Leihladen: In der Bibliothek der Dinge

Bild: BIORAMA

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In Wien hat vor Kurzem der erste Leihladen (Leila) der Stadt eröffnet, um eine geringe Gebühr kann man sich dort nützliche Dinge ausborgen und auch selbst Sachen, die man nicht so oft braucht, zur Verfügung stellen. Wir waren in der „Bibliothek der Dinge“ und sprachen mit Stephanie Braun und Simon Büchler, die den Leihladen gemeinsam mit ihrem Team betreuen.

BIORAMA: Wie funktioniert der Leihladen denn eigentlich?

Simon: Grundsätzlich wie eine Bibliothek, man zahlt einen Jahresbetrag von 36 Euro bzw. ermäßigt 24 Euro. Man kann darüber hinaus bezahlen, wenn man uns unterstützen möchte, muss aber nicht. Dann kann man sich aus unserem Bestand Dinge ausborgen, ohne noch etwas zu bezahlen. Es gibt unterschiedliche Regulierungen, wie lange man sich etwas ausborgen kann, das hat dann damit zu tun, was es ist, ein Werkzeug werden wir nicht für vier Wochen verleihen, Reiseequipment wiederum schon, aber auch da sind wir flexibel.

BIORAMA: Kann ich auch einsehen ob Sachen gerade ausgeliehen sind?

Simon: Es wird ein Ampelsystem geben in unserem Online-Katalog, wo man sieht, ob gewisse Sachen gerade verfügbar bzw. reserviert oder ausgeliehen sind. Momentan haben wir aber nur einen Facebook-Auftritt, die Website sollte in zwei bis drei Wochen online gehen. Wir planen auch ein „Sachen-Tagebuch“, wo unsere Mitglieder eintragen können, was sie mit den Sachen gemacht haben und ihre Erlebnisse mit der Leila-Gemeinschaft teilen können.

Bild: BIORAMA

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BIORAMA: Ihr seid ja „verwandt“ mit dem Leihladen in Berlin, habt ihr da auch Hilfestellung bekommen?

Stephanie: Ja, Nikolai Wolfert hat das ja in Berlin gegründet, der hat uns von Anfang an unterstützt, beratend und auch mit Dingen, die er uns zur Verfügung gestellt hat.

Simon: Wir haben den Leihladen über ihn persönlich kennengelernt, als er im letzten Februar in Wien auf einer Konferenz war, da hat sich diese Idee bei uns festgesetzt und von da an waren wir immer wieder in Kontakt. Stephanie war auch im Leihladen in Berlin.

BIORAMA: Die Idee ist ja auch, dass es so viele Leilas wie möglich gibt, oder?

Simon: Ja, Nikolai ist die Idee sehr wichtig und er möchte an so vielen Orten wie möglich Leilas haben, er verbreitet die Idee überall, und wir natürlich auch.

BIORAMA: Wenn also jemand gerne einen Leihladen eröffnen möchte, kann er sich an euch für Unterstützung wenden?

Simon: Nikolai hilft, wir helfen auch und stellen vieles zur Verfügung.

BIORAMA: Was ist euer Antrieb bei der Sache? Was ist das Ziel des Leihladens?

Stephanie: Die Welt verbessern! (lacht)

Simon: Einen Teil davon. (schmunzelt)

Stephanie: Wir wollen gegen die Ressourcenverschwendung vorgehen, denn nicht jeder braucht alles. Es reicht, wenn man sich Sachen teilt. Wir wollen eine Community schaffen, als Gegenmodell zur einzelkämpferischen, statusorientierten Gesellschaft. Wir wollen, dass die Menschen wieder mehr zusammen machen, teilen, und offener miteinander umgehen.

Bild: BIORAMA

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BIORAMA: In diesen Räumlichkeiten finden ja auch Nähkurse statt, wird das auch von euch organisiert?

Simon: Es ist so, dass in diesen Räumen mehrere Projekte stattfinden, unter anderem ein Nähcafé, das aber nicht wir direkt betreiben. Aber wir freuen uns, dass hier sehr viele Sachen stattfinden, die aus einem ähnlichen Gedanken heraus entstanden sind.

BIORAMA: Studiert beziehungsweise arbeitet ihr nebenbei?

Stephanie: Ja, aber mittlerweile nimmt der Leila eigentlich unsere ganze Zeit in Anspruch, es ist schon zeitintensiv, aber wir machen das total gerne.

BIORAMA: Ist das Ziel auf Dauer auch vom Leila leben zu können?

Stephanie: Ja, wir arbeiten schon darauf hin, dass wir uns irgendwann selbst etwas auszahlen können und auch den Leuten, die mit uns im Leihladen arbeiten.

BIORAMA: Wie viele Leute sind momentan in eurem Team?

Beide: 7

BIORAMA: Sucht ihr noch Menschen, die mitarbeiten?

Stephanie: Ja, sehr gerne! Es gibt die Möglichkeit einfach so mitzuhelfen, zum Beispiel statt dem Mitgliedsbeitrag Arbeitsdienste zu leisten, Ladendienste zu machen, Soli-Partys zu organisieren, man kann sich da sehr kreativ einbringen.

Simon: Wir brauchen auch Leute, die etwas von Grafik und Layout verstehen, die die Archivierung im Lager und organisatorische Sachen erledigen.

BIORAMA: Was ist der schrägste Gegenstand, den man sich momentan bei euch ausleihen kann?

Stephanie: Mein Lieblingsgegenstand ist das Tandem-Fahrrad, das wir haben, das ist super. Schräg, ich weiß nicht …

Simon: Wir bekommen bald eine Zuckerwattemaschine!

Stephanie: Die Clownsperücke finde ich auch ziemlich schräg.

Bild: BIORAMA

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BIORAMA: Kann man auch etwas herbringen, ohne Mitglied zu sein?

Simon: Wir nehmen auch gerne Sachen von Menschen, die keine Mitglieder sind, Leihgaben, befristete Leihgaben, auch Schenkungen, es ist alles möglich.

BIORAMA: Dann hat man zu Hause gleich mehr Platz.

Simon: Ja, das ist ein Benefit.

Stephanie: Es ist auch toll, wenn man sieht, dass der Gegenstand wieder neues Leben eingehaucht bekommt, weil andere ihn brauchen können und was damit anfangen können. Dass der Gegenstand einen Wert hat, jetzt nicht nur einen finanziellen, sondern auch so.

Simon: Ich habe mir zum Beispiel in meinem Leben schon zahlreiche Instrumente gekauft, viele davon spiele ich nicht mehr, und die habe ich jetzt alle hergebracht und ich freue mich einfach, wenn die jemand nutzt. Man wirft Instrumente ja auch nicht einfach weg.

BIORAMA: Ihr seid als Verein organisiert, wieso?

Simon: Es soll klar werden, dass es nicht als Business gedacht ist, es fließt alles in den Vereinszweck zurück, wir werden um die Mitgliedsbeiträge wieder Sachen für den Leihladen kaufen und dafür auch eine Wunschliste erstellen.

Leihladen (Leila) Wien
Herbststraße 15 (Ecke Schinnaglgasse), 1160 Wien
Öffnungszeiten: Di 9-13 Uhr, Do 16-20 Uhr, Sa 15-19 Uhr

Leihen und Verschenken andernorts:
Leihladen Berlin: leila-berlin.de
Umsonstladen Würzburg: umsonstladen4wuerzburg.wordpress.com
Kost-Nix-Läden Österreich: umsonstladen.at
Online Leihen: leihdirwas.de, teilbar.at
Verleih-App: whyownit.com

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