Being Bio #1: Der Geist ist willig

Dreißig Tage die Umwelt nicht belasten. Dreißig Tage kein Leben auf dem Gewissen haben. Mich dreißig Tage im Verzicht üben. Der Geist ist willig – wie stark ist das Fleisch? Ein Selbstversuch von Sophie Huber.

Die Frage, die mir schon länger durch den Kopf geht: Bin ich eigentlich ein guter Mensch? Zum Nachdenken hat mich ein Bettler gebracht. Er wollte Geld von mir. Ich lebe schon lange nach dem Vorsatz: niemandem, der auf der Straße bettelt, Geld zu geben. Ich wollte auch diesmal keine Ausnahme machen, aber er tat mir irgendwie leid. Mehr als all die anderen. Ich ging davon aus, er sei hungrig, also habe ich ihm einen Kornspitz mitgenommen. Er war wohl eher der Weißbrottyp, denn schneller, als ein „Danke“ von ihm hätte kommen können, schmiss er mir den Kornspitz mit voller Wucht gegen das Schienbein. „Herst, i woit a Göd, du Scheißheisl!“ Ich war verdattert, wütend und als ich um die nächste Ecke war, fand ich es irgendwie komisch, fast lachhaft. Ich fühlte mich gut. Aber warum? Ich wurde beleidigt, gedemütigt und um einen Kornspitz gebracht. Zwei Straßen weiter kam es mir: Ich hatte einfach das Gefühl, ein guter Mensch zu sein, etwas Gutes getan zu haben, auch wenn es nicht honoriert wurde.

Ich konnte all die Weltverbesserer eigentlich nie verstehen. Versteht mich nicht falsch, ich bin wohl das, was man gemeinhin einen zumindest nachhaltig denkenden Menschen nennt. Ich habe kein Auto, ich kaufe regional, meistens Bio, ich spare Energie und friere im Winter. Gut, letzter Punkt geht wohl eher auf das Konto meines Sparbuches, als auf das meines grünen Gewissens. Aber immerhin. Es gibt bestimmt Schlimmere als mich, aber es gibt definitiv auch Bessere. Und ich habe mir vorgenommen, für die nächsten dreißig Tage einer dieser besseren Menschen zu sein.

Dazu bedarf es Regeln. Ich hasse Regeln, aber ohne die geht es nicht. Sie sind simpel, aber oftmals sind es die einfachen Dinge, die einem schwer fallen. Um genau zu sein, sind meine Regeln eigentlich Verbote. Aber was ich noch mehr hasse als Regeln sind Verbote. Also bleiben wir lieber bei Regeln.

Die Regeln:

1. kein Fleisch oder tierische Produkte

2. keine chemischen Zusätze. Heißt: keine Wasch-, oder Spülmittel, keine Schminke, Nagellack und sonstiges mädchenhaftes Krims Krams. Keine Geschmacksverstärker, Haltbarmacher, Pestizide oder Fungizide

3. keinen Alkohol

4. keine Zigaretten

5. keine öffentlichen Verkehrmittel, Taxi oder sonstige Vehikel, die CO2 ausstoßen

Die Vorbereitung:

  • Alle toten Tiere aus dem Kühlschrank eliminieren. Butter, Eier, Käse hinten nach. (Keine Panik, es landete nicht im Müll – ich habe alles verschenkt)
  • Von konventionellem Strom zu Ökostrom wechseln
  • Feintuning beim Fahrrad: Reifen aufpumpen. Klingel, Licht und Helm kaufen (ich will das Experiment schließlich überleben)
  • Gesundenuntersuchung beim Arzt

Noch dreimal schlafen, dann geht es los. Ich bin schon ganz aufgeregt, stecke voller Motivation und kann es kaum erwarten euch zweimal die Woche zu berichten, wie es mir ergeht.

 

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