Der Nachwuchs heißt Jooloomooloo

Bild: Joanna Pianka

Bild: Joanna Pianka

Eco-Fashion-Pionierin Lisa Muhr im BIORAMA-Interview über ihren neuen Label-Nachwuchs, bio-faire Kindermode und warum Kleidung ein möglicher Beginn eines Bewusstwerdungsprozesses sein kann.

Jooloomooloo (sprich: tschululumulu) ist ein Label, das – seit der Gründung durch Xiane Kangela im Jahr 2008 – faire, ökologische Mode für 0- bis 6-Jährige produziert und online verkauft. Seit einiger Zeit gehört Jooloomooloo nun zu Göttin des Glücks – ein Label, welches sich ebenfalls nachhaltiger Biofashion verschrieben hat. Geschäftsführerin Lisa Muhr erzählt wie es dazu kam, welches Ziel Jooloomooloo verfolgt und welche Herausforderungen am Markt der Biofashion für Jungunternehmer lauern.

 

BIORAMA: Wie hat es bei Jooloomooloo begonnen?

Lisa Muhr: Gründerin Xiane Kangela wurde selbst Mutter und stellte fest, dass es im Babybereich keine Mode am Markt gab, die ihren Ansprüchen genügte – weder in Bezug auf nachhaltige Produktion noch in Bezug auf Funktionalität. So entschloss sie sich kurzerhand, selbst Hand anzulegen und entwarf in einem kreativen und partizipativen Prozess mit vielen anderen Eltern gemeinsam die Mode, die sie zufrieden stellte: sozial und fair hergestellt und mit vielen funktionalen Details, die Jooloomooloo so einzigartig machen. Es gibt kein Wäscheetikett, das kratzen kann, dafür aber spezielle Schnitte, die das Umziehen, aber auch das Tragen leichter und angenehmer machen. Über allem steht die wunderbare Geschichte des Zwirstgespinstes Jooloomooloo, das die Kleinen lehrt, woher die Baumwolle kommt und warum Biobaumwolle besser ist als herkömmliche.

Welchen Anspruch stellst du an Baby- und Kindermode?

Kindermode ist höchst komplex und anspruchsvoll: Sie muss gefallen (sowohl den Kindern als auch ihren Eltern), sie muss funktionieren, sie muss frei von Schadstoffen sein und sie muss lang halten. Jooloomooloo integriert all diese Aspekte. Wowohl durch das Design – bei dem Funktionalität und Praktikabilität mindestens so wichtig sind wie Formalität – als auch durch die nachhaltige Produktion, die sowohl den Biostandard als auch faire Arbeitsbedingungen für die Näherinnen und Näher zur Grundlage haben. Xiane Kangela ließ bis dato auf Sri Lanka, ihrer zweiten Heimat, bei Betrieben produzieren, die sie alle persönlich kennt. Wir führen mit Göttin des Glücks die Marke Jooloomooloo nun weiter, weil Xiane Kangela neue Wege in der Musikbranche geht und das Label nicht mehr selbst weiter betreiben konnte. Zukünftige Produktionen werden wir entweder mit den Produzenten auf Sri Lanka fortsetzen – nachdem wir uns persönlich davon ein Bild gemacht haben – oder in unsere eigene Fairtrade- und GOTS-zertifizierte Produktion auf Mauritius integrieren. Das werden wir noch sehen.

Lisa Muhr mit ihrem Designer-Kollegen Igor Sapic. Bild: Patricia Weißkirchner

Lisa Muhr mit ihrem Designer-Kollegen Igor Sapic.
Bild: Patricia Weißkirchner

Ist deiner Meinung nach ein stärkeres Bewusstsein bezüglich Bio-Baby und -Kindermode entstanden?

Bio ist kein Trend, Bio ist eine Gesellschaftsentwicklung. Wir werden uns in Zukunft noch viel stärker damit beschäftigen müssen, weil wir aufgrund der ökologischen Gesamtsituation auf der Welt gezwungen sein werden, uns mit nachhaltigen Produktionen, Produkten und alternativen Kreisläufen (Recycling, Cradle to Cradle, Zero Waste und dergleichen) auseinander zu setzen. Das fließt in die Politik, in die Wirtschaft und in die Konsumebene mit ein. Das macht mich zuversichtlich, dass die im Moment noch kleine Nische der ökofairen Mode zu einem großen Markt reift.

Es gibt ein großes Angebot an ökologischer Mode für Babies und Kinder. Ist der Markt deiner Meinung nach übersättigt?

Der herkömmliche Markt der Baby- und Kindermode mag vielleicht prinzipiell übersättigt sein, aber in der ökofairen Modewelt ist das noch lange nicht der Fall. Solange unfair produziert wird, können wir in der fairen Produktion nicht von Sättigung sprechen, denn ich sehe unsere Aufgabe als fair produzierende Unternehmen auch darin, gemeinschaftlich den Markt zu verändern, zu zeigen, dass faires Wirtschaften möglich ist und Mitunternehmen dazu zu bewegen, dass sie ebenfalls umsteigen. Je mehr Angebot wir in der fairen Modewelt schaffen, desto mehr Kundinnen und Kunden können wir von der „unfairen“ Seite auf unsere Seite ziehen. Und das hat natürlich auch Auswirkungen auf den Preis, womit faire Produkte dann hoffentlich auch für die Masse leistbar werden könnten. Erst, wenn es kein einziges unfair produzierendes Unternehmen mehr gibt, können wir in der ökofairen Welt anfangen, über Sättigung nachzudenken.

Und was sind die Herausforderungen sich auf ökologische Produkte zu beschränken?

Die Entfaltungsmöglichkeiten als Designer sind sehr beschränkt. Wenn man hohe ökologische und soziale Standards als Voraussetzung hat, kommen zum Beispiel nicht viele Stoffe in Frage, die Beschaffung ist schwierig, die Produktionen nur an einer Hand abzuzählen, nicht alle davon bringen die gewünschte Qualität. Das heißt, man ist im Design definitiv sehr eingeschränkt, was sich wieder auf die Kunden und den Markt auswirkt, weil damit nur eingeschränkte Händlergruppen und Endkunden in Frage kommen. Den Mainstream haben wir mit ökofairer Mode ja noch lange nicht erreicht! Das hat wiederum Auswirkungen auf die Stückzahlen und die Preise. Die großen Ketten sind ja nur deshalb so billig, weil sie Millionen von Stücken im Jahr produzieren und tendenziell nicht auf die Produktionsbedingungen achten. Daher sind die Kunden diese Niedrigstpreise gewöhnt und stöhnen bei unseren. Aber weniger ist oft mehr, und das ist unser Ziel: die langlebige und schadstofffreie Qualität unserer Produkte in das Bewusststein zu rücken und damit weniger, aber dafür bessere Qualität – in jeder Hinsicht – zu kaufen. Das ist gerade in der Modebranche ein sehr harter Weg.

Bild: Joanna Pianka

Bild: Joanna Pianka

Worauf sollte geachtet werden bei Baby- und Kinderkleidung bzw. hört es beim Kauf von ökologischer Kleidung auf ?

Ganz klar: Es hört nicht beim Kauf der Kleidung auf, denn es geht um eine prinzipielle allumfassende Haltung als Konsument und Erdenbürgerin – egal, ob es die Klamotten, das Essen, die Kosmetik, den PC, das Handy, den Energiebezug oder das Putzmittel betrifft. Kleidung kann ein möglicher Beginn eines Bewusstwerdungsprozesses sein: Wenn man einmal hinter die Glitzer-Glamour-Welt der Mode geblickt hat und erkennt, wie viel menschliches Leid und „ökologische Kriminalität“ heutzutage nach wie vor in den globalen Produktionen stecken, dann will man kein Teil davon sein und dann muss man handeln. Wer will schon Giftstoffe in Babykleidung haben, wer würde freiwillig seinem Kind Kleidung anziehen, die andere Kinder unter erbärmlichsten Umständen hergestellt haben? Dafür braucht es Beschäftigung und aktive Auseinandersetzung der Konsumenten mit den Hintergründen. Deshalb ist es so wichtig, dass möglichst viele Pioniere auf Unternehmensebene das alternative, ökofaire Marktsegment verbreitern, Kampagnenarbeit der NGOs unterstützt und gefördert wird und dass Bewusstseinsbildung an den Schulen stattfindet. Die Konsumenten dürfen wir dabei nicht aus der Verantwortung nehmen, aber es fällt ihnen leichter, zu handeln, wenn ihnen Alternativen leichter zugänglich gemacht werden.

 

VERWANDTE ARTIKEL