Kleine Anleitung zum Food-Bloggen

Bild: Flickr, Michael Stern, CC BY-SA 2.0

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Keine Sau braucht noch eine Anleitung zur perfekten Schnitzelpanier.
Worauf ich als Juror des AMA Food Blog Award 2015 Wert lege.

Die Kategorien, in denen der AMA Food Blog Award wieder Preise vergibt, sprechen für sich: Bis 31. Juli kann für den „Food Blog des Jahres“ (Preisgeld 3.000,- Euro), sowie in den Kategorien „Hausgemacht“ (2.000,- Euro), „Vegan“, „Rezept typisch regional“ und „Rezept Backen“ (Preisgeld jeweils 1.000,- Euro) eingereicht werden. Außerdem wird ein Sonderpreis für den „Publikumsliebling“ vergeben. So weit, so super.

Die Antwort auf die Frage, ob ich – u.a. neben Heinz Reitbauer, Demel-Chefzuckerbäcker Dietmar Muthenthaler, Selbstversorger Michael Hartl und der von mir sehr geschätzten Ernährungsgewissenschaftlerin Theres Rathmanner – der Jury angehören möchte, war klarerweise ein freudiges „Ja, natürlich!“.

Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer wichtig zu wissen ist allerdings, worauf die Menschen in der Jury bei der Beurteilung so wert legen. Die Kurzbeschreibung auf der Website des Awards bringt das Wichtigste meine Person betreffend schon auf den Punkt: „Für Themen rund um Landwirtschaft, Tiernutzung und einen ressourcen-schonenden Lebensstil interessiert er sich schon weit länger als seit dem Start des Magazins BIORAMA. In seinem Buch „Ein guter Tag hat 100 Punkte“ macht er Lust auf nachhaltiges Leben.“

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Bild: Flickr, Michael Stern, CC BY-SA 2.0

 

Beim Essen sind Genuss und bewusster Konsum alles andere als ein Gegensatz. Bio-Produkten gebe ich klar den Vorzug. Regionalität und Saisonalität sind mir wichtig. Bauern erachte ich als Verbündete – ich glaube aber, dass, anders als immer wieder propagiert, der Fokus auf Regionalität nicht die Antwort auf viele brennende Fragen ist. Warum, das habe ich im Nachwort von Peter Laufers Buch „Bio? Die Wahrheit über unser Essen“ ausgeführt. Warum mir das blinde Vertrauen auf Regionalität zu wenig ist, bringt auch ein Interview mit dem Biomarken-Manager Otto Bauer recht gut rüber: weil der Begriff regional nicht verbindlich definiert ist, ein jeder Mensch etwas anderes darunter versteht – und er von der Werbung deshalb immer wieder missbraucht wird.

Ganz klar: Essen ist für mich auch ein politischer Akt – und dieses Bewusstsein fordere ich auch von Food-Blogs ein. Zumindest wenn sie vorhaben, mich wiederholt als Leser zu gewinnen – oder gar darauf hoffen, dass ich ihre Beiträge aktiv im Netz unter meinen Freunden und Followern verbreite.

Nein, keine Sau braucht eine weitere Anleitung zur perfekten Schnitzelpanier. Wenn ich so eine suche, dann gibt‘s das nämlich bereits zur Genüge. Und natürlich will ich nicht moralisierend behelligt werden, wenn ich ein Rezept für Reisfleisch oder Paprikahendl suche. Aber ein Link zu weiterführenden Infos, die darüber aufklären, warum konventionelles Industrie-Hühnerfleisch gar nicht geht und Industrie-Pute noch viel weniger, nein, die können nicht schaden. Oder warum der Hirschbraten, der mir in einem bayerischen Wirtshaus serviert wird, nicht automatisch im Schwarzwald oder im Mühlviertel geschossen wurde und auch gar nicht als „Wild“ angeboten werden darf. Gut möglich nämlich, dass das vermeintlich aus der Gegend stammende Wildtier in Wahrheit aus Gatterhaltung und genau vom anderen Ende der Welt stammt.

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Genau! Ich erwarte mir von Blogs, dass ihre Verfasser mehr wissen oder zumindest wissen wollen als ihre Leserinnen und Leser. Dass Video-Blogger mehr Ahnung haben als ihre Seherinnen und Seher.

Nichts gegen einem Blick aus der Vogelperspektive auf das gerade geköpften Frühstücksei oder den frisch gezuckerten Marillenblechkuchen, aber nette Fotos und #Foodporn allein sind mir zu wenig. Warum hat von all den unzähligen Bloggerinnen und Bloggern offenbar noch immer niemand recherchiert, was es – nur so ein Beispiel – mit der Kochtradition der Roma und Sinti auf sich hat?

Bild: Flickr, Michael Stern, CC BY-SA 2.0

Bild: Flickr, Michael Stern, CC BY-SA 2.0

Wie gesagt: Nichts gegen Schnitzel – aber es kann doch nicht sein, dass sich für die jahrhundertealten europäischen Essenskulturen einer ursprünglich von außerhalb Europas stammenden Minderheit kein Mensch interessiert. Oder liegt es wirklich nur daran, dass einem solchen Blogger womöglich kein Kochlöffelhersteller einen Löffel schenken möchte? Dann soll er sich diesen besser gleich wohin stecken.

Darüber hinaus ist es natürlich absurd, dass wir – zumindest in Österreich – in der Schule zwar Skifahren gelernt haben, aber nur wenige von uns Kochen. Deshalb: Ausprobieren. Nachfragen. Verdauen. Gern auch einmal Besserwissen. Genießen. Und dann bloggen.

Ich freue mich auf spannende Einreichungen beim AMA Food Blog Award 2015.

 

Zur Person:

Thomas Weber ist Herausgeber von Biorama und The Gap. Außerdem als Buchautor und auf Twitter aktiv.

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