Michael vom Experiment Selbstversorgung zieht um!

Michael und Martin

Michael und Martin

Das Gut Bergmühle in Niederösterreich ist Michaels neues Zuhause. BIORAMA hat ihn und Martin vom Gut Bergmühle auf eine Tasse Tee getroffen und über ihre gemeinsamen Zukunftspläne geplaudert.

BIORAMA: Michael, du bist umgezogen?

Michael: Ja, ich habe beschlossen aus dem Süd-Burgenland wegzugehen. Das Experiment Selbstversorgung wird somit auf einen zweiten Standort erweitert. Lisa, mit der ich das Experiment ja gestartet habe, bleibt auf dem Hof im Süd-Burgenland.

Warum hast du dich dazu entschlossen den Platz zu wechseln?

Michael: Letztes Frühjahr haben sich Lisa und ich getrennt. Uns war von Anfang an klar, dass wir dennoch mit dem Experiment Selbstversorgung weitermachen werden!

Zuerst wollte ich den Hof alleine weiterführen, habe aber gemerkt, dass ich die Fläche dort wegen ihrer Größe alleine nicht in der Form bewirtschaften kann, dir ich mir vorstelle. Man könnte die Hälfte der Fläche natürlich dem Wildwuchs überlassen. Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Garten und jeder landwirtschaftliche Betrieb wilde Ecken braucht. Insekten dienen solche Ecken als Nahrungsgrundlage und als Versteck. Ackerbeikräuter – also Wildpflanzen, die besonders gern auf Äckern wachsen – werden in der konventionellen Landwirtschaft massiv bekämpft um den Ertrag zu erhöhen und sind deshalb vom Aussterben bedroht.

Wilde Ecken stellen jedoch nach wie vor einen geeigneten Lebensraum für sie dar. Aus ökologischer Sicht sind Wildflächen daher ganz wichtig, sie sind der Schlüssel zu einer hohen Artenvielfalt. Ich wollte jedoch den Großteil der fruchtbaren Fläche, die wir im Süd-Burgenland zur Verfügung hatten, nicht ungenutzt liegen lassen und so habe ich beschlossen mir etwas Neues zu suchen.

Foto: Gut Bergmühle

Und wie bist du dann auf Martin und das Gut Bergmühle gestoßen?

Michael: Ich habe mit Hilfe meiner Freunde und Netzwerke viel Input bekommen, unter anderem hat ein gemeinsamer Freund von Martin und mir uns dann bekanntgemacht.

Martin: Wir haben uns dann auf Anhieb gut verstanden. Die Idee der Bergmühle ist ja eine biologische Landwirtschaft mit alten Sorten von der Arche Noah zu betreiben. Die Stadtflucht Bergmühle ist eine Ausformung der Bergmühle: Das Vorbild hierfür waren die Agriturismo-Betriebe in Süd-Europa. Ganz nach dem Motto „Experiment Selbstberuhigung“ bieten wir unseren 600 Mitgliedern einen Rückzugsort unweit von Wien mit ordentlicher Tischkultur, wunderbarem Service und qualitativ hochwertigem Essen – und das ganz ohne Zwischenhändler, „from field to fork“ quasi.

Weil wir noch genügend freie Fläche hatten, war ein halber oder ganzer Hektar für Michael und sein Experiment Selbstversorgung gar kein Thema!

Michael: Außerdem bietet mir die Nähe zur Stadt einerseits eine große Zahl an Möglichkeiten für soziale Interaktion und andererseits auch die Möglichkeit noch mehr in die Öffentlichkeit zu gehen; beides war durch die Lage des Hofes im Süd-Burgenland oft schwierig.

Foto: Gut Bergmühle

Foto: Gut Bergmühle

Michael, du lebst vegan und Martin, du bist Jäger – birgt dieser Gegensatz nicht enormes Konfliktpotenzial in sich?

Martin: Das war natürlich von Anfang an ein augenscheinliches Spannungsfeld. Nun hat unsere Freundschaft den Effekt, dass meine Familie und ich nur noch die Hälfte der ursprünglichen Fleischmenge essen. Und wir hoffen, dass sich dieser Effekt auch auf die Mitglieder der Stadtflucht Bergmühle ausweitet. Es geht uns dabei nicht um radikalen Veganismus, sondern um einen bewussten Fleischkonsum.

Michael: Das spannende für mich an der Sache ist, dass ich mich in diesem Prozess wie ein Beobachter gefühlt habe. Weil sich Martin und seine ganze Familie plötzlich mit dem Thema Fleischkonsum beschäftigt hat, einfach weil ich da war. Und diesen Prozess habe ich nicht forciert, er ist einfach in der Auseinandersetzung mit mir und durch die gegenseitige Sympathie ins Rollen gekommen.

Foto: Gut Bergmühle

Foto: Gut Bergmühle

Welche gemeinsamen Projekte plant ihr für die Zukunft?

Michael: Neben der Idee am Gut Bergmühle einzuziehen und dort Gemüse für mich selbst anzubauen, war schnell klar, dass wir auch gemeinsam Gemüse anbauen wollen für die Stadtflucht und ihre Mitglieder, und zwar spezielles und seltenes Gemüse. Das macht uns wiederrum unabhängiger von den klassischen Vermarktungsschienen, denn gerade die „from field to fork“-Idee lässt sich mit Gemüsesorten, die man nicht im Supermarkt bekommt, leichter umsetzen.

Martin: Und wir wollen Michaels Know-how nutzen, um unseren Gemüseanbau zu erweitern: Zum einen werden wir neben dem Gemüse für den Eigengebrauch auch Gemüse für das Steirereck und andere Wiener Top-Restaurants anbauen, auf einem eigenen Acker, und zum anderen wollen wir ein Gemeinschaftsacker-Projekt starten. Zwanzig bis fünfzig Interessierte werden im Rahmen dessen die Möglichkeit bekommen mit unserer Hilfe ihr eigenes Gemüse zu kultivieren.

Wir werden das Gemüse auch verkochen, deshalb beschäftigt sich Franziska, die neue Chefköchin der Stadtflucht Bergmühle, aktuell mit der Frage wie wir das Gemüse für unsere Mitglieder haltbar und mitnehmbar machen.

Wir peilen die Gründung eines eigenen Verlages an und arbeiten an einer Plattform, die Bio-Bauern und Endkonsumenten zusammenführen soll – mehr dazu gibt es in den nächsten Monaten.

Foto: Gut Bergmühle

Foto: Gut Bergmühle

experimentselbstversorgung.net
www.bergmuehle.at
www.stadtfluchtbergmuehle.at

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