Wie muss man sich einen Besuch im besten Restaurant der Welt vorstellen?

Szene aus ,Noma - My Perfect Storm' (Bild: Documentree)

Szene aus ,Noma – My Perfect Storm‘ (Bild: Documentree)

Von einem Restaurant in Dänemark hört man immer wieder, wenn um das Beste geht, was man kulinarisch bekommen kann. Darüber gibt es nun sogar einen Film. Was hat es mit diesem Restaurant auf sich?

Bei der Berlinale, den Filmfestspielen in Berlin, läuft gerade ein Film über das Restaurant, das für viele als bestes Restaurant der Welt gilt. Das steht in Kopenhagen, und nennt sich Noma. Es heisst, dort sei in den letzte Jahren nicht weniger passiert als die Revolution der Spitzen-Gastronomie.

Der französische Regisseur Pierre Deschamps hat über Jahre hinweg immer wieder seine Kamera über die Schulte von Küchenchef Rene Redzepi gehalten. Dabei ist der Noma – My Perfect Storm entstanden. Ein sehenswert kulinarischer Film.

Wir sind ziemlich selten zu Gast in luxuriösen Gourmet-Restaurants, und deshalb haben wir in unserem Umfeld nachgefragt, ob vielleicht jemand einmal im Noma in Kopenhagen gegessen hat. Und tatsächlich: Konstantin Jakabb hat dort sogar schon zweimal gegessen. Wir haben ihn gebeten für uns zu beschreiben, wie es ist, Gast im Noma zu sein:

,Es gibt eine Kindheitserinnerung, die mich geprägt hat. Eine Erinnerung, die für mich damals ein Horror war. Ich bin etliche Male mit meiner Schwester Veronika, später auch mit meinem Bruder Vincent und meinem Vater stundenlang in Restaurants gesessen oder gelegen und habe nicht selten gelitten. Diese schlechten Erinnerungen haben sich allerdings inzwischen aus meinem Kopf verabschiedet und aus dem Horror meiner Kindheit ist die kulinarische Liebe meines Erwachsenendaseins geworden. Ich esse für mein Leben gerne und bin fasziniert von außergewöhnlichen Gastronomiekonzepten und natürlich von fantastischen Speisen. Egal ob Hausmannskost oder Haubenküche. Ich sitze nun selbst freiwillig stundenlang in Restaurants.

Wenn man sich für tolle Restaurants interessiert, schwirrt ein Name immer und überall herum. Ein Lokal, das für jeden Koch, Kellner, Sommelier oder Journalisten die Mutter der modernen Gastronomie ist: Noma.

Nordisch Essen

Noma steht für Nordisk (nordisch) und Mad (essen) und ist seit 2003 eine legendäre Adresse. 2008 wurde es auf Tripadvisor zum besten Lokal der Welt gevotet und 2010 war es das erste Mal die Nummer Eins bei The World’s 50 Best Restaurants. 2011, 2012 und 2014 konnte das Noma diese Leistung wiederholen.

Die Sache hat natürlich einen Haken: Das Restaurant hat leider nur 35 Plätze. Es heißt, es gebe kein Lokal weltweit, in dem es schwieriger ist, einen Tisch zu bekommen. Die Freude über einen Platz gleicht schon einem Triumpf. Einmal wurde ich ins Noma eingeladen. Danach war klar, dass ich noch einmal dort essen möchte. Nach monatelangem Versuchen, habe ich es endlich geschafft, einen Tisch für drei zu reservieren. Allein das schon ein unbeschreibliches Glücksgefühl.

Zu Besuch im Noma

Ein paar Monate später heisst es: Ab nach Kopenhagen. Mein Vater, mein Bruder und ich betreten das Lokal. Wir werden begrüßt als gehörten wir zur Familie und wären jede Woche da – dabei waren wir bisher doch nur einmal da, und das im Vorjahr. Das Personal vom letzten Jahr scheint vollständig vertreten. Man wird mit Vornamen begrüßt, umarmt.

Das Team erfasst und katalogisiert nämlich absolut alles über jeden Gast. Was er gegessen und getrunken, worüber man gesprochen hat, wen man kennt usw. Vor jedem Service – es gibt zwei am Tag: mittag und abends – wird jeder einzelne Gast von der ganzen Küchen- und Service-Crew besprochen.

Das Ergebnis ist einzigartig. Man fühlt sich mehr als willkommen, das ist das beste Service der Welt, hands down.

Der erste Satz, den man zu hören bekommt, ist immer der gleiche: „Über ihr Essen müssen sie sich keine Gedanken machen, das haben bereits wir getan“. Ja. Es gibt keine Wahl. Nur Unverträglichkeiten soll man erwähnen und ob man eine Wein-, Bier- oder Saftbegleitung möchte.

Ein Spektakel – stundenlang

Das Feuerwerk geht los. Perfekt inszeniert. Köche oder Servicekräfte bringen nun in den nächsten Stunden Sterneküche auf den Tisch. Alles ist entspannt, locker. Jeder Gang wird in all seinen Bestandteilen erklärt. Das kann schon mal ein paar Minuten dauern.

Aber Achtung: man geht hier nicht raus und spricht vom besten Fleisch oder Fisch, der besten Pasta oder Risotto. Fast alle Gerichte sind vegetarisch oder vegan. Es werden ausschließlich Produkte aus der Umgebung – nicht weiter entfernt als 60 Kilometer – verwendet und ja, man isst Sträucher, Moos und Blumen. Aber auch einhundert Jahre alte Muscheln, langsam gegarte Langusten und Beef Tartare mit fermentierten Ameisen als Salzersatz.

Im Noma befindet man sich in einem eigenen Universum. Es gibt dort keine Konventionen. Nie zuvor war ich mit Sneakers in einem Sternelokal. Nie zuvor haben sich nach den Lokalbesuchen Freundschaften mit dem Personal entwickelt. Ich war in vielen Top-Restaurants auf der Welt. Die Atmosphäre im Noma ist unbeschreiblich und mehr als eine Reise wert.

Bei meinen Besuchen kam mir etwas entgegen: Die Kopenhagener lieben Österreich. Das liegt vor allem an den Weinen und Winzern, die sich in den meisten Top-Lokalen Dänemarks auf den Karten finden. Christian Tschida, Gut Oggau, Sepp Muster. Natürlich sind das naturbelassene Weine. Etwas anderes bekommt man im Noma auch nicht ins Glas.

Nachdem wir recht lustige Gäste sind, durften wir bei unseren beiden Besuchen in die Küche und der Lunch endete kurz bevor der Abendservice anfing. Mit Küchenchef Rene Redzepi haben wir in seiner Versuchsküche unreife Erdbeeren probiert. Been there, done that. Check.

Das Noma schließt Ende 2016. Also: Geld sparen, täglich auf die Website schauen und sofort reservieren, wenn es einen Platz gibt. Es könnte der Letzte sein.‘

Konstantin Jakabb

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