Crossroads – Festival für Dokumentarfilm und Diskurs

Von 18. bis 27. Mai 2012 findet im Forum Stadtpark in Graz zum ersten Mal das Festival Crossroads statt, das sich schwerpunktmäßig mit Umweltproblemen und dem weltweiten Widerstand gegen die fortschreitende Naturzerstörung auseinandersetzt.

 

Neben den zahlreichen Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen, die sich diesen Themen annehmen, beschäftigen sich die gezeigten Filme auch mit Bereichen wie Migration, Geschlechtergerechtigkeit und dem Einfluss neuer Technologien auf das tägliche Leben. Biorama stellt in einer Serie ausgewählte Filme, die am Festival gezeigt werden, vor und sprach vorab mit dem Kurator und Organisator von Crossroads, Josef Obermoser.

BIORAMA: Das Festival Crossroads findet dieses Jahr zum ersten Mal statt. Wie kam die Idee zu diesem Festival zustande?

Josef Obermoser: Ich kuratierte seit Jahren gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen das Diskursprogramm des Elevate Festivals und seit 2008 verschiedene Kongresse und Symposien im Forum Stadtpark. Aus den daraus resultierenden Reflexionsprozessen ist Crossroads entstanden. Die  Überlegungen dahinter waren folgende: Es gibt unzählige sehr gute und thematisch wichtige Dokumentarfilme, die in der Öffentlichkeit viel zu wenig verbreitet sind. Ausserdem finden in Österreich nur sehr selten kleinere Festivals statt, bei denen es locker und gemütlich zugeht, sodass die Menschen miteinander ins Gespräch kommen können. Diesen Punkten wollen wir entgegenwirken. Es geht darum, Filme mit einem breiteren Publikum zu teilen – den Leuten wichtige Themen nicht vorzuenthalten, kritische Diskussionen zu fördern und Engagement anzuregen. Filme können die Menschen inspirieren und motivieren – und Inspiration und Motivation haben wir in Anbetracht der derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen dringend nötig!

Als interessierter, potenzieller Besucher des Festivals: Was erwartet mich bei Crossroads?

Neun Tage spannendes Programm und ein Einblick in wichtige aktuelle Entwicklungen, über die die Mainstream-Medien viel zu wenig und oft zu unkritisch berichten. Wesentliche Fragestellungen werden von diesen leider oft gänzlich ausgeblendet und grundlegend kritische Stimmen kommen kaum zu Wort. Das ist bei Crossroads genau andersrum.

An den Wochenenden gibt es bei Crossroads Filme und diverse Vorträge, Diskussionen und Workshops. Unter der Woche ist der Fokus ganz auf die Filme gerichtet.

Ein Hightlight ist sicher die Europapremiere von „A Fierce Green Fire – The Battle for a Living Planet“. Der neue Film von Sundance-Gewinner und Oscar-Nominee Mark Kitchell setzt sich mit der Geschichte und den aktuellen Entwicklungen der Umweltbewegung auseinander. Für mich persönlich ist tatsächlich jeder Film ein Highlight und ich bin – nach vielen harten Arbeitsmonaten – schon sehr gespannt auf die Publikumsreaktionen!

Anlass für den Schwerpunkt des Festivals ist u.a. der UNO-Erdgipfel Rio+20, der von 20. bis 22. Juni in Rio de Janeiro stattfinden wird. Welches Zeichen will Crossroads in Bezug auf diesen Gipfel setzen und welche Ziele hat sich das Festival gesetzt?      

Vom Gipfel erwarte ich mir keine politischen Erfolge – so sehr ich mir auch eine ebenso wirkungsvolle wie demokratisch globale Umweltpolitik wünschen würde. Dennoch wird mit Rio+20 einiges an Öffentlichkeit für dieses medial unterrepräsentierte aber wichtige Thema geschaffen. Wir wollten uns mit Crossroads als kritische Intervention mit einklinken. Denn kritische Interventionen sind dringend nötig, da es ist leider absehbar ist, dass unter dem Deckmantel des sympathisch klingenden Konzepts „Green Economy“ eine weitere Verschärfung der Ausbeutung von Natur und Menschen vorangetrieben wird. Trotz der enormen Marktversagen, die uns die gegenwärtige Wirtschaftskrise beschert haben, herrscht immer noch der fatale Irrglaube vor, dass unsere Lebensgrundlagen am besten geschützt werden können, in dem sie inwertgesetzt und Marktmechanismen unterworfen werden. Da ist ein massiver „Earth Grab“ im Gange – der Run auf die verbliebenen Ressourcen verschärft sich. Auf der Strecke bleiben dabei vor allem Menschen im globalen Süden, was auch in unseren Filmen thematisiert wird. Letztlich trifft es aber uns alle. In diesem Sinne will Crossroads vor allem zum Aktivwerden anregen und vermitteln, dass es möglich ist, gemeinsam auf einem Planeten zu leben, ohne ihn dabei zu zerstören. Ein Mehr an Lebensqualität lässt sich durchaus mit einer Reduktion des Ressourcenverbrauchs in den Industrieländern vereinbaren.

Josef Obermoser

Das Festival bietet zu einem freiwilligen Unkostenbeitrag eine breite Palette an Veranstaltungen. Inwieweit kann man als Besucher des Festivals oder auch im Vorfeld aktiv partizipieren?

Der freiwillige Unkostenbeitrag ist uns sehr wichtig! Wir wollen keine fixen Eintrittspreise verlangen, weil wir der Ansicht sind, dass ein gesellschaftlich relevantes Programm immer allen Interessierten unabhängig vom aktuellen Inhalt der Geldbörsen zugänglich sein sollte. Motivierte Menschen, die gerne mitarbeiten und uns unterstützen möchten, können sich via unserer Website mit uns in Verbindung setzen (crossroads-festival.org/support/mithelfen). Ausserdem gibt es die Möglichkeit, eigene Programmpunkte umzusetzen – und zwar am Sonntag dem 27. Mai. Den ganzen Tag lang wird es eine Art Barcamp geben. Jeder Teilnehmer  und jede Teilnehmerin kann Themen vorgeben, die dann gemeinsam mit anderen Interessierten in verschiedenen Sessions bearbeitet werden. Der Fokus liegt auf  der Vernetzung und der gemeinsamen Initiierung von Projekten. Wir stellen die Räumlichkeiten zur Verfügung, der Rest passiert in Eigenregie.

Auf dem Festival werden sich renommierte Experten und Expertinnen aus aller Welt mit ökonomischen und politischen Fragen befassen. Inwieweit wurde bei der Organisation des Festivals auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz geachtet?                    

Nachdem wir mit einem Mini-Budget von lediglich 20.000 Euro arbeiten, konnten wir keine Unmengen an Werbematerial und Merchandising produzieren lassen – und daher auch keinen großen Schaden für die Umwelt anrichten. Aber Spaß beiseite – das Forum Stadtpark wird seit vielen Jahren mit Ökostrom betrieben und wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, keine Vortragenden von außerhalb Mitteleuropas einfliegen zu lassen. Diese beteiligen sich stattdessen via Live-Videostream am Festival. Wir würden uns sehr wünschen, dass diese Policy möglichst bald zum Standard wird. Und darüberhinaus von Seiten der Medien und des Publikums Respekt und eine gewisse Würdigung erfährt.

Wird das Festival eine einmalige Angelegenheit bleiben, oder soll Crossroads in Zukunft regelmäßig stattfinden?

Crossroads soll auf jeden Fall jährlich stattfinden. Die gegenwärtige sozial-ökologische Krise wird sich weiter verschärfen und da braucht es dringend Räume für heterodoxe Bildung, für Austausch, Diskurs und zum Organisieren von Widerstand und alternativen Praxen. Ausschlaggebend für die weitere Entwicklung des Festivals werden vor allem die budgetären Möglichkeiten sein. Nachdem öffentliche Förderungen weiter gekürzt werden, möchten wir in Zukunft u.a. auch mit Unternehmen kooperieren. Allerdings nur mit solchen, die unsere Ziele auch teilen und ebenfalls zu einer gerechteren Gestaltung der Welt beitragen wollen (crossroads-festival.org/support/sponsoring). Gleichzeitig wollen wir auch versuchen, unserem Publikum die Notwendigkeit von Crowdfunding näherzubringen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Finanzierung durch viele kleinere Beiträge vieler Unterstützer und Unterstützerinnen bald die einzige Möglichkeit sein wird, kritische Projekte abseits des Mainstreams zu finanzieren. In Österreich ist das eine große Herausforderung, aber wir müssen sie schleunigst in Angriff nehmen (crossroads-festival.org/support/unterstutzen).

Zum Abschluss noch eine kurze Frage: mit welchen vier Adjektiven würdest du das Festival Crossroads beschreiben?    

Spannend, kritisch, inspirierend und vor allem: zum Handeln ermutigend!
Crossroads
Festival für Dokumentarfilm und Diskurs
18. – 27. Mai 2012
Forum Stadtpark, Graz

www.crossroads-festival.org

 

Filmauswahl:

A fierce green fire

The Big Fix

Urban Roots

A wild idea

 

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