weideschlachtung hindert. Hierzu ein kleiner Auszug:

„In die Schlachtanlage dürfen nur lebende Schlachttiere verbracht werden …“, aber auch in der Einleitung: „in Erwägung nachstehender Gründe“: „18: Die Struktur- und Hygienevorschriften dieser Verordnung sollten für alle Arten von Unternehmen, einschließlich kleiner Betriebe und mobiler Schlachteinheiten, gelten.“

Die Verordnung gilt für alle EU-Länder, und schränkt die Schlachtung auf der Weide keineswegs ein. Dass diese den österreichischen Bauern immer noch untersagt wird, ist also ausschließlich Sache der inländischen Behörden, eine plausible Begründung gibt es nicht.

Es tut sich etwas

Damit die stressfreie Schlachtung auch in Österreich in Zukunft möglich ist, wurde von einigen Bauern die Plattform „Stressfreie Schlachtung im gewohnten Lebensumfeld der Nutztiere“ gegründet. Hier setzt man sich dafür ein, dass die mobile Schlachtung in Österreich endlich Einzug hält, um die Tiere vor Stress und unnötigem Leid zu schützen. Außerdem schmeckt das Fleisch von stressfrei geschlachteten Tieren einfach besser.

Die mobile Schlachtbox

An Alternativen mangelt es nicht. 2001 hat Hermann Maier, deutscher Pionier in Sachen Weideschlachtung, eine mobile Schlachtbox entwickelt, mit der die Tiere ihren letzten Atemzug direkt an ihrem Lebensort tun können. Stressfrei und – soweit das bei einer Schlachtung überhaupt möglich – tierfreundlich. Seither hat der Landwirt schon über 1.500 Tiere auf diese Weise geschlachtet.

Auch Chocolatier und Bio-Landwirt Josef Zotter wünscht sich das für seinen essbaren Tiergarten in der Steiermark. Ein Ansuchen zur Genehmigung einer mobilen Schlachtbox hat er schon 2014 eingereicht – und bis heute keine Antwort erhalten.

Die Folgen von Ochs im Glas finden sich hier zum Nachschauen.


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