Arbeiten als Fahrradbote – bringt’s was?

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Der ständige Begleiter eines Fahrradkuriers.

Die Tage werden wärmer. Die Sonne scheint länger. Viele, die jetzt einen Nebenjob suchen, überlegen sich daher, ihr Geld als Fahrradkurier zu verdienen. Wir haben mit jemanden gesprochen der das sechs Monate lang ausprobiert hat.

Als WienerIn ist man ihnen bestimmt schon begegnet. Auf der Straße zwischen den Autos oder am Fahrradweg. Den Männern und Frauen in Sportdressen und Rucksäcken aus LKW-Planen. Entweder warten sie vor roten Ampeln oder ziehen in einem mörderischen Tempo am Verkehr und an den Fußgängern vorbei. Sie sind FahrradbotenInnen. Ihr Arbeitsplatz sind die Straßen Wiens. Ihre Fahrräder ihre Werkzeuge. Rund um die Uhr. Ob bei Sonnenschein, Graupelregen oder Eiseskälte.

Das klingt nicht nur spannend sondern auch abwechslungsreich. Dabei hat der Beruf auch seine faden Tage. Man verbringt dann schon mal Stunden damit, auf einen Auftrag zu warten. Natürlich kann man das auch, je nach Lebenseinstellung, genau so gut im nahegelegenen Park oder in der Hängematte machen. Wie sieht der Alltag eines Fahrradkuriers aus?

Biorama hat mit Daniel gesprochen, der sich für fünf Monate sein Gehalt, bei einem Fahrradbotendienst, aufgebessert hat. Er erzählt uns von seinen Erfahrungen und von den üblichen Abläufen des Jobs.

Biorama: Warum bist du Fahrradbote geworden?

Daniel: Ja also ich war damals nicht so recht zufrieden mit meinem Job und wollte nebenbei noch etwas machen, was ich vielleicht auch als zweites Standbein aufbauen kann und dann hab ich mir gedacht „ich bin ein leidenschaftlicher Radfahrer, da könnt ich’s ja mal als Fahrradkurier probieren“ und bin da hingegangen. Beim ersten Gespräch haben sie einem erklärt, wie alles funktioniert und dann kann man auch schon einen Probetag machen. Das hab ich auch gemacht und es ganz lustig gefunden. Also bin ich, neben meinem normalen Beruf, als Bote gefahren.

Biorama: Okay. Wie oft?

Daniel:  Das war ganz unterschiedlich. Es war so, dass ich öfters am Wochenende gearbeitet habe und dann unter der Woche Zeit hatte. Ich würde sagen zwei Tage die Woche.

Biorama: Wieviel Stunden waren das dann am Tag?

Daniel: Das waren schon zehn Stunden. Ich bin, damit es sich auch auszahlt, von 08.00 Uhr früh bis 19.00 Uhr am Abend gefahren.

Biorama: Man stellt sich diesen Beruf recht spannend vor. Frischluft, Bewegung und interessante Leute. Wie hat sich dein Tagesablauf wirklich gestaltet?

Daniel: Also bei dem Anbieter, für den ich gefahren bin, fährst du so über eine App. Über die App bekommst du dann deine Routen zugeteilt. Der Tag fängt eigentlich so an, dass man aufsteht, frühstückt und diese App einschaltet. Dann hab ich mich mal in die Hängematte gelegt und auf den ersten Auftrag gewartet. Wenn der erste Auftrag kommt, fährt man los, holt das Paket und dann kommen die nächsten Aufträge rein. Es ist schon oft so gewesen, dass es am Tag Leerläufe gibt. Bei mir war es zum Glück so, dass ich über den Sommer und im Herbst gefahren bin und das war eigentlich ganz gemütlich. Hatte ich einen Leerlauf habe ich mich dann einfach in den Park gelegt. Grundsätzlich war der Tagesablauf aber: die Aufträge abarbeiten bis man aus der App ausgeloggt wird.

Biorama: Was hat dir am Besten gefallen an dem Job?

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Daniel ist Radfahrer aus Leidenschaft. Sein ganzer Stolz: ein selbstgebautes Bambusrad.

Daniel: Am besten gefallen hat mir, dass es ein wenig actionreich ist. Es ist ein bisschen wie ein Computerspiel. Man kriegt diese Aufträge, fahrt hin, erledigt sie schnell, kriegt den Nächsten und wird dafür bezahlt. Das war echt ganz cool. Negativ ist: es wird mit der Zeit eintönig. Es ist bald jedesmal das Gleiche. Die Kunden sind auch meistens die Selben. Man fährt oft dreimal am Tag zum selben Kunden.

Biorama: Du hattest also auch immer das selbe Gebiet?

Daniel: Nein. Das Gebiet war meistens ganz unterschiedlich. Die haben Disponenten und die teilen das halt. Die wissen mit dieser App über GPS wo du gerade bist. Wenn die sehen, dass es sinnvoll ist, kann es schon mal sein dass du über den Tag ganz Wien abfährst. Dabei denken sie schon mit. Also sie teilen einen so ein, dass man am Abend eine „Rutsche“ heim hat.

Biorama: Wirst du da nach Stunden, Auftrag oder Kilometer bezahlt?

Daniel: Du wirst überwiegend nach Auftrag bezahlt. Je nachdem von welchen Bezirk in welchen Bezirk die Sendung geht. Es kann aber auch nach Gewicht oder nach Schnelligkeit. Es gibt da diesen „Citybeamer“ da bekommst du das Doppelte. Es gibt da aber mehrere Tarifmodelle. Aber wie gesagt, du wirst nach Auftrag bezahlt und bekommst so ca. 45% – 50% vom Auftragswert.

Biorama: Was hast du da an einem guten Tag durchschnittlich eingenommen?

Daniel: Ich glaub mein bester Tag waren so um die 100 Euro. Mein schlechtester Tag waren glaub ich nur 45 Euro. Ich bin aber auch oft nur vormittags gefahren weil ich bei meiner anderen Arbeit manchmal auch Mittags anfangen konnte.

Biorama: Gab es witzige, skurrile oder vielleicht auch mal gefährliche Situationen?

Daniel: Naja. Gefährliche Situationen hat man in Wien natürlich ein Paar im Straßenverkehr. Es gibt viele Verkehrsteilnehmer die da nicht ausreichend mitdenken. Zusätzlich leidet auch die Konzentration, wenn man den ganzen Tag unterwegs ist. Achja! Ich kann mich da an eine nackte Frau am Ring erinnern. Die ist da einfach herumgelegen im Gras. Zwischen Radweg und Autofahrbahn. Aber ich glaube das sind so klassische Sachen die man in Wien so sieht. Zum Beispiel auch wenn man mit der U-Bahn fährt.

Biorama: Sonst gab’s da nichts?

Daniel: Ah genau. Da war dieser Scheich. Ich hab einmal ein Paket bekommen das hab ich in ein Hotel in den 1. Bezirk bringen müssen. Das waren aber wirklich nur 30 Meter. Das war von so einem Nobelgewandgeschäft. Ich hab sogar das Rad geschoben, weil sich das Aufsteigen nicht ausgezahlt hätte. Der hat mir dann auch ein generöses Trinkgeld gegeben.

Biorama: Wie lange hast du als Fahrradkurier gearbeitet?

Daniel: Ich glaube es waren so sechs Monate. Von Juni bis Ende November.

Biorama: Wie ist das so mit dem Wetter?

Daniel: Das Wetter ist natürlich so eine Sache. Für mich war es eigentlich relativ egal. Wenn es geregnet hat, hab ich mich dementsprechend angezogen. Ich bin ja nur Sommer und Herbst gefahren, habe aber auch schon Schauergeschichten von den Radfahrer im Winter gehört. Das kann ich mir schon vorstellen, wenn du den ganzen Tag bei minus zehn Grad unterwegs bist. Da kühlst du einfach aus, egal was du anhast. Ich hatte zwar Regentage aber das habe ich recht cool gefunden, weil dann viele anderen Fahrer einfach nicht gefahren sind. Du hast dann noch mehr Aufträge bekommen.

Biorama: Warum hast du damit aufgehört?

Daniel: Ich habe einen Job in St. Pölten bekommen, der mir von der Arbeit und vor allem von der Bezahlung mehr zugesagt hat. Hätte ich dieses Angebot nicht bekommen, hätte ich bestimmt meinen Hauptjob geschmissen und hätte nur noch die Kurierfahrten gemacht.

Biorama: Du würdest es also nochmals machen?

Je einfacher das Rad desto weniger Verschleißteile.

Daniel: Ja schon. Was ich aber nicht erwähnt habe: reich wird man damit auch nicht. Die 100 Euro, das ist aber schon ein perfekter Tag, sind brutto. Das auf ein Monat gerechnet. Dann noch das Unfallrisiko und die Fahrradabnützungen. Man fährt ja mit dem eigenen Fahrrad. Da kommen die Reperaturkosten und das Service noch dazu. Daher bin ich auch nur mit einem Singlespeed Rad gefahren. Da hat man kaum Teile zum Tauschen. Achja, was man noch erwähnen sollte. Es ist körperlich schon sehr intensiv. Pro Tag kommt man schon auf seine 100 Kilometer

 

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