„Man braucht das ganze Zeug nicht wirklich“ – Patrick Bolk über vegane Sparpotenziale

Autor Patrick Bolk (Bild: Isabelle Grubert)
Autor Patrick Bolk (Bild: Isabelle Grubert)
Worauf sollte beim veganen Einkauf verzichtet werden, um das Budget zu schonen? Patrick Bolk hat dieser Frage einen Ratgeber gewidmet.

Der Autor Patrick Bolk hat ein Buch darüber geschrieben, wie Veganerinnen und Veganer im Alltag Geld sparen können. Darin stehen verdammt viele Ratschläge, die so allgemein gehalten sind, dass sie nicht nur für vegan lebende Menschen interessant sind. Wo die speziellen Sparpotenziale für Veganer liegen und wieso Veganismus nichts mit einem Luxus-Lifestyle zu tun hat, darüber haben wir uns mit Patrick Bolk unterhalten.
BIORAMA: Hat sich auch ihr persönliches Einkaufsverhalten während der Recherche für’s Buch verändert?
Bolk: Durch die Recherche habe ich tatsächlich auch noch einige neue Tipps entdeckt, die ich fortan auch persönlich umgesetzt habe, z.B. Hülsenfrüchte in Trockenform zu kaufen. Das ist günstiger und schmeckt sogar meist besser. Und ich bin auch nicht mehr so überzeugt davon, häufig exotische Superfoods in den Einkaufswagen zu packen, weil die teilweise doch wirklich ziemlich arg gehyped werden, obwohl wir auch hierzulande jede Menge Superfoods haben – nur werden die eben nicht so genannt.
Vegan lebende Menschen setzen sich bewusst mit ihrer Ernährungs auseinander. Sollte man nicht annehmen, dass gerade bewusst lebende Menschen ein gutes Gespür für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis beim Einkauf haben, und Sparpotenziale erkennen?
Ich würde nicht sagen, dass das eine mit dem anderen zwangsläufig zusammenhängt. Und Veganer leben sicher nicht durchgängig bewusster als Nicht-Veganer, egal ob es um die eigene Gesundheit oder den Geldbeutel geht. Du kannst dich ja auch vegan ernähren, ohne dich groß um mit deiner Ernährungsweise zu beschäftigen. Vielen reicht es zu wissen: “Da ist nichts tierisches drin”. Ob das Lebensmittel auch gesund ist, interessiert lange nicht jeden vegan lebenden Menschen. Ähnliches gilt aus meiner Sicht für den Geldbeutel. Es gibt wirklich viele Produkte, bei denen ich denke: “Warum soll ich das für soviel Geld kaufen, das kann ich doch total einfach selber machen?”. Aber trotzdem werden solche Produkte offenbar richtig gut verkauft.
Wer oder was ist eigentlich Schuld daran, dass Veganismus vielen als teurer Lifestyle erscheint?
Ich würde da niemandem die Schuld geben wollen. Es gibt halt eine ganze Reihe an Vorurteilen gegenüber einer veganen Ernährung oder Lebensweise, z.B. das vegan zu leben ungesund und kompliziert sei – oder eben unheimlich teuer. Und das liegt wohl daran, dass viele Menschen glauben, Veganer würden sich hauptsächlich von Fake-Produkten (imitierte tierische Produkte) ernähren, sie würden Literweise Matcha-Tee trinken und ständig den Löffel tief in ein Glas mit roköstlichem Nussmus tauchen. Du wirst wirklich viele teure Produkte im veganen Supermarkt finden, aber diese hohen Preise haben vermutlich zumeist auch ihre Berechtigung, denn solche Produkte sind in der Regel bio, fair hergestellt und oft auch in kleinen Mengen handgefertigt. Das Problem ist vielmehr, dass konventionelle Produkte zumeist viel zu billig sind, und das auf Kosten von Tieren und der Umwelt. Es ist einfach eine Fehleinschätzung, dass Veganer sich nur von Luxusprodukten ernähren. Hauptsächlich ernähren “wir” uns von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten oder Getreide – und solche Grundlebensmittel sind überhaupt nicht teuer, selbst in Bio-Qualität.
Passt es noch in den modernen Alltag, den Leuten Bevorratung und wöchentliche Speisepläne zu empfehlen?
Da liegt sicher nicht jedem. Aber wenn der moderne Alltag bedeutet, nur noch unterwegs Snacks für auf die Hand zu kaufen, und die auf dem Weg irgendwo hin im Gehen zu verzehren, oder mittags halt mal schnell zum Imbiss um die Ecke zu gehen, weil man keine Zeit für Essen hat, dann ist vielleicht auch am modernen Alltag etwas faul. Wir nehmen uns unheimlich viel Zeit für Dinge wie Social Media, aber bei dem wichtigsten, unserer Ernährung, versuchen wir Zeit einzusparen. Das halte ich nicht für sehr sinnvoll. Kochen macht einfach Spaß, und Lebensmittelvorräte anlegen oder auch Speisepläne zu erstellen hilft dabei, zumindest ein wenig effektiver zu kochen.
Im Buch wird auch empfohlen, im Supermarkt günstige No-Name- und Eigenmarken zu kaufen. Da ist auch die Rede von „geringen Gewinnmargen“, die diese Produkte günstiger machen. Ist das nicht auch eine Einladung, bewusst austauschbare Produkte aus Dumping-Landwirtschaft zu kaufen?
Nein, das sehe ich anders. Die No-Name-Produkte oder Eigenmarken werden ja genauso hergestellt wie Markenprodukte. Das bedeutet weder einen Vorteil noch einen Nachteil für die Landwirtschaft. Es wäre einfach generell schön, wenn die Lebensmittelindustrie weder Bauern, noch Tiere oder unsere Umwelt ausbeuten würde, aber das scheint leider noch ein langer Weg zu sein. Daher versuche ich auch ja auch immer wieder – auch in diesem Buch – für ein alternatives, nachhaltigeres Konsumverhalten zu werben, Bio-Produkten den Vorrang zu geben usw. Man darf aber nicht vergessen, dass es wirklich viele Menschen gibt, die jeden Cent umdrehen müssen, und denen helfen solche kleinen Tipps vielleicht etwas .
Viele Kosten für Lebensmittel trägt nicht der Verbraucher, sondern die Umwelt. Hilft das Buch auch dabei, bei diesen Kosten zu sparen?
Wer auf den Kauf von tierischen Produkten verzichtet – besonders auf solche, die mit der Massentierhaltung zu tun haben – hilft dabei, die Umwelt zu schonen. Der weltweite Appetit auf Fleisch hat dramatische Konsequenzen für Tiere, Umwelt und Klima. In den letzten Jahren wurden über 70% des Amazonas-Regenwaldes abgeholzt, für den Anbau von Tierfutter (Soja oder Mais) und für das Weiden von Rindern. Und das ist nur eines von vielen Beispielen. Wer wirklich Umwelt- und Klimaschützer sein möchte, sollte nicht nur Spar-Duschköpfe kaufen oder auf das Fliegen verzichten, sondern vor allem beim größten Hebel ansetzen: Dem Konsum von tierischen Produkten. Ich empfehle in dem Zusammenhang die äußerst sehenswerte Dokumentation “Cowspiracy” anzuschauen (u.a. bei YouTube verfügbar).
Wo besteht für Veganer das größte Sparpotenzial? 
Ganz klar im Verzicht auf Ersatzprodukte, die ziemlich teuer und meist auch ganz schön ungesund sind. Man braucht das ganze Zeug nicht wirklich. Vor allem nicht vegane gefüllte Truthähne oder Hähnchenschenkel, die auch noch die Form der tierischen Originale haben. Und exotische Superfoods sind toll, aber natürlich auch ein Business, und der läuft richtig gut. Doch auch die brauchen wir nicht wirklich. Selber kochen mit frischen, unverarbeiteten Zutaten, möglichst in Bio-Qualität, macht nicht nur Spaß und schmeckt viel besser, sondern tut auch der eigenen Gesundheit, der Umwelt und dem eigenen Geldbeutel richtig gut.

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Patrick Bolk,
Ventil Verlag
144 Seiten
ISBN 978-3-95575-048-0

 

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