Leibspeis: Nordish By Nature

Bild: Micky Klemsch

Sonnentor-Gründer Johannes Gutmann und Leibspeis-Küchenchef Alexander Kralert.
Bild: Micky Klemsch

Steak-Holder und Aktion-Äre – Sonnentor wirtschaftet eben anders und Gewinne werden reinvestiert: Mit der Leibspeis hat Niederösterreich jetzt sein erstes komplett biozertifiziertes Gasthaus. BIORAMA hat gekostet.

Das kleine Dörfchen Sprögnitz im nördlichen Waldviertel ist eine Insel. Zwar eine Insel ohne Handyempfang – aber eine Insel der Seeligen oder: der Sonnigen. In Sprögnitz hat sich Johannes Gutmann vor 22 Jahren ein altes Bauernhaus gekauft und damit seiner Unternehmung Sonnentor hier eine Heimat gebaut. Der Bio-Pionier beschäftigt in Österreich inzwischen 225 Menschen, rund 150 Bio-Bauern wird durch den Anbau von biologischen Kräutern und Gewürzen das Wirtschaften im Vollerwerb ermöglicht. Es gibt ein Tochterunternehmen in Tschechien und Anbauprojekte in Albanien und Rumänien, Nicaragua und Tansania. Die Geschichte von Sonnentor, die Geschichte von Johannes Gutmann, ist eine, die sich gut erzählen lässt, am besten vom Protogonisten selbst. Deshalb hat er sie auch schon niedergeschrieben. „Gut geht anders“ heißt sein Buch.

Die Speisekarten als Landkarte

Jetzt wird ein neues Kapitel der Sonnentor-Geschichte aufgeschlagen: Mit dem Bio-Gasthaus Leibspeis eröffnet das Unternehmen das erste komplett zertifizierte Bio-Gasthaus in ganz Niederösterreich. Natürlich gibt’s dort auch Tee, aber vor allem regionale, biologische Fleisch-, vegane und vegetarische Gerichte. Beliefert wird die Leibspeis von Produzenten aus der Umgebung. Denn „die kleinen Bauernhöfe, die sind die Wurzeln des Waldviertels“, sagt Johannes Gutmann. Deswegen wird die Rückseite der Speisekarte auch gleich zur Landkarte – bis zum Biohof der Familie Anthofer, die vom Bio-Getreide bis zum fertigen Gebäck alles selber produziert, sind es zum Beispiel vom Sessel, auf dem man in der Leibspeis sitzt, gute 15 Kilometer. Zur Familie Strobl, die Lamm- und Schaffleisch liefert, geht’s 66 Kilometer gen Norden, Kartoffel und Eier kommen von der Familie Grünstäudl, deren Hof 31 Kilometer westlich von Sprögnitz liegt.

„Dass in einem Dorf ein Wirtshaus aufsperrt – das hat’s schon lange nicht mehr gegeben. Schon gar nicht im Waldviertel“, sagt Johannes Gutmann. Sonst sperren sie zu, die Gasthäuser, Postämter und Greißler. Auch im Landflucht geplagten Waldviertel. Nur in Sprögnitz läuft es anders. 37.000 Menschen kommen jährlich hier her, um Sonnentor zu erleben und sich anzusehen, was denn da aus dem Waldviertel in die ganze Welt exportiert wird. In dem Dorf mit einer kleinen Kirche und knapp über 100 Einwohnern hat das Unternehmen alleine im letzten Jahr 45 neue Arbeitsplätze geschaffen. „Wir sind jetzt erwachsen geworden“, meint Johannes Gutmann. „Wir sind ein Konzern. Aber hinter diesem Konzern stehen Familien, die eine Freude dabei haben, zusammen zu arbeiten.“ Im Sonnentor’schen Wirtschaftsjargon heißt es dann halt: „Steak-Holder“ statt Stakeholder.

Stosuppe und Waldviertler Karpfen

Die Leibspeis steht da in Sprögnitz wie von einem Restaurantplaner mit Faible für die Nordic Design erdacht: weiß gefärbelte Holzfassade, Giebeldach, bunte Holzstühle und hohe Räume (übrigens: ein Passivhaus). Dass man nicht im dänischen Hinterland, sondern mitten im tiefsten Waldviertel ist, merkt man nur an einem kleinen Detail: auf dem Regal, zwischen Farthofers Bio-Rum und dem Dirndllikör der Familie Bauer, steht ein Palmbuschen.

In der Leibspeis geht es nicht nur um’s Essen – es geht um’s gemeinsame Essen. Kräuter und Gewürze spielen hier natürlich eine tragende, aber keine aufdringliche Rolle. Und schließlich ist das Erraten der feinen Geschmacksnuancen das, was ein Essen zum sinnlichen Erlebnis macht. Küchenchef Alexander Kralert und sein Team wissen die Gäste dahingehend jedenfalls zu unterhalten.

Regionale Spezialitäten wie Stosuppe und Waldvierteler Karpfen finden sich ebenso auf der Speisekarte wie Seitan-Laibchen mit Pastinaken-Sellerie-Püree oder gebackenes Schweinskarree-Schnitzel mit Kräuterpanier und Petersilienerdäpfel. Die Kindergerichte der Leibspeis sind vom Micky-Mouse-Teller so weit entfernt wie Sprögnitz von Texas, es gibt Teeramisu mit Matchapraline und Birnenkoch (sehr herrlich) und Wein von Loimer, Umathum, Meinklang und Hagen. Das alles schmeckt und es hat auch seinen Preis – einen vergleichsweise recht moderaten nämlich. Klingt gut? Klingt gut! Was es jetzt noch braucht? Einen Shuttlebus nach Sprögnitz!

 

Am 4. Mai feiert Sonnentor das Bio-Bengelchen Frühlingsfest. Das Bio-Gasthaus Leibspeis, der dazugehörige Tee-Salon Tee-Zeit und die ebenfalls neue betriebliche Kinderbetreuung Sonnenscheinchen werden in diesem Rahmen offiziell eröffnet. Wer am Osterwochenende schon einen Ausflug plant – die Leibspeis empfängt bereits Gäste!

 

Öffnungszeiten Bio-Gasthaus Leibspeis:
täglich von 10 bis 22 Uhr 

www.sonnentor.at

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